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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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ins Tierheim bringen mussten. Wobei es im Grunde Edmund war, der sich um all das kümmern musste. Rally kam einfach nur mit auf die Fahrt, wie er es immer tat. Claude Lambert zog es mehr und mehr vor, im Wohnhaus der Farm zu bleiben – hauptsächlich im Keller oder vor dem Fernseher im Wohnzimmer. Die beiden Männer waren inzwischen weit in den Siebzigern, im Ruhestand, und Edmund sah sie mittlerweile als verdammt nutzlos an; sie langweilten ihn, und er suchte sich oft einen Vorwand, aus dem Haus zu kommen.
    Aber die Katzen? Nun, das war ein Grund zu bleiben.
    Edmund wusste, wie man die wilden fangen konnte. Er hatte es schon getan, mit einer Dose Thunfisch und einer Holzkiste ohne Boden und einem Deckel mit Scharnier, die sein Großvater im alten Pferdestall aufbewahrte. Es gab keine Pferde mehr in der Scheune – nur der alte Van seines Onkel James und anderer Schrott, hinter dem Edmund seine Nacktmagazine versteckte. Edmund sah sie sich kaum noch an. Seit einem Jahr etwa verwirrte es ihn, sich Bilder anzusehen, auf denen nackte Männer und Frauen waren. Manchmal ertappte er sich dabei, wie seine Augen zu den Männern abschweiften, zu ihren Hintern und Brüsten. Edmund hielt sich nicht für einen »Arschficker«, wie sein Großvater und Rally es nannten. Er mochte immer noch Mädchen, er tat es immer noch gern mit Erin Jones und hoffte, es eines Tages auch mit Karen Blume zu tun.
    Aber trotzdem, manchmal spätnachts, wenn seine Gedanken auf Wanderschaft gingen …
    Es gab jedoch keine Verwirrung in Hinblick auf das, was Edmund mit der Katze tun wollte. Und eines Tages, als sein Großvater mit Rally in der Autowerkstatt war – der rundliche Alte hatte den Laden an einen Neffen verkauft, als er sich zur Ruhe setzte –, zog der fünfzehnjährige Edmund Lambert deshalb eine Wäscheleine durch ein Loch im geschlossenen Deckel der Kiste und hängte sie daran etwa einen Meter über dem Boden an den Ast eines Baums. Das andere Ende der Wäscheleine band er an ein Stuhlbein, ein paar Meter entfernt auf der Veranda. Dann klapperte er ein paar Mal mit dem Deckel einer Thunfischdose, machte vier davon auf und stellte sie unter die Kiste.
    Alle Katzen kamen sofort aus ihren Verstecken, aber nur die mit Namen rannten zu dem Fressen, während Edmund in der Nähe war. Die wollte Edmund nicht. Sein Großvater und Rally mochten diese Katzen und würden sie vermissen, sie würden vielleicht Fragen stellen und misstrauisch werden.
    Also saß Edmund auf der Veranda und wartete, er band die Wäscheleine los und hielt die Kiste in der Schwebe, bis sich die wilden Katzen näherten. Und sobald sich alle sechs um die besten Plätze an den Thunfischdosen drängelten, ließ er die Kiste fallen. Drei, darunter eine wilde, entkamen, aber die anderen saßen in der Falle – sie miauten und fauchten und schlugen in ihrer Angst an die Innenseite der Kiste. Edmund fühlte sich erregt, aber gleichzeitig so, als würde er nicht selbst handeln. Wie damals mit seinem Großvater im Wald, als er vom Herz des Hirschs aß; er fühlte sich, als stünde er ein Stück entfernt und würde einem Roboter zusehen, der von jemand anderem programmiert worden war.
    Doch wie auch immer, er wusste genau, was er zu tun hatte.
    Edmund ging zu der Kiste und hob die Mistgabel auf, die er an die andere Seite des Baums gelehnt hatte. Er hob den Deckel an, und es gelang ihm mit ein paar schnellen Manövern eine wilde Katze in eine Ecke zu treiben, während die beiden anderen flohen. Die Katze fauchte und kreischte und schlug mit der Pfote nach den Zinken der Gabel, die sie festhielten. Und dann spießte Edmund das Geschöpf ohne nachzudenken durch Rücken und Bauch auf. Die Katze stimmte ein Heulen an, sie begann zu zittern und mit den Tatzen nach sich selbst zu schlagen, beim Versuch zu entkommen. Aber Edmund stieß noch fester zu, dann hob er die Katze in die Luft, als würde er Heu wenden. Die Katze schrie schrill und fing an zu zucken, ihre Bewegungen spießten sie noch weiter auf die Gabel. Die anderen Katzen heulten jetzt ebenfalls, während sie aus dem Gehölz und unter der Veranda hervor zuschauten. Edmund hielt die Gabel von sich gestreckt, während sich die Katze in Krämpfen wand und ihr Blut auf den Stiel der Gabel und auf Edmunds Hand zu tropfen begann.
    Und dann war es vorbei.
    Edmund drehte den Stiel der Mistgabel in die weiche Erde, und als sie von allein stand, trat er einige Schritte zurück und bewunderte sein Werk. Sein Herz schlug wild, und er

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