Opferlämmer
postieren, bis ein offizielles Team zur verdeckten Überwachung abgeordnet werden konnte, nur für den Fall, dass Galt doch noch versuchen würde, sich zurück in die Wohnung zu schleichen.
Pulaski ging nun um die Ecke und in die menschenleere Gasse hinter dem Haus. Er öffnete den Wagen und lud die Beweise ein.
Dann schlug er den Kofferraumdeckel zu und schaute sich nervös um.
All das Metall um ihn herum, überall Metall.
Verdammt noch mal, reiß dich gefälligst zusammen! Er setzte sich hinter das Lenkrad und wollte den Schlüssel ins Zündschloss stecken. Doch er zögerte. Der Wagen hatte die ganze Zeit hier hinten in der Gasse gestanden, weit weg von der Wohnung, um Galt gegebenenfalls nicht vorzuwarnen. Der Täter befand sich noch auf freiem Fuß … konnte er da nicht zurückgekehrt sein und Pulaskis Auto irgendwie manipuliert haben?
Nein, das war zu weit hergeholt.
Pulaski verzog das Gesicht, ließ den Motor an und legte den Rückwärtsgang ein.
Sein Telefon summte. Er sah auf das Display. Es war Jenny, seine Frau. Er überlegte. Nein, er würde sie später zurückrufen. Er steckte das Telefon wieder ein.
Als er aus dem Wagenfenster schaute, fiel ihm an der Seite eines Gebäudes ein Verteilerkasten auf, aus dem drei dicke Kabel entsprangen. Pulaski erschauderte und drehte den Zündschlüssel. Der Anlasser gab das laute Mahlen von sich, das typisch war, wenn der Motor bereits lief, doch der junge Beamte dachte, er habe irgendeine Stromfalle ausgelöst, bekam Panik und stieß die Wagentür auf. Sein Fuß rutschte ab und landete auf dem Gaspedal. Der Crown Victoria schoss mit durchdrehenden Reifen nach hinten. Pulaski trat auf die Bremse.
Doch da ertönte bereits ein schreckliches Aufprallgeräusch, gefolgt von einem Schrei. Aus dem Augenwinkel sah Pulaski einen Mann mittleren Alters, der mit einem Einkaufswagen voller Lebensmittel die Gasse überquert hatte. Der Fußgänger wurde gegen die Wand geschleudert und brach auf den Pflastersteinen zusammen. Aus seinem Kopf strömte Blut.
… Vierzig
Amelia Sachs wollte Joey Barzan befragen.
»Wie geht es Ihnen?«
»Ja. Ich glaube schon.«
Sie war sich nicht sicher, was er meinte – er wusste es vermutlich selbst nicht. Ein Sanitäter war über Barzan gebeugt. Sie befanden sich immer noch in dem Tunnel unter dem Battery Park Hotel.
»Sie haben eine Gehirnerschütterung und etwas Blut verloren«, teilte der Helfer dem Patienten mit, der benommen auf dem Boden saß und an der Wand lehnte. »Aber Sie kommen wieder in Ordnung.«
Es war Bob Cavanaugh gelungen, die Leitung abzuschalten, die Galt für seine Falle angezapft hatte. Sachs hatte sich mit Sommers’ Detektor davon überzeugt, dass kein Strom mehr floss, und Barzan dann so schnell wie möglich von dem Kupferdraht befreit.
»Was ist passiert?«, fragte sie ihn nun.
»Es war Ray Galt. Ich bin ihm hier über den Weg gelaufen. Er hat mich mit einem Werkzeughalter k. o. geschlagen. Als ich wieder zu mir gekommen bin, hatte er mich schon an die Leitung angeschlossen. O mein Gott. Das waren sechzigtausend Volt, ein Feeder für die U-Bahn. Falls Sie mich berührt hätten oder ich ein paar Zentimeter zur Seite gerollt wäre… o mein Gott.« Dann blickte er auf. »Ich habe die Sirenen auf der Straße gehört. Und dann dieser Geruch. Was ist passiert?«
»Galt hat das Hotel neben dem College unter Strom gesetzt.«
»Du meine Güte. Wurde jemand verletzt?«
»Es hat Tote gegeben. Genaueres weiß ich noch nicht. Wohin ist Galt gegangen?«
»Keine Ahnung, da war ich noch bewusstlos. Falls er nicht durch das Schulgebäude abgehauen ist, muss er da entlang gelaufen sein, durch den Schacht.« Er blickte zur Seite. »Von dort aus kann man mehrere U-Bahn-Tunnel und -Haltestellen erreichen. «
»Hat er irgendwas gesagt?«, fragte Sachs.
»Eigentlich nicht.«
»Wo war er, als Sie auf ihn gestoßen sind?«
»Gleich hier vorn.« Er zeigte auf eine Stelle in drei Metern Entfernung. »Sie können erkennen, wo er die Leitung angezapft hat. Er hat eine Art Kasten auf das Kabel gesetzt. So was habe ich noch nie gesehen. Und er hat auf seinem Computer die Baustelle und das Hotel beobachtet. Als wäre er an eine Überwachungskamera angeschlossen.«
Sachs stand auf und musterte das Kabel. Es war vom selben Typ der Marke Bennington wie das am Vortag an der Bushaltestelle. Von dem Computer war nichts zu sehen, auch nicht von dem Werkzeughalter, aber sie konnte sich noch an Sommers’ Beschreibung erinnern: wie ein
Weitere Kostenlose Bücher