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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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Tier beugten. »Nicht schlecht für das erste Mal. Du hast es ohne nachzudenken getan, Eddie. Wie ein echter Jäger.«
    Mit immer noch hämmerndem Herzen sah Edmund auf seine Beute hinunter.
    »Wird sich gut machen an der Wand«, sagte Claude Lambert mehr zu sich selbst. »Es war richtig von mir, dich zum Jäger zu machen. Und dir beizubringen, wie man geradlinig denkt.«
    Er markierte den Bock am Ohr und bedeutete dem Jungen, ihm zu helfen. Sie drehten den Kadaver auf den Rücken, der Kopf ruhte auf einem großen Geflecht freiliegender Baumwurzeln. Dann zog der Alte ein Jagdmesser aus seinem Gürtel, kniete nieder und begann, den Bock unterhalb des Brustbeins aufzuschneiden. Er arbeitete flink, mit Zeige- und Mittelfinger als Führung und schnitt dem Hirsch der Länge nach den Bauch auf. Edmund hatte seinen Großvater schon häufig Hirsche auf der Farm ausweiden sehen, und als er langsam Magen und Gedärme herausschnitt, wusste der Junge, dass der Alte darauf achtete, die Organe nicht zu verletzen, damit das Fleisch nicht kontaminiert wurde.
    Aber etwas war diesmal anders. Edmund spürte es im ganzen Körper, ein angenehmes Vibrieren, verbunden mit einem unheimlichen Gefühl ruhiger Erwartung. Es war, als hätte er diese Szene vor vielen Jahren in einem Film gesehen, einem Film mit einem Jungen in der Hauptrolle, der so wie er aussah, aber er konnte sich nicht genau erinnern, was der Junge als Nächstes tun würde.
    C’est mieux d’oublier.
    Jetzt beobachtete er, aber er wurde auch mit dem Jungen nach unten auf die Knie gezogen. Er konnte eine Stimme hören, die ihnen beiden Kommandos erteilte – er hörte keine richtigen Worte, verstand aber nichtsdestoweniger, was die Stimme ihnen befahl.
    Dann ein Blinzeln, ein Rauschen, und Edmund und der Junge waren wieder eins.
    Das Vibrieren war verschwunden, aber die Ruhe blieb.
    Und jetzt war da nur das blutige Herz des Hirschs, das ihm sein Großvater entgegenstreckte.
    »Nimm es, Eddie«, sagte der Alte. »Du weißt, was du zu tun hast.«
    Edmund nahm das Herz aus den Händen seines Großvaters und führte es an den Mund. Er hielt nicht inne, um über seine Wärme, seine Nässe nachzudenken, sondern grub ohne zu zögern die Zähne in den zuckenden Muskel, biss ein Stück ab und schluckte es.
    46
    Als er erwachsen war, erkannte Edmund, dass der Jagdausflug nicht nur das letzte Mal gewesen war, dass ihm sein Großvater die Medizin heimlich gegeben hatte, sondern das letzte Mal, dass er sie ihm überhaupt gegeben hatte. Im Lauf der beiden Jahre nach dem Jagdausflug begann sich Edmund jedoch zu fragen, warum ihm sein Großvater nicht einmal nach wirklich üblen Schlägereien etwas von der Medizin anbot. Wie nach der mit dem Fänger, die dazu führte, dass er aus dem Baseballteam der Highschool flog.
    Sicher, Edmund hatte den ersten Schlag gesetzt, aber der Fänger hatte Edmund als Schwuchtel bezeichnet, weil er an diesem Tag keine Lust hatte, hart zu werfen. Edmund schoss wütend vom Werferhügel, aber ein anderer Spieler trat ihm in den Weg, als er das Home Plate gerade erreicht hatte, und ließ Edmunds Schlag ins Leere gehen. Der Fänger, ein großer, dicker Junge konnte ihm mühelos ausweichen, schob den anderen Spieler aus dem Weg und rang Edmund zu Boden. Edmund steckte noch ein paar Schläge ein, bevor er selbst einen landete. Und bestimmt hätte Edmund die Oberhand gewonnen, wenn der Trainer und andere Spieler nicht eingeschritten wären. Aber da Edmund zuerst zugeschlagen hatte, hieß es, er solle seine Sachen zusammensuchen und nicht wiederkommen.
    Claude Lambert war sehr enttäuscht gewesen, weil man seinen Enkel aus der Baseballmannschaft geworfen hatte. Er war sogar zur Schule gefahren und hatte versucht, mit dem Trainer zu reden, aber der wollte nichts davon wissen, Edmund wieder in die Mannschaft zu lassen. Es spielte keine Rolle, wie gut der Junge war, sagte er. Ein so unsportliches Verhalten sei einfach nicht hinnehmbar.
    Danach ließ sich der Alte zwei Wochen lang volllaufen. Oft, wenn Edmund von der Schule nach Hause kam, fand er ihn allein unten im Keller vor, der Geruch von Lakritze vermischt mit Zigarettenrauch wehte die Treppe herauf, und diese merkwürdige französische Musik lief im Hintergrund. Edmund hatte die Musik seit einer Ewigkeit nicht mehr gehört, und er konnte sich nicht erinnern, seinen Großvater je so erlebt zu haben – niedergeschlagen, reserviert, still. Rally schien ihn ebenfalls anders anzusehen, und wochenlang hatten die beiden

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