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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Anzeichen für Dellrays nachlassende Fähigkeiten?
    Er bedeutete Brent, sich zu setzen. Der Mann trug einen schwarzen Anzug, der schon bessere Tage gesehen hatte, und wirkte völlig unscheinbar. Er hatte leichtes Übergewicht, einen wachen Blick und nach hinten gekämmtes, mit Spray fixiertes Haar. Das Metallgestell seiner Brille war schon unmodisch gewesen, als er noch für Dellray gearbeitet hatte. Aber es war praktisch. Und damit typisch für William Brent.
    Der Informant schlug die Beine übereinander und warf einen Blick auf den Baum. Er trug Socken mit Rautenmuster und verschrammte Mokassins.
    »Geht’s gut, Fred?«
    »Ja. Viel zu tun.«
    »Wie immer.«
    Dellray fragte gar nicht erst, was Brent in letzter Zeit gemacht hatte. Oder auch nur, wie sein aktueller Name lautete. Oder was sein Beruf war. Es wäre reine Zeitverschwendung gewesen.
    »Jeep. Seltsame Kreatur, nicht wahr?«
    »Ja«, pflichtete Dellray ihm bei.
    »Was glauben Sie, wie lange hat er noch zu leben?«
    Dellray hielt inne, gab dann aber eine ehrliche Antwort. »Drei Jahre.«
    »Hier. Aber falls das mit Atlanta klappt, bleibt ihm vermutlich noch eine Weile. Sofern er sich nicht zu dumm anstellt.«
    Dellray hatte nicht gewusst, wohin genau Jeep wollte. Brents umfassende Kenntnisse bestärkten ihn in seiner Absicht.
    »Wissen Sie, Fred, ich verdiene meinen Lebensunterhalt inzwischen mit ehrlicher Arbeit. Was also mache ich hier?«
    »Sie sind aufmerksam.«

    »Aufmerksam?«
    »Deshalb habe ich so gern mit Ihnen gearbeitet. Sie haben stets aufgepasst. Genau hingehört. Ich schätze, das ist immer noch so.«
    »Geht es um diese Explosion an der Bushaltestelle?«
    »Ja.«
    »Irgendein elektrischer Defekt.« Brent lächelte. »So hieß es in den Nachrichten. Ich habe mich schon immer gefragt, warum wir dermaßen auf die Medien fixiert sind. Wieso sollte ich denen glauben? Sie erzählen uns, dass untalentierte Schauspieler und neunundzwanzigjährige Popstars mit Riesentitten und Kokainproblemen sich schlecht benehmen. Warum sollten wir dem mehr als eine Millisekunde unserer Aufmerksamkeit schenken? … Diese Bushaltestelle, Fred. Da ist was anderes passiert.«
    »Es ist was anderes passiert.« Bei Jeep war Dellray in eine Rolle geschlüpft. Wie aus einem Fernsehfilm, melodramatisch. Hier bei William Brent wurde er jedoch zum Method Actor. Differenziert und ungekünstelt. Seinen Text hatte er im Laufe der Jahre einstudiert, aber die Darbietung kam von Herzen. »Und ich muss unbedingt wissen, was.«
    »Ich habe auch gern mit Ihnen gearbeitet, Fred. Sie waren … schwierig, aber immer aufrichtig.«
    Dann liegt ein Viertel des Weges zur dharmischen Erleuchtung ja schon hinter mir, dachte Dellray. »Können Sie mir weiterhelfen? «
    »Ich bin im Ruhestand. Als Spitzel zu arbeiten kann schädlich für die Gesundheit werden.«
    »Es kehren ständig Leute aus dem Ruhestand zurück. Die Wirtschaft liegt am Boden. Die Rentenschecks fallen kleiner aus als gedacht.« Dellray sah ihn an. »Also, können Sie mir weiterhelfen? «
    Brent betrachtete die Ulme. Lange, lange fünfzehn Sekunden verstrichen. »Ich werde mich mal umhören. Verraten Sie mir ein
paar Einzelheiten, damit ich einschätzen kann, ob es meine Zeit und das Risiko wert ist. Für uns beide.«
    Für uns beide?, wunderte Dellray sich. »Bislang wissen wir nur wenig. Es gibt eventuell eine Terrorgruppe mit Namen ›Gerechtigkeit für was auch immer‹. Der Anführer könnte ein gewisser Rahman sein.«
    »Und die stecken hinter dem Vorfall an der Haltestelle?«
    »Vielleicht. Außerdem jemand, der womöglich bei dem Energieunternehmen arbeitet. Über den haben wir gar nichts. Mann, Frau, keine Ahnung.«
    »Was genau ist dort passiert, das bis jetzt verschwiegen wird? Eine Bombe?«
    »Nein. Der Täter hat das Stromnetz manipuliert.«
    Brent zog hinter seiner altmodischen Brille eine Augenbraue hoch. »Das Netz. Elektrizität… überlegen Sie mal. Das ist schlimmer als ein selbst gebastelter Sprengsatz … Der Weg für die potenzielle Explosion ist bereits gelegt, in jedermanns Haus, in jedermanns Büro. Der Kerl muss bloß noch ein paar Schalter umlegen, und schon bin ich tot. Oder Sie. Und das wäre kein schönes Ende.«
    »Deshalb bin ich hier.«
    »›Gerechtigkeit für irgendwas‹ … Haben Sie eine Vermutung, aus welcher Ecke die kommen?«
    »Nein. Islamisten, Arier, politisch, einheimisch, ausländisch, öko. Wir wissen es nicht.«
    »Wie sind Sie auf diesen Namen gestoßen? Und ist das eine

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