Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opfer

Opfer

Titel: Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathi Unsworth
Vom Netzwerk:
Zeichenblock vom Schoß, zog ihm den Stift aus der Hand, setzte sich ihm aufs Knie und sah ihm tief in die Augen.
    »… geht sie etwa auf den Strich?«, flüsterte sie und leckte ihm am Ohrläppchen.
    »Sam«, protestierte er. »Nicht. Was, wenn deine Mum …«
    »Pssst«, sie atmete ihm heiß ins Ohr und knabberte mit scharfen, kleinen Zähnen am Ohrläppchen. »Meinst du, sie lässt sich für so was wie das hier bezahlen?« Sie legte sich seine Hand auf die rechte Brust und hielt sie dort fest, damit er – selbst durch ihre dicke Schuluniform hindurch – spüren konnte, wie hart ihr Nippel war. »Mmmm?«
    Alex war fast krank vor Verlangen und gleichzeitig abgestoßen von dem, was sie sagte. Was im Hause Woodrow ablief, wollte er nicht mit dem in Verbindung bringen, was er mit Sam hatte.
    »Nein.« Ein letzter klarer Gedanke, bevor sein Gehirn ganz im Nebel der Lust verschwand, seine Mum hatte es von Mrs Carver gehört. »Sie arbeitet doch samstags bei dem einen Friseur in der Stadt. Oliver John’s, glaub ich.«
    Sam ließ sofort von ihm ab und rutschte ihm gewandt vom Knie. »Hast recht«, flüsterte sie. »Mum kommt.«
    Einen Augenblick später saß sie wieder auf dem Bett und schaute brav aus dem Fenster. Mit zitternder Hand griff er nach dem Bleistift und legte sich den Block über die Beule in der Hose, als es auch schon klopfte.
    »Hallloooo!«, rief Amanda. »Essen ist fertig.«
    *
    Samstagmorgen war Corrine früh im Salon, und als sie Suzy am Empfang eine Tasse Kaffee brachte, warf sie einen Blick ins Reservierungsbuch.
    Da stand es schwarz auf weiß.
    Samstag, 3. März.
    11 Uhr, Samantha Lamb – Lizzy .
    Sie berührte das Amulett von Noj an ihrer Brust und lächelte.
    *
    Um zehn Uhr war es bei den Carvers ziemlich ruhig. Debbies Vater Bryn hatte eine Nachtschicht hinter sich und schlief tief und fest. Von unten drangen durch die Küchentür die gedämpften Geräusche von Maureen, die etwas backte, und Ian Masters auf Radio Norfolk, der ihr Gesellschaft leistete.
    Debbie ging in ihr Zimmer, setzte sich aufs Bett und zog ihre Robot Boots an. Als sie zum Fenster hochschaute, sah sie, wie bei Alex die Vorhänge aufgezogen wurden. Er stand eine Weile in Schlafanzughose und schwarzem T-Shirt da, gähnte und fuhr sich mit der Hand durch die zerzausten Haare. Dann wandte er sich ab und war nicht mehr zu sehen.
    Tief in Debbies Innerem brodelte es. Er war also endlich mal zu Hause. Sie hatte noch eine Stunde Zeit, bevor sie sich mit Darren traf. Vielleicht sollte sie Alex mal besuchen und schauen, in was für einen Zombie Samantha Lamb ihn verwandelt hatte.
    *
    »Alex?«, rief Mrs Pendleton die Treppe hinauf. »Hast du was an?«
    Oben wurde eine Tür geöffnet, und eine Basslinie war plötzlich lauter zu hören. »Ja, Mum. Komme gleich runter«, antwortete er.
    »Debbie ist da.« Mrs Pendleton zwinkerte ihr zu. »Geh ruhig hoch«, ermutigte sie. »Vielleicht kriegst du ihn ja aus seiner Höhle raus.«
    Debbie ließ sich nicht lange bitten. Sie rannte die Treppe hoch, klopfte kurz an und riss die Tür auf. Sie hörte die Platte, die Alex ihr geschenkt hatte, als er aus den Sommerferien zurückgekommen war. Bevor das Ganze passiert war. Der Song über das Mädchen im Partykleid, das zugedröhnt mit Beruhigungsmitteln Trost in den Illusionen der Tarotkarten und Kristalle sucht.
    Alex stand verlegen mitten im Zimmer, hielt sich den linken Oberarm mit der rechten Hand und lehnte sich zur Seite, als wollte er etwas verstecken.
    »Debs«, sagte er mit rotem Kopf. »Ich hab nicht mit dir gerechnet.«
    »Al?« Ihre nussbraunen Augen durchbohrten ihn. Sie trat einen Schritt zur Seite, um zu sehen, was sich hinter ihm befand. »Du bist’s doch noch, ja?«
    Mitten im Zimmer stand eine Staffelei. Ein Porträt von Samantha starrte sie an. Es war nicht allzu gut, was untypisch für Alex war. Aber das Leuchten ihrer blaugrünen Augen, die hochgezogene Lippe über dem schiefen Zahn und den arroganten Ausdruck hatte er gut eingefangen.
    Debbie wandte sich von dem zynischen Starren ab und ließ den Blick über den Rest des Zimmers schweifen, wo sie früherso viel Zeit verbracht hatte. Über den Postern hingen jetzt überall Zeichnungen und Bilder von Samantha. Über den Cramps, den Ramones, sogar über den Sex Pistols im West Runton Pavilion. Unzählige mit Nadeln und Kreppband befestigte Gesichter blickten auf sie herab, und aus jedem einzelnen sprachen Spott und Bosheit.
    »Verdammt noch mal«, flüsterte sie. »Reenie hatte

Weitere Kostenlose Bücher