Operation Sahara
stürmte geradewegs auf die nichtsahnenden Touristen am Brunnen zu. Die Fahrer wurden von den Beinen gerissen, bevor sie schreien, einen Warnruf ausstoßen oder etwas zu ihrer Verteidigung unternehmen konnten. Wie Schakale griff die wilde Horde, auf Händen und Knien robbend, die unbewaffneten Touristen an und verbiß sich in deren ungeschützter Haut.
Die Angstschreie der von Panik ergriffenen Touristen vermischten sich mit dem dämonischen Geheul der Angreifer.
Mrs. Lansing stieß einen gequälten Schrei aus und verschwand in einem Haufen von Körpern. Ihr Mann versuchte auf die Motorhaube eines der Fahrzeuge zu klettern, doch er wurde herunter in den Staub gezogen und wie ein Käfer unter einem Ansturm von Ameisen verstümmelt.
Der elegante Londoner drehte am Griff seines Stocks und zog einen kurzen Degen hervor. Mit wütenden Hieben gelang es ihm, den Mob einen Augenblick auf Distanz zu halten. Doch die Angreifer schienen vollkommen furchtlos und überwältigten ihn schnell.
Rund um den Brunnen herrschte dichtes Kampfgetümmel. Der fette Spanier, blutüberströmt von mehreren Bißwunden, sprang in den Brunnen, um zu entkommen. Doch vier der Monster sprangen hinterher.
Fairweather rannte weiter, ging in die Hocke, feuerte mit der Patchett auf die Angreifer, sorgsam bemüht, keinen seiner eigenen Leute zu erschießen. Die tobende Menge, die wegen des Schalldämpfers die Maschinenpistole nicht hören konnte, ignorierte das überraschende Feuer. Diese Wesen waren entweder zu verrückt, oder es war ihnen einfach egal, daß eine Reihe von ihnen erschossen wurde.
Fairweather, hatte an die dreißig der mörderischen Wesen umgelegt, als die Patchett die letzte Kugel verschoß. Hilflos und unbemerkt stand er da, während das Gemetzel langsam nachließ und schließlich endete, als seine Fahrer und Kunden tot waren.
»Mein Gott«, flüsterte er mit erstickter Stimme und beobachtete voller Grauen, wie sich die Wilden auf die Leichen stürzten und mit der Gier von Kannibalen das Fleisch von den Knochen ihrer Opfer rissen.
Diejenigen der Mörder, die sich nicht an den Touristen gütlich taten, zerstörten bereits die Landrover.
Sie schleuderten Steine gegen die Windschutzscheiben, das Glas splitterte. Ihr unkontrolliertes Wüten richtete sich gegen alles, was ihnen fremd war.
Fairweather zog sich in den Schatten zurück. Der Gedanke, für den Tod seiner Leute verantwortlich zu sein, machte ihn verrückt. Er hatte versagt, als es darum ging, für ihre Sicherheit zu sorgen, und unbewußt hatte er sie in dieses blutige Unglück geführt. Er verfluchte sich, weil er sie nicht retten konnte, und er verfluchte seine Feigheit, die ihn daran gehindert hatte, an ihrer Seite zu sterben. Unter Mobilisierung all seiner Willenskraft wandte er seine Aufmerksamkeit vom Marktplatz weg und rannte durch die engen Straßen und verfallenen Außenbezirke in Richtung Wüste. Er mußte sich in Sicherheit bringen, um andere Reisende vor dem Massaker warnen zu können, das sie in Asselar erwartete. Die Entfernung zum nächstgelegenen Dorf im Süden war zu weit, als daß er es ohne Wasser erreichen konnte.
Also beschloß er, in Richtung Piste nach Osten zu marschieren in der Hoffnung, auf ein vorbeikommendes Fahrzeug oder eine Regierungspatrouille zu stoßen, bevor er unter der sengenden Sonne starb.
Fairweather orientierte sich am Nordstern und marschierte zügig durch die Wüste. Er wußte, daß seine Überlebenschancen gleich Null waren. Nicht ein einziges Mal wandte er sich um und blickte zurück.
Die fürchterliche Szene war in sein Bewußtsein eingebrannt, und in seinen Ohren klangen noch die Schmerzensschreie der Toten.
2
10. Mai 1996
Alexandria, Ägypten
Der weiße Sand des menschenleeren Strandes glitzerte unter den nackten Füßen von Eva Rojas, die feinen Körner hafteten an ihren Zehen. Sie stand da und blickte aufs Mittelmeer. Das tiefe Wasser schimmerte kobaltblau, nahm an flacheren Stellen eine smaragdgrüne Färbung an und verwandelte sich an den Stellen, an denen die Wellen sich am Strand brachen, in helles Aquamarin.
Eva war in ihrem Mietwagen von Alexandria gekommen, das 110 Kilometer im Westen lag, und hatte hier, an diesem verlassenen Strandabschnitt, gehalten. Der Strand lag unweit von El Alamein, wo während des Zweiten Weltkriegs der Afrikafeldzug entschieden worden war. Sie hatte den Wage n neben der Küstenstraße abgestellt, ihre Umhängetasche geschnappt und spazierte jetzt durch die flachen Dünen auf das
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