Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
sah das Funkeln in Berijas Augen und das Grinsen auf seinen Lippen. Lukin schossen die Bilder durch den Kopf, die er auf der Leinwand gesehen hatte, und ihm wurde beinahe schlecht.
»Mit allem gebotenem Respekt, Genosse, ich glaube nicht, daß Folter in ihrem Fall viel bringt. Ich brauche nur noch ein bißchen Zeit, um ihr Vertrauen und ihre Zuversicht zu gewinnen. Und das kann ich am besten allein. Nur die Frau und ich.«
»Wird sie dann reden?«
»Davon bin ich überzeugt.«
Berija drehte den Füller in seinen schlanken Fingern, während er überlegte. Dann seufzte er. »Na gut. Wir spielen es nach Ihren Regeln. Aber nur noch achtundvierzig Stunden. Binnen achtundvierzig Stunden bringen Sie die Frau zum Sprechen und finden den Mann. Sollten Sie nach Ablauf dieser Frist keinen Erfolg vorweisen können, überlassen Sie mir die Frau. Romulka wird sich dann ihrer annehmen und auch die Suche nach diesem Mistkerl leiten. Das ist alles. Sie können gehen.«
Als Lukin zögerte, starrte Berija ihn an. »Was ist, Lukin? Haben Sie noch etwas zu sagen?«
»Ich würde gern ein Gesuch an Sie richten.«
»Was für ein Gesuch?«
»Mir ist aufgefallen, daß zwei Seiten aus der Akte des Wolfs fehlen. Ich bin sicher, daß Genosse Berija einen guten Grund hat, diese Papiere nicht mitsamt den anderen für eine Akte zu kopieren. Aber mir ist der Gedanke gekommen, daß alle Informationen, die den Wolf angehen, von Bedeutung für mich sein könnten. Die fehlenden Seiten könnten helfen, ihn zu fassen.«
Berija lächelte unmerklich. »Sie haben ganz recht, was diese Seiten angeht, Lukin. Aber Sie hatten die Möglichkeit, den Wolf zu ergreifen, und sind gescheitert. Dreimal! Und das, ohne diese Seiten zu kennen, von denen Sie sprechen. Glauben Sie mir, Sie haben alle Informationen, die für Ihren Auftrag erforderlich sind. Ihr Gesuch ist abgelehnt. Sie können gehen.«
Lukin erhob sich und ging zur Tür.
»Lukin …« Die seidenweiche Stimme hielt ihn auf.
Er drehte sich um und sah die schwarzen, runden Augen Berijas auf sich gerichtet.
»Wenn ich richtig informiert bin, hatten Sie und Romulka gestern abend eine kleine Meinungsverschiedenheit. Vergessen Sie bitte nicht, daß Sie mit ihm zusammenarbeiten und daß Sie keine Gegner sind. Sorgen Sie dafür, daß so etwas nicht wieder geschieht. Und Sie sollten noch etwas wissen: Romulka bringt den Franzosen nach Moskau, diesen Lebel. Er trifft heute nachmittag ein. Das beste wird sein, wenn sich Romulka allein um ihn kümmert. Er hat erheblich mehr Erfahrung in … diesen Dingen.« Er unterbrach sich und paffte an seiner Zigarre. »Achtundvierzig Stunden. Keine Sekunde mehr. Enttäuschen Sie mich nicht, Lukin.«
43. KAPITEL
Moskau
28. Februar, 8.30 Uhr
Dröhnend fuhr die Untergrundbahn in die Station ein und kam kreischend zum Stehen. Als die Türen sich öffneten, trat Slanski auf den Bahnsteig.
Wie die meisten Metrostationen in Moskau war auch die Kiewer Station prachtvoll. Sie wirkte wie ein unterirdischer Palast mit glitzernden Kronleuchtern und Marmorwänden, Bronzereliefs und roten Fahnen, die von der Decke hingen.
In der Station drängten sich die morgendlichen Pendler, und die Luft stank nach altem Essen, Tabak und Schweiß. Während Slanski sich orientierte, tippte ihm jemand auf die Schulter. Er wirbelte herum.
Ein junger Tatar mit dem blauen Mantel der Miliz über der Uniform hielt eine Zigarette hoch und blickte Slanski aus seinen geschlitzten Augen an.
»Hast du Feuer, Genosse?«
Slanski zögerte und schüttelte dann den Kopf. »Nein.«
Der Tatar knurrte und verschwand in der Menge.
Der Milizionär hatte Slanski erschreckt. Er schwitzte, blieb eine Zeitlang stehen und versuchte, seine Fassung wiederzugewinnen, während um ihn herum die Menschen vorüberströmten. Lukin befand sich auf unbekanntem Gebiet, und der Lärm und die Menschenmenge waren ihm unheimlich. Er sah die steilen Rolltreppen am Ende des Bahnsteigs und fuhr mit einer hinauf.
Die Menge wurde noch dichter, als Lukin oben ankam. Am Eingang wimmelte es von Menschen. Slanski sah zahlreiche Uniformen darunter. Zumeist handelte es sich um Armeeoffiziere mit Aktentaschen. Sie achteten nicht auf ihn.
Am anderen Ende der Halle befand sich eine öffentliche Toilette, und Lukin ging hinein. Der Raum war schmutzig, und es stank bestialisch, doch es gab ein Waschbecken und einen gesprungenen Spiegel an der Wand. Slanski betrachtete sein Gesicht.
Er sah schrecklich aus.
Seine Augen waren vor Müdigkeit
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