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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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vorerst alles für euch zu behalten. Ihr werdet verstehen, warum, wenn ich es euch gesagt habe.«
    Die beiden Männer gaben ihm ihr Wort, und als Andrew sie über sein Dilemma aufklärte, verfinsterten sich ihre Mienen. Wilsk wühlte in seiner Tasche und fand einen Zigarettenstummel, den er sich den ganzen Tag lang aufgespart hatte. »Wir sind also alle zum Tode verurteilt, Juri?«
    »Es sieht so aus.«
    »Was ist mit dem Angebot, das Jakow dir gemacht hat?« Wilsk zündete den kümmerlichen Zigarettenrest mit einem vor sich hin kokelnden Birkenzweig aus dem Holzofen an und steckte den Stummel zwischen seine wunden Lippen.
    »Ich kann meine Männer nicht einfach sterben lassen«, erwiderte Andrew.
    »Jakow hat sich als richtiger Scheißkerl entpuppt«, sagte Tarku aufgebracht. »Für Lenin würde er seine Seele verkaufen! Und er ist verbittert. Der Kosakenoffizier, der den Befehl gegeben hat, in die Menge zu schießen, als der Winterpalast gestürmt und Jakows Frau getötet wurde, hat dafür bezahlt.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Es heißt, dass Jakow ihn zur Strecke gebracht und ihn mit seinem eigenen Säbel erstochen hat.«
    Andrew spähte durch das Schneegestöber auf Jakows schwarzen Zug, der auf einem Nebengleis hinter dem Haupttor stand. »Wenn wir es schaffen, Perm zu erreichen und unsere Truppen zu alarmieren, könnten wir sie zurück zu diesem Lager führen und es, ohne dass Jakow und die Wachen damit rechnen, vor der Morgendämmerung stürmen.«
    »Bist du verrückt, Juri?«, sagte Wilsk. »Wie, in Gottes Namen, sollte es uns denn gelingen, bei diesem Wetter Perm zu erreichen, geschweige denn zu fliehen? Bis dorthin sind es fünfzig Kilometer!«
    Andrew malte mit dem Finger eine Skizze auf die beschlagene Fensterscheibe. »Was haben wir zu verlieren? Der Zug aus Omsk passiert das Lager um kurz nach Mitternacht, wenn das Wetter mitspielt. Im Wald, ganz in der Nähe des Lagers, verlangsamt er das Tempo, weil er durch eine Kurve fährt. Wenn es uns gelingt, auf den Zug zu springen, liegt nach knapp einer Stunde Zugfahrt nur noch ein acht Kilometer langer Fußmarsch bis zu unseren Linien vor uns.«
    »Es ist unmöglich, auf den Zug zu klettern«, meinte Wilsk. »An der Stelle, wo er am Westtor des Lagers vorbeifährt, stehen immer Wachen.«
    »Darum kümmere ich mich. Ich hab eine Idee, wie ich sie ablenken kann. Nur wir drei fliehen. Ich will keinen Massenausbruch riskieren, der die Wachen alarmiert und unseren Plan ruiniert.«
    »Wenn wir das Blatt wenden und unsere Truppen erreichen können, hängen wir Jakow auf, diesen Scheißkerl!«, stieß Tarku wütend aus.
    »Überlassen Sie ihn mir«, entgegnete Andrew.
    Wilsk klopfte mit dem Stock gegen sein Knie. »Es ist besser, wenn ihr ohne mich geht, Juri. Ich würde euch nur behindern.«
    »Und was ist mit Ihnen, Tarku?
    »Ich komme mit, Herr, wenn Sie sicher sind, dass Sie durchhalten.«
    Andrew trat vom Fenster zurück. »Wenn wir es schaffen, auf den Zug zu kommen, wird mich ein Acht-Kilometer-Marsch schon nicht umbringen. Versuchen Sie, zusätzliche Kleidung aufzutreiben, damit wir nicht erfrieren, und irgendwelche Waffen, ein Messer oder einen Knüppel. Sehen Sie zu, was Sie finden.«
    »Wann geht’s los?«
    »Kurz vor Mitternacht, während der Wachablösung. Dann riskieren wir es.«

10. KAPITEL
    Zarskoje Selo
    Allein ein Blick des glatzköpfigen Inspektors Viktor Kasan, der einen langen schwarzen Mantel und einen schwarzen Hut trug, genügte, um sich unbehaglich zu fühlen.
    Sein linkes Auge war milchig-weiß – es war bei einem Bombenanschlag der Anarchisten erblindet –, was ihm ein Furcht erregendes Aussehen verlieh. Seinem gesunden Auge entging jedoch nichts, als es wie ein Suchscheinwerfer durch die ausgebrannten Räume wanderte.
    Seine rechte Hand, die in einem massiven Schlagring aus Messing steckte, ballte er unentwegt zur Faust. Nur manchmal streckte er die Finger, um die Hand zu lockern.
    Als Kasan den Gestank von verbranntem Menschenfleisch roch, bebten seine Nasenflügel, und er presste sich ein Taschentuch vors dickliche Gesicht. Er strich über die schmale schwarze Krawatte, die um den hohen Hemdkragen gebunden war, und bahnte sich einen Weg zu der ausgebrannten Küche, die jetzt einem verkohlten Trümmerhaufen glich.
    In der hereinbrechenden Dunkelheit sah man hier und da noch Asche glühen. Die Feuerwehr von Zarskoje Selo, die mit einem von Pferden gezogenen Löschwagen angerückt war, beendete gerade ihre Arbeit. Jetzt erinnerten nur

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