Opfer der Lust
Achseln. „Ich denke, die Gäste stellen sich vor, dass eine nette alte Dame mit diesem Namen in der Küche steht und die Köstlichkeiten nach alten Rezepten backt, so etwas wie eine Kuchenoma.“
Bethany dachte eher an eine Blondine, die nur allzu gerne den Gästen ihren wohlgeformten Hintern zeigte.
„Aber Sie haben doch eine Bedienung …“, fragte sie behutsam, damit er nicht misstrauisch wurde.
„Sie dachten, die Kellnerin wäre Kassandra?“ Er grinste, doch sein Grinsen verschwand so schnell, wie es aufgetaucht war. Plötzlich wirkte er grimmig und winkte ab. „Ach die. Sie ist nur einen Tag geblieben.“
Beth war bemüht, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Nur einen Tag? Das ist erschreckend kurz.“
Entschuldigend hob er beide Arme. „Wir haben uns sehr gut verstanden und ich zahle nicht schlecht. Sie war nett, aber sie ist heute einfach nicht zu ihrer Schicht erschienen, und ich glaube auch nicht, dass ich sie jemals wiedersehen werde.“
Bethany ärgerte sich. Das durfte alles nicht wahr sein! Jetzt konnte sie diese Frau nicht einmal zur Rede stellen und ihr Revier – Kade – verteidigen oder fragen, was es mit den Kontaktlinsen auf sich hatte.
Ihr kam eine Idee.
Sie schaute Alfie so unschuldig wie möglich an und legte flehentlich ihre Handflächen aneinander. „Hätten Sie vielleicht ihre Adresse für mich oder eine Telefonnummer? Mir ist gestern Morgen auf der Straße meine Geldbörse aus der Handtasche gefallen, als ich mein Taschentuch herauszog, und Ihre Angestellte hat sie gefunden. Sie hat das Portemonnaie aufgehoben und ist mir hinterhergelaufen, um es mir wiederzugeben. Das fand ich so reizend, dass ich ihr nun ein kleines Geschenk als Dank überreichen möchte.“ Hastig fügte sie hinzu: „Sie hatte erwähnt, dass sie hier arbeitet.“
Argwöhnisch beäugte Alfie sie. Schließlich sprach er: „Tut mir leid, aber sie hat eine Telefonnummer hinterlassen, die gar nicht existiert.“
„Wie bitte?“
„Als sie heute Morgen nicht erschien, habe ich versucht sie anzurufen, aber es kam nur: kein Anschluss unter dieser Nummer.“
Diese Information zerstörte endgültig Bethanys Plan, die Frau auszufragen. Geknickt verabschiedete sie sich von Alfie. „Da kann man wohl nichts machen. Trotzdem vielen Dank und alles Gute für Ihr Café.“
Beth schlenderte zu ihrem Pontiac zurück und nahm resigniert hinter dem Steuer Platz. War es nun besorgniserregend oder purer Zufall, dass alles, was mit Kade zu tun hatte, rätselhaft war? Welche Kellnerin schmiss schon ihren Job hin, wenn sie gleich am ersten Tag ein Zehn-Dollar-Trinkgeld erhielt? Nur jemand, der noch mehr Geld witterte.
Eine Sekunde lang dachte sie darüber nach, Kade einfach auf die gefärbten Kontaktlinsen und den Zettel anzusprechen, aber sie wusste, dass er eine Ausrede finden oder ihr drohen würde, weil sie ihn bespitzelte.
Ihn zu fragen hatte daher keinen Sinn. Die offene Konfrontation würde sie der Wahrheit kein bisschen näherbringen, und sie wollte den Frieden, der zwischen ihnen herrschte, zum jetzigen Zeitpunkt nicht zerstören.
Also beschloss Bethany, weiterzuforschen. Auf direktem Weg fuhr sie in den Hafen und suchte das Restaurant The Cook auf.
Das zweite Mal log es sich schon ungenierter, stellte sie fest, als sie dem Personal, wie zuvor Alfie, eine Lügengeschichte auftischte und nach Kade fragte. Es gab jedoch keinen Angestellten mit diesem Namen und auch keinen Gast, zumindest keinen, an den sich irgendjemand erinnerte.
Beth beschrieb Kade als einen gut aussehenden Latino, doch das brachte sie ebenfalls nicht weiter. Das Restaurant hatte nicht einmal einen Sommelier, die Weinberatung übernahmen die Ober persönlich.
Auch diese Fährte erwies sich als kalt.
Wahrscheinlich kannte sich Kade nur mit Wein aus, weil er selbst gerne Wein trank, oder er hatte sich das Wissen angelesen, um Beth zu beeindrucken. Den außergewöhnlichen Korkenzieher konnte er von einem Freund geschenkt bekommen, gefunden oder gestohlen haben. Beth würde es niemals erfahren.
Aber noch gab sie nicht auf! Es existierte eine letzte Spur, der sie folgen konnte, um etwas über Kade herauszufinden: Sheraton 948, ab 3 pm.
Bethany würde dort sein. Pünktlich.
23. KAPITEL
Das Sheraton Boston Hotel liegt im historischen Back Bay Viertel an der belebten Dalton Street, nur wenige Kilometer vom Logan Flughafen, vom Charles River, dem Finanzbezirk und dem Fenway Park entfernt.
Bethany hatte es noch nie mit eigenen
Weitere Kostenlose Bücher