Opfere dich
fair, wenn Sie es erst erfahren, sobald ich die Soko davon in Kenntnis setze. Ich weiß, Sie können mich alle nicht leiden, aber ich bin nicht Commissioner geworden, um mir Freunde zu machen, sondern um Verbrechen zu bekämpfen. Mag sein, dass ich viel von Ihnen verlange und Sie hart rannehme, doch ich bin immer fair.“ Lobster machte eine Pause, als würde er auf ihre Zustimmung warten.
Storm schwieg. Vor Anspannung schmerzte ihr Nacken. Kam jetzt der Moment, an dem er ihr sagen würde, dass sie die Sonderkommission verlassen müsste, weil sie ein Risiko für die Ermittlungen sei? Oder dass sie durch einen weiteren FBI-Agenten ausgetauscht werden würde, da sie keine Ergebnisse vorgewiesen, dafür aber Probleme gemacht hatte? Weil sie nun offiziell als potenzielles Opfer galt? Oder wollte er sie womöglich als Köder einsetzen? Tausend Gedanken schwirrten durch ihren Kopf, aber eins stand für sie fest: Sie würde für ihre Zugehörigkeit zur Soko „Wachsmörder“ kämpfen!
Doch er sagte etwas ganz anderes: „Die Gerichtsmedizin hat mir heute Morgen die Ergebnisse von der verbrannten Leiche, die in Neville Jordans Wohnung gefunden wurde, mitgeteilt.“ Er deutete auf einige lose Blätter Papier, auf denen er seine zusammengefalteten Hände abgelegt hatte. Verlegen lachte er. „Ms. Canberra schickt mir die Berichte per E-Mail, aber ich drucke sie mir immer aus. Auf meine Ausdrucke kann ich nicht verzichten. Ich muss richtiges Papier in den Händen halten.“
Er ist genauso nervös wie du, dachte Storm und wertete das als schlechtes Zeichen. Irgendetwas stimmte nicht.
„Detective Harper, ich muss Ihnen eine schlechte Nachricht mitteilen.“ Er räusperte sich. „Ich kann nicht abschätzen, wie sehr es Sie treffen wird. Sie wissen, dass Sie sich jederzeit an den Polizeipsychologen wenden können.“
Sie nickte und begann zu schwitzen.
Lombard atmete tief durch. „Der Leichnam … das war nicht Neville Jordan. Wir haben einen Personalausweis auf dem Balkon gefunden, als wollte derjenige, der die Explosion ausgelöst hatte, sichergehen, dass er nicht verbrennt und wir ihn finden. Natürlich haben wir uns eine Vergleichsprobe besorgt und das Opfer untersucht. Arme und Beine waren gebrochen. Das Klebeband auf seinem Mund hat sich förmlich in seine Haut eingebrannt.“
„Das bedeutet, wer immer dort ums Leben gekommen war, war nicht freiwillig dort“, schlussfolgerte sie. „Oder er wurde dorthin gelockt und niedergeschlagen.“
„Die Explosion war geplant. Die Spurensicherung hat einen selbstgebastelten Sprengsatz gefunden. Aber der hilft uns auch nicht weiter“, berichtete er und raufte sich die Haare. „Eine Anleitung dafür findet man überall im Internet. Es gibt sogar Shops, die Produkte zum Zusammenbauen verkaufen. Aber das ist ein anderes Thema. Zurück zu unserem verbrannten Mann.“
Storm horchte auf. „Es war ein Mann, aber nicht Neville Jordan?“
„Richtig.“ Lombard machte eine bedeutungsschwangere Pause. „Bei der Leiche handelt es sich um – die Gerichtsmedizin hat das bestätigt – Gilbert Pinewood.“
Entsetzt schlug sie die Hand vor ihren Mund. „Gil?“ Sie konnte nicht glauben, was sie da gehört hatte. Fassungslos schüttelte sie ihren Kopf.
„Es tut mir leid, Harper.“
„Er hat gesagt, er wäre in Kanada, geschäftlich. Mein Vater will expandieren …“ Doch dann fiel ihr wieder ein, dass Gilbert sie schon einmal belogen hatte. Er hatte behauptet, an seinem Geburtstag arbeiten zu müssen. In Wahrheit hatte er eine Schwarzhaarige in seiner Küche gevögelt. Damals hatte ihn diese Lüge seine Beziehung gekostet. Diesmal vermutlich sogar sein Leben.
11.
„Soll ich deinen Ex für dich töten?“ Dieser Satz hallte in Storm wider, als sie in ihrem Büro saß und versuchte sich auf die eingegangenen E-Mails zu konzentrieren. Malcolm störte sie nicht. Er bombardierte sie nicht mit Fragen, sondern gab ihr Zeit. Das tat er immer. Commissioner Lombard hatte sie gebeten, die neuen Informationen für sich zu behalten, denn er hasste Getratsche und würde den Kollegen die Laborergebnisse ohnehin mittags in der Besprechung mitteilen.
Irgendwann hielt sie es jedoch nicht mehr aus. Sie erzählte Malcolm alles, es sprudelte förmlich aus ihr heraus. Schweigend hörte er zu und unterbrach sie kein einziges Mal. Sie endete mit der Frage: „Meinst du, der Wachsmörder hat Gilbert umgebracht?“
„Warum sollte er?“ Malcolm zog seine violett-gelbe Lakers-Kappe aus und legte
Weitere Kostenlose Bücher