Operation Overkill
Satellit irgendetwas entdeckt haben, von dem wir nichts erfahren sollen. Wenn das der Fall ist, könnten sie uns einfach die entsprechenden Filme vorenthalten haben.
Vielleicht haben sie in dem fraglichen Zeitraum eine technische Störung vorgeschützt.«
»Ja, das klingt einleuchtend. Aber was wollen sie uns nicht sehen lassen?«
Richter schüttelte den Kopf. »Im Moment habe ich nicht die geringste Ahnung.«
SWR-Zentrale, Jasenewo, Moskau
»Wann brichst du auf, Nikolai?«, fragte Sokolow.
»Am Sonntagmorgen stoße ich in Minsk zu dem Konvoi«, erwiderte Modin. »Meine alten Knochen 308
schmerzen, wenn ich länger als eine Stunde im Auto sitze. Minister Truschenko hat mir zwar aufgetragen, dass ich den Konvoi begleiten soll, aber er sagte nicht, ab wo. Deshalb stoße ich in Minsk dazu – wenn ich am Samstag hinfliege, kann ich zumindest noch eine Nacht gut schlafen.«
Sokolow nickte. Dann schlug er den ersten der Aktenordner auf, die er mitgebracht hatte. Modin warf seinem alten Freund einen gespannten Blick zu, aber Sokolow schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe den Verräter nicht ausfindig machen können, Nikolai, und ich bin nach wie vor nicht davon überzeugt, ob es einen gibt. Wir haben keine handfesten Beweise, nicht die geringsten. Die Telefonüberwachung, das Abfangen der Post, die Observationen haben nichts ergeben.
Wenn uns also irgendjemand, der in dieses Projekt eingeweiht ist, verraten hat, hat er seit Beginn der Ermittlungen keinen Kontakt mehr aufgenommen.«
»Und was ist in den Aktenordnern?«, fragte Modin.
Sokolow hielt sie ihm hin. »Ich habe nicht nur herauszufinden versucht, wer Kontakt zu den Amerikanern gehabt haben könnte – ich bin die Sache auch von der anderen Seite aus angegangen. Ich konnte feststellen, welche Offiziere keinen Kontakt aufnehmen konnten, weil sie zum Beispiel in Gegenden stationiert sind, zu denen niemand, der aus dem Westen kommt, Zutritt hat. Ich ging davon aus, dass ein Verräter nicht so dumm wäre, irgendwelche Beweise für sein Verbrechen per Post an die amerikanische Botschaft zu schicken.«
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Modin rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Und schon gar nicht mit der russischen Post«, sagte er.
»Genau. Und das Gleiche gilt für Telefonanrufe. Die meisten Ferngespräche werden nach wie vor von Hand vermittelt und die Rufnummern werden stets vermerkt. Das wäre zu gefährlich.«
»Und was kam dabei heraus?«, hakte Modin nach.
»Ich konnte nur acht Offiziere ausklammern«, erwiderte Sokolow. »Darunter wir beide und Minister Truschenko. Damit bleiben immer noch sechzehn Personen übrig.«
Modin saß eine Zeit lang schweigend da. »Grigori«, sagte er schließlich, »lass die Beweise mal beiseite.
Hast du die Personalakten sämtlicher Offiziere überprüft?«
Sokolow nickte. »Ja, natürlich.«
»Und du kennst doch die meisten persönlich?« Sokolow nickte erneut. »Ich habe mich schon immer auf deine Intuition verlassen können«, fuhr Modin fort.
»Hast du ein ungutes Gefühl – auch wenn es dir noch so abwegig vorkommen mag –, was einen dieser Offiziere angeht? Nehmen wir mal an, du müsstest auf einen von ihnen mit dem Finger weisen.«
Sokolow lächelte. »Du meinst, bei wem ich am wenigsten überrascht wäre, wenn mir jemand sagen würde, er ist ein Verräter.«
»Ja, so ungefähr.«
»Ich muss zugeben, dass ich den Mann nie leiden konnte«, sagte Sokolow. »Und ich bemühe mich trotzdem darum, mich davon nicht beeinflussen zu 310
lassen. Aber wenn ich jemanden herausgreifen müss-te, würde meine Wahl auf Wiktor Bykow fallen.«
Modin nickte und lächelte grimmig. »Wir hatten schon immer die gleichen Gedanken, Grigori«, sagte er. »Ich habe Bykow bereits in meinen Stab berufen, und er wird mich mit der Waffe nach London begleiten. Wenn er der Verräter sein sollte, wird er keine Gelegenheit haben, sich mit den Amerikanern in Verbindung zu setzen, bis der Plan in die Tat umgesetzt ist. Dafür werde ich sorgen.« Sokolow nickte sichtlich erleichtert. »Allerdings«, fuhr Modin fort, »könnte Bykow auch völlig unschuldig sein. Deshalb solltest du trotzdem weitere Nachforschungen anstellen, mein Freund.«
»Selbstverständlich. Nun, was ist der nächste Schritt?«
»Von der Stationierung der Bombe einmal abgesehen, müssen nur noch die Residenten in den betroffe-nen Städten in den Plan eingeweiht werden und die Anweisungen erhalten, die sie zu befolgen haben. Das müsste in diesem Moment geschehen.«
Joint Air
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