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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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pfiff durch das Lager. »Draußen ist es so kalt wie am Nordpol. Meine Füße fühlen sich an wie Eisblöcke.«
    Jakow stand auf und zog ein schmales Zigarettenetui aus der Tasche. »Wirf ein Holzscheit in den Ofen und wärm dich auf.«
    Soba ging zu dem gekachelten Holzofen in der Ecke und öffnete ihn. Das lodernde Feuer schlug ihm entgegen. Er warf gerade ein Stück Holz hinein, da klopfte es an der Tür.
    Als ein Soldat eintrat, wehte eine frostige Böe in den Wagen, ehe der Mann die Tür schnell wieder schloss. Er salutierte. »Wachhabender Offizier Malenkow meldet sich zum Rapport. Eine Nacht, in der man sich im Warmen aufhalten sollte, Kommissar. Ich glaube, es kommt ein starker Sturm auf.«
    »Stürmt es in dieser gottverlassenen Gegend nicht immer?« Jakow sah, wie die Augen des wachhabenden Offiziers durch den luxuriös eingerichteten Wagen wanderten. Ein halbes Dutzend bequeme Sessel, die mit rotem Samt bezogen waren, und in einer Ecke blubberte ein vernickelter Samowar. Der Geruch von Holzkohle hing in der Luft. Neben dem Holzofen stand ein kleiner Tisch mit einer Flasche Wodka und ein paar Gläsern. »Sie sehen beeindruckt aus«, sagte Jakow zu dem Mann.
    »In dieser Gegend sieht man nicht viel Luxus, Genosse.« Der wachhabende Offizier spähte durch eine geöffnete Tür in das abgetrennte Schlafabteil, das nur mit dem einfachen Feldbett eines Soldaten ausgestattet war.
    Jakow entzündete ein Streichholz und steckte sich eine Zigarette an. Er blies den Rauch aus, als er über den polierten Walnussboden zum Holzofen ging. »Erzähl es ihm, Soba.«
    »Sie stehen im ehemaligen Privatwagen des Großfürsten Andrej, der jetzt rechtmäßig dem sowjetischen Volk gehört. Wir befördern in diesem Zug hundertfünfzig Soldaten und verfügen über zwei Spezialwaggons, um ein Dutzend der besten Kavalleriepferde für unsere berittenen Späher zu transportieren.«
    Soba klopfte mit den Fingerknöcheln gegen einen der massiven Fensterläden, in welche Schießscharten geschnitten waren. »Wir haben den Zug mit Fensterläden aus Stahl und mit Geschütztürmen ausgerüstet, um die Sicherheit zu erhöhen. Wenn Genosse Lenin mit uns reist, nennt er unseren Zug seinen ›Kreml auf Rädern‹. Wir haben Küchen, Schlafquartiere für die Soldaten und volle Waffen- und Munitionslager.«
    »Und was wollen Sie?«, fragte Jakow den wachhabenden Offizier.
    »Ich habe das Erschießungskommando zusammengestellt. Die Männer stehen bereit, um die Hinrichtung im Morgengrauen zu vollziehen. Die restlichen hundertsechzig Gefangenen werden in einem Gewaltmarsch in das Lager Soborsk gebracht.«
    Jakow zog an seiner Zigarette und seufzte. »Ich hoffe, die Erschießung des Hauptmanns wird nicht notwendig sein.«
    »Genosse?«
    »Das ist für Sie nicht von Belang. Wie ist es Hauptmann Andrew ergangen, seitdem er in Gefangenschaft ist?«
    Der Offizier zuckte mit den Schultern. »Er ist ein einfallsreicher Mann. Als er das letzte Mal ausgebrochen ist, hat er ein Dorf fünfzig Kilometer von hier entfernt erreicht, ehe wir ihn geschnappt haben. Feldwebel Mersk hat Hauptmann Andrew so verprügelt, dass er um ein Haar gestorben wäre. Ich weiß nicht, wie er das überlebt hat.«
    Jakow klopfte die Asche in einem Aschenbecher ab. »Andrew ist der geborene Überlebenskünstler. Ein Mann, wie ihn die Revolution braucht.«
    »Jetzt sieht es so aus, als wäre seine Glückssträhne zu Ende.«
    »Wir werden sehen. Ich nehme an, er hat noch nicht nach mir gefragt?«
    »Nein. Er liegt noch auf der Krankenstation.«
    Jakow drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. »Sie können gehen. Suchen Sie meinen Bruder Stanislaw und schicken Sie ihn zu mir.«
    »Ja, Genosse«, erwiderte der Offizier und ging davon.
    »Viel Glück beim Versuch, den Hauptmann zu überzeugen«, sagte Soba. »Irgendetwas sagt mir, dass du es brauchen wirst.«
    Mit ernster Miene öffnete Jakow eine Schreibtischschublade und zog ein altes Foto in einem Holzrahmen heraus. Er hing sehr an diesem Bild, auf dem seine Mutter, Stanislaw, Juri und dessen Vater abgebildet waren. Es war in einem Fotoatelier in Sankt Petersburg aufgenommen worden. Er zeigte es Soba.
    »An dem Tag, als dieses Foto gemacht wurde, fuhr Juris Vater mit uns allen mit der Droschke zu einem Jahrmarkt nach Sankt Petersburg. Meine Mutter war an Tuberkulose erkrankt, und ihr Zustand verschlechterte sich zusehends. Ich glaube, Juris Vater ging es darum, meine Mutter mit diesem Ausflug ein wenig aufzumuntern und Stanislaw,

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