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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Fernsehkanälen gab es Hunderte. Doch der Alltag des Mannes blieb nahezu gleich. Dellray senior liebte seinen akademischen, vor allem philosophischen Elfenbeinturm, und, ach, wie sehr hatte er sich gewünscht, sein Sohn würde ihm nacheifern und das Wesen der menschlichen Existenz ergründen. Also hatte er versucht, die entsprechende Begeisterung zu wecken.
    Bis zu einem gewissen Grad war es ihm gelungen. Der neugierige, hochintelligente, scharfsichtige junge Fred entwickelte tatsächlich ein starkes Interesse an allen Facetten des Lebens: Metaphysik, Psychologie, Theologie, Epistemologie, Ethik und Politik – es faszinierte ihn alles gleichermaßen. Doch schon nach einem Monat als wissenschaftlicher Assistent wurde ihm klar, dass er verrückt werden würde, wenn er seine Fähigkeiten nicht auch in die Praxis umsetzte.
    Und da er sich noch nie für den einfachsten Weg entschieden hatte, wählte er die härteste und intensivste praktische Anwendung der Philosophie, die ihm einfiel.
    Er bewarb sich beim FBI.
    Veränderungen …
    Der Vater verzieh dem abtrünnigen Sohn, und sie trafen sich zu Kaffee und langen Spaziergängen im Prospect Park, in deren Verlauf sie erkannten, dass zwar ihre Tätigkeiten und Vorgehensweisen sich unterscheiden mochten, nicht jedoch ihre Ansichten und Erkenntnisse.

    Die menschliche Existenz … der Vater beobachtete sie und schrieb darüber, der Sohn erlebte sie aus erster Hand.
    Es mochte zunächst absurd erscheinen, aber Freds großes Interesse für und seine Einblicke in die Natur des Menschen machten ihn zu einem perfekten verdeckten Ermittler. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen, deren Schauspielkünste und Repertoires begrenzt waren, konnte Dellray buchstäblich eine andere Identität annehmen.
    Einmal, während er als vermeintlicher Obdachloser auf den Straßen New Yorks in der Nähe seiner Dienststelle unterwegs war, kam sein damaliger Vorgesetzter zufällig an ihm vorbei und ließ eine Münze in seinen Becher fallen, ohne ihn zu erkennen.
    Ein größeres Kompliment hätte er Dellray gar nicht machen können.
    Fred war ein Chamäleon. In einer Woche ein Meth-Süchtiger, dessen ausgebranntes Hirn um nichts als die Droge kreiste. In der nächsten ein südafrikanischer Diplomat, der Atomgeheimnisse verkaufen wollte. Dann die rechte Hand eines somalischen Imams, voller Hass auf Amerika, mit hundert Koranzitaten auf den Lippen.
    Er besaß Dutzende von Verkleidungen – teilweise gekauft, teilweise selbst angefertigt –, die er im Keller des Hauses lagerte, das er und Serena vor einigen Jahren in Brooklyn erworben hatten. Und er war beruflich aufgestiegen, was zwangsläufig geschah, wenn jemand so viel Tatkraft, Geschick und uneingeschränkte Kollegialität an den Tag legte. Mittlerweile fungierte Dellray als Führungsbeamter für andere verdeckte Ermittler des FBI sowie für zivile Informanten – vulgo Spitzel –, wenngleich er bisweilen immer noch persönlich an vorderster Front tätig wurde. Und daran so viel Freude hatte wie eh und je.
    Doch dann kamen die Veränderungen.
    Das digitale Umfeld …
    Dellray bestritt nicht, dass sowohl die guten als auch die bösen
Jungs zunehmend raffinierter und technikorientierter vorgingen. Die Verlagerung war offensichtlich: Aus HUMINT – der Sammlung von Informationen durch Kontakte von Mensch zu Mensch – wurde SIGINT.
    Doch Dellray konnte sich mit diesem Phänomen einfach nicht anfreunden. Als junge Frau hatte Serena sich gewünscht, Popsängerin zu werden. Sie war eine begabte Tänzerin – ob nun Ballett, Jazz oder Modern –, aber sie besaß nun mal keine überzeugende Singstimme. Bei Dellray war es vergleichbar, sobald es um die neue Art der Strafverfolgung mittels Daten, Zahlen und Technologie ging.
    Also hielt er weiterhin Verbindung zu seinen Spitzeln und führte eigene verdeckte Ermittlungen durch, um Ergebnisse zu erzielen. Doch angesichts von McDaniel und seinem Tee-und-Kaffee-Team – oh, Verzeihung, Tucker – seinem Technik-und-Kommunikations -Team kam der altmodische Dellray sich, nun ja, alt vor. Der ASAC war scharfsinnig, arbeitete hart – zumeist etwa sechzig Stunden pro Woche – und hatte Rückgrat; falls nötig, würde er seine Agenten auch gegenüber dem Präsidenten in Schutz nehmen. Und seine Methoden funktionierten; letzten Monat hatten McDaniels Leute durch die Auswertung verschlüsselter Satellitentelefonate genügend Erkenntnisse gewonnen, um eine fundamentalistische Zelle in einem Vorort von Milwaukee

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