Opfer der Lust
bevor ich den Kopf für meine Hochzeit frei habe.“
„Dein Kopf muss nicht bereit dazu sein, sondern dein Herz“, korrigierte er sie und klopfte zweimal gegen seinen Brustkorb.
Bestürzt schaute sie auf. Wie recht er doch hatte!
Kade hatte bereits Einzug in ihr Herz gehalten und verdrängte Daryl langsam, dessen war sie sich auf einmal bewusst. Ihre Augen wurden feucht. Ihre Beziehung zu Daryl durfte nicht an einem trüben Nachmittag wie diesem zu Ende gehen, nur weil sie ein einziges Mal mit Kade geschlafen hatte.
So viel Veränderung auf einmal würde sie nicht verkraften. Das ging ihr alles zu schnell. Sie hatte das Gefühl in einem Strudel zu stecken, der sie unaufhörlich in die Tiefe riss.
Halt suchend umschloss sie Daryls Hände, die eiskalt waren. „Wir lösen nur die Verlobung, aber es wird sich nichts zwischen uns ändern.“ Belog sie sich nicht selbst?
Er nickte und klang verbittert, als er sprach: „Einen Schritt zurückgehen, das würden nicht viele Männer tun, sondern die Konsequenz ziehen und die Beziehung beenden. Hoffentlich weißt du das zu schätzen, Darling.“
„Das tue ich, das tue ich wirklich.“ Nervös rieb sie seine Hände, um sie zu wärmen. Ihr Magen rebellierte aufgrund der emotionalen Achterbahnfahrt. „Möchtest du einen Kaffee?“
„Gerne.“
Beth küsste seinen Handrücken und ließ ihn los.
Während er Kaffeepulver und Wasser in die Maschine gab, holte sie zwei Keramikbecher – beide blau-gelb, wie die Farben der Flagge Bostons – aus dem Hängeschrank. Als sie den Kühlschrank öffnete, um eine Packung Milch zu entnehmen, fiel ihr Blick auf die Flaschen Chardonnay El Dorado, die sie von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte.
Dieser Anlass war wieder nicht der richtige, um eine der kostbaren Weinflaschen zu öffnen. Eine Entlobung war wahrlich kein Grund zu feiern. Hoffentlich würde Daryl ihren Eltern nicht sofort davon berichten.
Das Wasser lief gluckernd durch die Kaffeemaschine. Kaffeeduft breitete sich in der kleinen Küche aus. Daryl legte zwei kleine Löffel und einige Päckchen Sweet ‚n low auf den Tisch, weil er wusste, dass Beth ihren Kaffee mit Süßstoff süßte.
Diese Vertrautheit … Eigentlich hat es doch etwas Beruhigendes, den Partner gut zu kennen, dachte Beth. Weshalb zog es sie dann zu Kade? Ein lüsterner Mann wie er verhieß Abenteuer, aber Abenteuer waren immer nur von kurzer Dauer.
Doch Kade sprach immer wieder davon, dass sie eine längere Zeit miteinander verbringen würden. Er war angeblich nicht auf eine kurze Affäre aus.
Sie glaubte nicht an Zufälle, was ihn betraf. Das Schicksal hatte sie wohl kaum in der Wal-Mart-Filiale zusammengeführt, vermutete sie immer stärker, folglich war seine Weinauswahl im Hideaway auch nicht zufällig gewesen. Er hatte dieselbe Sorte Wein bestellt, die in ihrem Kühlschrank lag, vermutlich um sie zu verwirren und einzuschüchtern, vielleicht sogar um ihr seine Macht zu demonstrieren, denn er behielt die Oberhand bei diesem Spiel, das er selbst inszeniert hatte.
Blieb nur noch die Frage, ob er an diesem Morgen wirklich das erste Mal ihre Wohnung betreten hatte. Wenn sie an den Chardonnay dachte, musste die klare Antwort ‚nein‘ heißen, denn das Treffen im Hideaway hatte bereits am Tag zuvor stattgefunden.
Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.
15. KAPITEL
Glücklicherweise war Daryl schon gegangen, als Aaron anrief, sodass es Bethany erspart blieb, sich weitere Ausflüchte ausdenken zu müssen.
Es gibt zu viele Lügen in meinem Leben und zu viele Männer, dachte sie, während sie Aaron zuhörte.
„Sadie ist mit Joey zum Indoor-Spielplatz gegangen. Du weißt schon, dieses scheußlich bunte Gebäude in Roslindale, bei dem der Eingang aussieht, als würde man in den weit aufgerissenen Schlund eines Clowns hineingehen“, erzählte er leise. „Mich wundert es, dass sich überhaupt ein Kind traut, durch diese Tür zu gehen. Gruselig, wenn du mich fragst. Die Fratze erinnert mich an Pogo, den Clown. Erinnerst du dich? Das war dieser Serienmörder John Wayne Gacy, der in den Siebzigern als Clown auftrat und 33 Jungen und junge Männer ermordete.“
„Weswegen flüsterst du, wenn deine Frau gar nicht zu Hause ist?“ Beth verdrehte die Augen, etwas, das sie nicht tun würde, wenn Aaron vor ihr gestanden hätte, aber er konnte sie ja nicht sehen.
„Weiß auch nicht“, antwortete er etwas lauter, aber immer noch nicht in normaler Lautstärke.
Beth kam zu dem Schluss, dass
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