Opfermal
Rally hatte »C’est mieux d’oublier« verstanden; er hatte diese Worte offensichtlich schon einmal gehört und hatte danach beinahe resigniert geklungen.
Und schien sich Rally seit Edmunds Rückkehr aus dem Irak nicht vor ihm gefürchtet zu haben? Auf eine Art gefürchtet, dass es um mehr gehen musste als um die Verbindung des Alten zu der illegalen Absinth-Produktion?
Edmund dachte über all das auf seiner Heimfahrt nach, durchforstete seine Erinnerung nach einer Antwort, aber sah nur den General; die silberne Stickerei der Formel und die Zeichen und Botschaften vom Gott des Krieges, die seit dem Tag seiner Geburt da gewesen waren.
Und als er wieder auf seiner Farm eintraf, war Edmund zu der Schlussfolgerung gekommen, dass Rally vielleicht die Veränderung gespürt hatte, die mit ihm vorgegangen war; gespürt hatte, dass die Zeit gekommen und Nergal zurückgekehrt war, um zu beanspruchen, was ihm rechtmäßig zustand.
Ja wirklich, dachte Edmund, da Rally die Botschaft Nergals in seinem Namen getragen hatte – den Nergal-Stein in dem Gene Ralston, das all die Jahre wie eine Tätowierung auf seiner Brust gewesen war –, vielleicht hatte Eugene »Rally« Ralston tief in seinem Innern den Schrecken erkannt, der mit ihm aus dem Irak zurückgekehrt war.
»Ich bin zurückgekehrt«, sagte Edmund zu sich selbst, als er vor dem Haus hielt. Er spürte auch Nergal aus sich sprechen und sah hinunter auf seine Brust, auf die linke Tasche, wo er halb einen Namensaufnäher zu sehen erwartete. Natürlich war da keiner, aber Edmund sah das Potenzial für seinen eigenen Nergal-Stein darunter. Etwas Dauerhafteres. Etwas, das nicht zerstört oder weggerissen werden konnte wie Rallys silberner Namenszug. Etwas, das so dauerhaft war wie der Nergal-Stein selbst.
Eine Tätowierung. Aber von was?
Die Antwort würde ihm früher oder später zuteilwerden, dachte er. Und sobald er sicher sein konnte, dass die Angelegenheit mit Rally und dem illegalen Absinth endgültig vorbei war, würde er anfangen müssen, das Haus vorzubereiten. Er wusste, was getan werden musste, aber er wusste nicht genau, wie. Auch das würde ihm alles irgendwann enthüllt werden, dachte er.
In Nergals Botschaften.
Aber würde Edmund Lambert klug genug sein, all die Botschaften zu entschlüsseln? Würde er sich als würdig erweisen, am Ende Seite an Seite mit Nergal zu stehen?
Edmund holte tief Luft und befahl sich, sich über all das keine Sorgen zu machen. Denn wenn er an seiner Brust vorbei auf seinen Bauch hinunterschaute, wenn er an das Suchen dachte und tief in seinem Bauch danach Ausschau hielt, flüsterte ihm ein leichter Wind durch das Fenster in seinem Geist zu: Endlich, Edmund, endlich.
Ja, nach all den Jahren war das Suchen vorbei.
Nach all den Jahren hatte er die Antwort endlich gefunden.
Teil 4
Austritt
54
Namen, Namen und noch mehr Namen – Tausende, die verstreut vor ihm lagen –, aber Andy Schaap hielt die Hoffnung hoch.
Der Friedhof.
Ja, dachte er, während er seinen Ring auf dem Schreibtisch hüpfen ließ. Der Friedhof war der Startpunkt für den Pfähler. Der erste Stern in seinem persönlichen Logo. Der Stern, von dem aus er den Rest seines Sternbilds baute.
Aber warum der Friedhof? Weil es für den Pfähler hier eine Verbindung gab, die über den Namen Lyons hinausging. Davon war Schaap überzeugt. Jemand, der ihm wichtig war, lag hier begraben, jemand, der mit der Identität auf Erden in Verbindung stand, die in den Augen des Löwen am Himmel nachgezeichnet werden musste. Rodriguez und Guerrera genau östlich außerhalb der Mauer von der Grabstelle der Lyons aufzustellen war nur ein Teil der Gleichung, genau wie die Verbindung des Friedhofs zu den anderen Mordstätten, die das Logo des Starlight Theaters ergaben.
All das war natürlich reine Theorie, und bislang stützten sich seine Annahmen auf nichts weiter als sein Bauchgefühl angesichts der Beweislage. Doch Andy Schaap war sich sicher, auf der richtigen Spur zu sein, und diese kleine Nebenermittlung würde sein Baby werden. Er hatte die Friedhofsunterlagen kurz nach Markhams Abreise erhalten. Das war gut. Das bedeutete, er konnte seine Spuren allein verfolgen. Vielleicht bekam er ja doch auch ein wenig Anerkennung für all seine harte Arbeit ab.
Natürlich war ihm klar, dass er ein bisschen Eifersucht auf Markham entwickelte. Aber behielt Markham nicht ebenfalls Dinge für sich, wenn er an einem Fall arbeitete? Hatte er nicht auf diese Weise Jackson Briggs
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