Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
der Arbeit nie mit ihren Vornamen an. Jetzt hätte er es beinahe doch getan. »Gut. So ist er also ins Innere gelangt.«
    »Muss wohl.«
    Da sah er Thom auf sich zukommen. Der Betreuer nahm das Blutdruckmessgerät und wickelte die Manschette um Rhymes Arm.
    »Lass das …«
    »Ruhe«, befahl Thom. »Du bist rot, und du schwitzt.«
    »Weil wir gerade einen verfluchten Zwischenfall an einem Tatort hatten, Thom.«
    »Hast du Kopfschmerzen?«
    Hatte er. »Nein«, sagte er.
    »Lüg nicht.«
    »Ein wenig. Nicht der Rede wert.«
    Thom drückte das Stethoskop in Rhymes Armbeuge. »Verzeihung, Amelia. Er muss jetzt für dreißig Sekunden mal still sein.«
    »Kein Problem.«
    Rhyme wollte erneut protestieren, kam dann aber zu einem
anderen Schluss: Je eher er sich den Blutdruck messen ließ, desto eher würde er weiterarbeiten können.
    Er schaute zu, wie die Manschette sich aufblies und Thom angestrengt lauschte, während die Luft wieder entwich. Von alldem spürte Rhyme nichts. Dann öffnete der Betreuer lautstark den Klettverschluss.
    »Dein Blutdruck ist hoch, und ich möchte sichergehen, dass er nicht noch weiter steigt. Also werde ich mich nun erst mal um einige Dinge kümmern.«
    Eine höfliche Umschreibung für das, was Rhyme derb als »Pinkeln und Kacken« bezeichnete.
    »Was ist bei euch los, Thom?«, fragte Sachs. »Alles in Ordnung? «
    »Ja.« Rhyme bemühte sich, möglichst ruhig zu klingen. Und die Tatsache zu verbergen, dass er sich seltsam verletzlich fühlte – ob nun wegen Amelias beinahe tödlich verlaufenem Einsatz oder aufgrund seiner generellen körperlichen Verfassung.
    Das alles war ihm außerdem peinlich.
    »Sein Blutdruck ist ziemlich in die Höhe geschossen«, sagte Thom. »Wir müssen das Telefonat beenden.«
    »Wir bringen dir die Beweismittel, Rhyme. In einer halben Stunde sind wir da.«
    Thom streckte die Hand aus, um die Verbindung zu unterbrechen, als Rhyme plötzlich eine Eingebung hatte. »Moment noch«, rief er und meinte damit sowohl Thom als auch Sachs.
    »Lincoln«, protestierte der Betreuer.
    »Bitte, Thom. Nur zwei Minuten. Es ist wichtig.«
    Obwohl die höfliche Bitte ihn eindeutig misstrauisch machte, nickte Thom widerstrebend.
    »Ron hat nach der Stelle gesucht, an der unser Täter in den Schacht gelangt ist, nicht wahr?«
    »Ja.«

    »Ist er da?«
    Sachs’ ruckelndes, körniges Abbild schaute sich um. »Ja.«
    »Hol ihn vor die Kamera.«
    Er hörte, wie sie den Beamten zu sich rief. Gleich darauf nahm Pulaski vor dem Laptop Platz und blickte Rhyme aus dem Monitor entgegen. »Ja, Sir?«
    »Haben Sie herausgefunden, wo er in den Tunnel hinter dem Umspannwerk gestiegen ist?«
    »Mhm.«
    »Bitte? Hat Ihnen etwa irgendwas die Sprache verschlagen, Grünschnabel?«
    »Verzeihung. Ja, habe ich.«
    »Und wo?«
    »In einer Gasse ein Stück die Straße hinauf gibt es einen Einstieg der Algonquin Power, durch den man zu den Dampfrohren der Fernwärme gelangt. Der Zugang führt nicht direkt zum Umspannwerk, aber nach sechs oder acht Metern bin ich auf ein Gitter gestoßen, in das jemand eine Öffnung geschnitten hatte. Groß genug, um hindurchzusteigen. Der herausgetrennte Teil war wieder eingefügt worden, aber ich konnte die Schnittstellen erkennen.«
    »Und die waren frisch?«
    »Korrekt.«
    »Weil sich an ihnen noch kein Rost gebildet hatte?«
    »Genau. Hinter dem Gitter kommt man zu dem besagten Schacht. Der ist übrigens ziemlich alt. Vielleicht wurde früher auf diesem Weg Kohle oder irgendwas anderes angeliefert. Jedenfalls erreicht man so die Luke, die Amelia gefunden hat. Ich war am anderen Ende des Tunnels, als sie das Ding ausgebaut hat, und konnte das Licht sehen. Dann habe ich die Explosion der Batterie und den Schrei gehört. Ich bin direkt durch den Schacht zu ihr gelaufen.«
    Rhymes Schroffheit fiel von ihm ab. »Danke, Pulaski.«

    Es war ein irgendwie peinlicher Moment. Rhyme verteilte so selten Komplimente, dass die Leute meistens nicht wussten, was sie damit anfangen sollten.
    »Trotzdem habe ich mich bemüht, den Tatort so wenig wie möglich zu verunreinigen.«
    »Wenn ein Leben in Gefahr ist, brauchen Sie diesbezüglich keinerlei Rücksicht zu nehmen. Denken Sie in Zukunft daran. «
    »Werde ich.«
    »Haben Sie den Einstieg und das durchtrennte Gitter auf Spuren untersucht? Den Tunnel auch?«
    »Ja, Sir.«
    »War irgendwas Besonderes dabei?«
    »Bloß Fußabdrücke. Aber ich habe Partikelspuren gesichert.«
    »Wir werden sehen, was sich daraus ergibt.«
    »Lincoln?«,

Weitere Kostenlose Bücher