Opfer
aufgeknüpft.«
Bugs lachte beifällig.
»Darüber müsste ich eigentlich ein paar Info-Poster aufhängen«, sagte Farman. »So was interessiert die Leute doch. Besonders unsere Gäste.«
»Ich hab übrigens bei Mr Farrer einen von Ihren Gästen gesehen.« Sean warf einen Blick auf den Biker, der an der Bar geblieben, aber näher an Shaun herangerückt war. »Die Frau mit dem Tattoo auf der Hand, die gestern Abend hier war.«
Farman legte die Stirn in Falten. »Eine Frau?«, fragte er.
»Die mit den schwarzen Haaren und der Leopardenjacke«, erklärte Sean.
Der Biker starrte ihn jetzt an, schiefergraue Augen hinter einer John-Lennon-Brille. Kein allzu freundlicher Blick. Unter der Unterlippe funkelte ein goldenes Piercing durch die braunen Bartlocken. Sean kannte das Gesicht nicht von den Polizeifotos, die er sich vorher angesehen hatte. Der Biker sah auch gut zehn Jahre jünger aus als der Rest, also konnte er nicht zur damaligen Gruppe gehört haben. Deren verbliebene Mitglieder wirkten immer noch verwirrt.
»Keine Ahnung«, sagte Farman und gab Sean sein Pint. »Acht Pfund fünfundzwanzig, bitte.«
Sean schüttelte den Kopf, als er ihm einen Zehner gab. »Kann mich immer noch nicht an die Preise hier gewöhnen. Prost.« Er hob das Glas. Shaun tat es ihm gleich. Bugs hatte seins schon am Mund und murmelte einen Gruß ins Bier.
»Mr Farrer hat mir auch noch etwas anderes Interessantes erzählt«, setzte Sean fort.
»Ach«, sagte Shaun. »Was denn?«
»Es ging um diesen Pub«, erwiderte Sean laut genug, dass der Biker ihn hören konnte. »Er hat gesagt, er heißt schon seit mindestens hundert Jahren Captain Swing’s, und wurde damals in den Achtzigern wegen eines Mordes umbenannt. Es war jemand, der hier getrunken hat, meinte er.«
Die Platte war zu Ende, und in der Stille vor der nächsten war nur ein Billard-Stoß zu hören. Stiche liefen über Seans Beine, aber das Adrenalin war stärker.
»Kann sich da noch jemand dran erinnern? Shaun, Sie meinten doch, Sie hätten hier 1981 Ihr erstes Pint getrunken, oder?«
Shaun starrte in sein Bier und wurde rot. Er schüttelte den Kopf.
»Komisch.« Sean wandte sich Bugs zu, der eben noch Farmans Blick gesucht hatte. »Er hat nämlich auch was von einer Hexenjagd erzählt. Daran erinnern Sie sich doch bestimmt?«
»Hat Mr Farrer Ihnen denn nicht vom Obersten Hexenjäger erzählt?«, mischte der Biker sich mit einem Belfaster Akzent ein.
»Nein«, erwiderte Sean. »Er wurde unterbrochen. Wie gesagt, hatte er noch eine andere Kundin. Ihre Bekannte …« Er starrte den Biker an.
Der Nordire lachte. »Dann sollten Sie sich mal über ihn informieren«, sagte er und prostete Sean zu. »Na ja«, er nickte den anderen zu. »Dann noch ’nen schönen Abend, die Herren, viel Spaß noch mit eurer Geschichtsstunde.«
Sean starrte ihm nach, wollte sich seine Wut aber nicht anmerken lassen. Dann spürte er eine Hand auf dem Arm. Als erhinsah, war dort das grüne Auge, und das Mädchen, das ihn mit passenden grünen Augen unter dem schwarzen Pony hindurch ansah.
»Suchen Sie mich?«, fragte sie.
16
KLARE TAGE
Dezember 1983
»Ach komm«, sagte Debbie, »du warst doch ewig nicht mehr mit uns los, Reenie. Und es ist so schnell nicht wieder Silvester …«
Corrine starrte sich im Schaufenster von Chelsea Girl an. Ihre Haare sahen mittlerweile wieder gut aus, waren aber noch viel kürzer, als sie sie gerne gehabt hätte.
»Sieht echt cool aus«, urteilte Debbie, als könnte sie ihre Gedanken lesen. »Das Schwarz steht dir total.«
Corrine strich sich über den Hinterkopf, wo sie jetzt einen gestuften Bob hatte. Der Pony stand stachelig nach oben, und die Seiten waren kurzrasiert. Als die gebrochenen blonden Strähnen herausgeschnitten waren, konnte man wieder färben – und diesmal hatte sie es professionell machen lassen.
»Das hat Lizzy gemacht«, informierte sie Debbie. »Das ist die Chefstylistin bei Oliver John’s.«
Corrine arbeitete jetzt am Wochenende in dem Salon. Nur ein bisschen putzen und Tee kochen, aber Lizzy hatte gesagt, sie würde sie nach dem Schulabschluss als Azubi anlernen, wenn sie zuverlässig war. Die Sozialarbeiterin hatte die Idee gehabt. War echt okay, diese Sheila.
»Sieht richtig geil aus«, sagte Debbie.
Corrine betrachtete sich im Fenster und lächelte. »Sieht echt okay aus, oder?«, gab sie zu.
»Tja«, sagte Darren, der den Arm um Debbie gelegt hatte, »wenn das kein Grund zum Feiern ist, dann weiß ich auch nicht. Jetzt komm
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