Opferlämmer
Kabels installiert?«, erwiderte er.
Sie gelangten beide zu dem gleichen Schluss, aber Rhyme sprach ihn als Erster laut aus: »Weil es im Keller etwas gibt, das eine größere Bedrohung für ihn bedeutet.« Er hielt inne. »Doch wie entsteht das Geräusch? Der Strom ist doch abgestellt. «
»Es klingt auch nicht nach Intervallen von einer Sekunde, Rhyme. Eventuell ist es gar keine Zeitschaltuhr.« Sie blickte über das Geländer, achtete aber darauf, das Metall nicht zu berühren.
»Es ist dunkel«, sagte Rhyme. »Ich kann kaum etwas erkennen. «
»Ich gehe nachsehen.« Und dann betrat sie die Wendeltreppe nach unten.
Die metallene Wendeltreppe.
Drei Meter, viereinhalb, sechs. Vereinzelte Lichtstrahlen der Halogenscheinwerfer trafen hier unten auf Teile der Wände, aber nur im oberen Bereich. Darunter war es düster, und es hing immer noch Qualm in der Luft. Amelia atmete flach und musste sich zwingen, nicht zu husten. Als sie unten ankam, zwei volle Etagen unter dem Erdgeschoss, sah sie so gut wie nichts; das Licht ihrer Lampe wurde vom Rauch zurückgeworfen. Leider stand ihr nichts anderes als diese Lampe in ihrem Stirnband zur Verfügung, also drehte sie den Kopf von links nach rechts und ließ den Anblick der unzähligen Kästen und Geräte und Kabel und Schalttafeln auf sich einwirken.
Sie zögerte und überprüfte den Sitz ihrer Waffe. Dann stieg sie von der letzten Stufe.
Und keuchte auf, als ein Schock ihren Körper durchzuckte.
»Sachs! Was war das?«
Ihr war völlig entgangen, dass der Keller einen halben Meter unter eiskaltem Wasser stand. Sie hatte es im Rauch nicht sehen können.
»Wasser, Rhyme. Damit habe ich nicht gerechnet. Und sieh
mal.« Sie blickte auf eine Stelle etwa drei Meter über ihrem Kopf. Dort leckte eine Wasserleitung.
Daher stammte das Geräusch. Kein Ticken, sondern tropfendes Wasser. Der Gedanke an Wasser in einem Umspannwerk – welch ein ungeheures Risiko! – war dermaßen widersinnig, dass sie nie im Leben auf diese Ursache gekommen wäre.
»Ist das durch die Explosion passiert?«
»Nein. Er hat ein Loch gebohrt, Rhyme. Ich kann es sehen. Zwei Löcher. Es läuft auch jede Menge Wasser die Wand herunter – deshalb steht es hier schon so hoch.«
Ist Wasser nicht ein genauso guter elektrischer Leiter wie Metall?, dachte Sachs.
Und sie stand mittendrin, gleich neben einer Reihe von Drähten und Schaltern und Anschlüssen über einem Schild:
GEFAHR!
138 000 VOLT
Rhymes Stimme ließ sie zusammenfahren. »Er flutet den Keller, um Spuren zu vernichten.«
»Stimmt.«
»Sachs, was ist das? Ich kann es nicht genau erkennen. Dieser Kasten. Der große. Sieh nach rechts … Ja, dort. Was ist das?«
Ah, endlich.
»Das ist die Batterie, Rhyme. Die Notfallbatterie.«
»Ist sie geladen?«
»So wurde mir gesagt. Aber ich weiß nicht …«
Sie watete näher heran und schaute nach unten. Eine Anzeige auf der Batterie verriet, dass sie tatsächlich geladen war. Für Sachs sah es sogar so aus, als wäre sie überladen. Die Nadel stand jenseits der 100 Prozent. Dann fiel ihr noch etwas ein, das der Mann von der Algonquin gesagt hatte: dass die Pole durch Isolierkappen geschützt seien.
Nur stimmte das nicht. Sie wusste, wie solche Schutzkappen aussahen, und diese Batterie hatte keine. Die beiden metallenen Pole, an denen jeweils ein dickes Kabel befestigt war, lagen frei.
»Das Wasser steigt. In ein paar Minuten erreicht es die Pole.«
»Ist die Ladung stark genug, um noch so einen Lichtbogen auszulösen?«
»Keine Ahnung, Rhyme.«
»Es muss so sein«, flüsterte er. »Er benutzt den Lichtbogen, um etwas zu zerstören, das uns zu ihm führen könnte. Etwas, das er nicht mitnehmen oder eigenhändig zerstören konnte. Lässt das Wasser sich abstellen?«
Sie schaute sich um. »Ich kann keine Hähne entdecken … Moment.«
Sachs sah sich weiter im Keller um. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, was er hier zerstören will.« Doch dann entdeckte sie es: Direkt hinter der Batterie, ungefähr einen Meter zwanzig über dem Boden, gab es eine Zugangsluke. Sie war nicht groß – knapp fünfzig mal fünfzig Zentimeter.
»Das ist es, Rhyme. So ist er reingekommen.«
»Auf der anderen Seite muss sich ein Abwasserkanal oder Versorgungsschacht befinden. Aber lass gut sein. Pulaski kann den Zugang von der Straße aus zurückverfolgen. Mach, dass du abhaust. «
»Nein, Rhyme, sieh doch – die Luke ist wirklich eng. Er hat sich hindurchquetschen müssen. Da dran sind mit Sicherheit
Weitere Kostenlose Bücher