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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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noch ein paar dünne schwarze Rauchfahnen an die Feuersbrunst.
    Ein junger Polizeihauptmann in hellblauer Uniform und dunkelblauem Mantel begleitete Kasan. »Die Hauptgasleitung wurde abgestellt, Inspektor. Es besteht keine Gefahr mehr«, sagte er.
    Der Inspektor starrte auf den verkohlten schwarzen Leichnam. Es sah so aus, als hätte die Explosion den Mann gegen die Küchenwand geschleudert. Er lag auf der Seite und war teilweise mit der Wand und dem Betonboden verschmolzen, der vom Löschwasser durchnässt war.
    Kasan stieß mit der Stiefelspitze gegen die Leiche, worauf kleine verkohlte Splitter abbrachen. »Kennen Sie die Identität des Opfers?«
    »Wir vermuten, es könnte der Hausbesitzer sein, ein Marineoffizier im Ruhestand namens Rawitsch. Zwei Nachbarn haben ihn heute Mittag zum letzten Mal gesehen, als er Schnee gefegt hat.«
    Kasan rümpfte die Nase. In der Küche stank es entsetzlich. Der Leichnam war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Kein Fetzen Fleisch war von den Flammen verschont geblieben. »Wer hat das Haus gemietet?«
    »Einem der Nachbarn hat Rawitsch erzählt, dass der Mieter ein ausländischer Geschäftsmann ist. Er soll seit ungefähr sechs Wochen hier wohnen.«
    »Alter?«
    »Mitte zwanzig. Der Nachbar weiß nicht, aus welchem Land er stammt. In den Trümmern gibt es keine Hinweise auf eine andere Leiche. Dieser Mieter ist wie ein Phantom.«
    »Ein Phantom?«
    »Er blieb offenbar immer für sich. Außer Rawitsch und dem Nachbarn hat ihn hier noch nie jemand gesehen.«
    »Haben Sie seinen Namen?«
    »Nein, Inspektor, aber wir können versuchen, ihn herauszubekommen.«
    Kasan nahm seinen Hut vom Kopf und wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn und die glatte, glänzende Glatze. »Versuchen reicht nicht aus. Ich will einen Namen, und ich will eine Beschreibung.« Wie ein Raubtier, das versuchte, eine Fährte aufzunehmen, betrachtete er den nahe gelegenen Alexanderpalast, während er die Finger der rechten Hand, die in dem Schlagring steckte, unablässig bewegte. »Sie glauben also, es handelt sich um einen bedauernswerten Unfall, Polizeihauptmann?«
    Der Polizist wusste, dass Kasan, ein ehemaliger Geheimdienstpolizist der Ochrana des Zaren, der nun für die Tscheka der Bolschewisten arbeitete, im Ruf stand, mit äußerster Brutalität vorzugehen. Er jagte seine Opfer gnadenlos, und es hieß, er prügele unbeugsame Gefangene auch schon mal zu Tode. Hunderte, wenn nicht gar Tausende der ehemaligen Geheimdienstpolizisten des Zaren waren in den Ruhestand getreten, entlassen oder von der rachsüchtigen Meute getötet worden. Nicht so Kasan.
    Er hatte die Bolschewisten überzeugt, dass seine Gerissenheit und Erfahrung nur von Nutzen sein konnten.
    »Nun ja, es sieht ganz danach aus, Inspektor«, erwiderte der Polizeihauptmann vorsichtig. »Es wäre nicht die erste Gasexplosion bei kaltem Wetter. Dennoch hielt mein Oberst es für klug, Sie über die Explosion zu informieren, falls doch mehr dahinterstecken sollte. Vor allem, weil das Haus in der Nähe des Palastes steht.«
    »Eine weise Entscheidung Ihres Obersts.« Kasan steckte den Schlagring in die Tasche. Dann kniete er sich hin und untersuchte eine erstarrte, teerige Masse, die an der Stelle auf dem Boden klebte, wo die Leiche gegen die Wand geschleudert worden war.
    Er brach ein kleines Stück der schwarzen Substanz ab und zerrieb sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie war spröde und zerbröselte. Kasan schnupperte daran und strich kurz mit der Zungenspitze darüber. Dann klopfte er sich die Asche von den Händen und stand auf. »Dieses schwarze Zeug ist Blut.«
    »Woher wissen Sie das, Inspektor?«
    »Dreißig Jahre Erfahrung.« Kasans Blick wanderte über den Boden. Er trat mit dem Fuß gegen verbrannte Trümmer, presste gedankenverloren die Fingerspitzen beider Hände zusammen und führte sie an die Lippen. »Das Opfer könnte Selbstmord begangen haben, aber ich zweifle daran. Das viele Blut und die Gasexplosion sprechen dagegen. Es scheint mir wahrscheinlicher zu sein, dass ein Mörder versucht hat, seine Spuren zu verwischen.«
    Gott stehe dem Verbrecher bei, wenn Kasan seine Fährte aufnimmt, dachte der Polizist.
    »Haben Rawitschs Nachbarn Fremde in dieser Gegend beobachtet?« Kasan blickte auf den schneebedeckten Rasen des Alexanderpalastes.
    »Nein. Wir haben sie gefragt.«
    »Aber der Mieter ist verschwunden.«
    »Die Explosion ereignete sich erst vor vier Stunden. Es könnte sein, dass er noch auftaucht.«
    Kasan knurrte.

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