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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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mussten. Eine Lücke, die zwischen der 9 und der 3 geschlossen werden musste.
    Ja, dachte der General. Der Prinz brauchte einen neuen Eingang. Das würde die Wunde zwischen ihnen heilen und die Gleichung wieder ins Lot bringen. Das würde dem Prinzen beweisen, dass die 9 und die 3 wieder zusammen waren.
    Als der General den Löwenkopf auf seinen richtigen Platz zurücklegte, fühlte er, wie er von Reue durchflutet wurde. Er hoffte, der Prinz, wo immer er sich tagsüber aufhielt, konnte spüren, wie leid es ihm tat. Er nahm an, dass er es konnte, denn der Prinz und der General waren immer in den Sternen miteinander verbunden. Sie waren es immer gewesen, und beide waren nun schon zu weit gegangen, um noch umzukehren.
    Wie lautete diese Zeile aus Macbeth , die Bradley Cox so erbärmlich aufsagte? Ich bin einmal so tief in Blut gestiegen, dass, wollt’ ich nun im Waten stille stehn, Rückkehr so schwierig wär, als durchzugehn.
    Macbeth. Bradley Cox. Teil der Gleichung? Alles miteinander verbunden?
    Etwas war da.
    Zack-zack – eine Erinnerung? Ein Traum aus der Nacht zuvor? – Und plötzlich verstand der General, warum der Prinz gewollt hatte, dass er zu der Party ging.
    Bradley Cox.
    Der Prinz hatte Bradley Cox gewollt – den selbstverliebten Schauspieler, den eitlen und promisken Sünder. Das musste es sein. Aber der junge Mann namens Edmund Lambert hatte zugelassen, dass ihm sein Leichtsinn und seine Besessenheit von Ereshkigal in die Quere kamen. Und jetzt war es zu spät. Wenn er jetzt Cox als Soldat annahm, würden sich die Behörden wegen der öffentlichen Auseinandersetzung zwischen den beiden als Erstes auf Edmund stürzen.
    Oder doch nicht?
    Der General wusste von seinen früheren Besprechungen mit dem Prinzen, wo dieser seinen nächsten Soldaten geopfert haben wollte. Und dort würden ihn die Behörden mit Sicherheit nie finden. Außerdem konnte es der General so aussehen lassen, als sei Cox verschwunden; er konnte es so aussehen lassen, als hätte er Selbstmord begangen oder sei vielleicht im Fluss Tar ertrunken, als er betrunken darin geschwommen war. Ja, dachte der General, solange die Behörden Bradley Cox’ Leiche nicht fanden, würden sie seinen Tod vielleicht nie mit Vlad dem Pfähler in Verbindung bringen. Und selbst wenn sie es taten, würden der General und der Prinz längst fort sein, bis sie sich alles zusammengereimt hatten.
    Es klang logisch – aber der General musste darüber nachdenken. Es ging alles zu schnell. Er konnte sich nie mehr sicher sein – er war zu abhängig von den Eingängen zur Bestätigung der Botschaft des Prinzen geworden, er brauchte Zeit, alles genau zu durchdenken. Vielleicht sollte Cox der Eingang selbst sein. Vielleicht …
    Der Schnitt auf seiner Brust schrie auf, und der General verstand. Er verschwendete seine Zeit mit Raten. Eins nach dem andern, und anfangen musste er damit, seine Schweinerei hier sauber zu machen.
    Der General stieg vom Keller die Stockwerke ins obere Badezimmer hinauf. Er machte die Dusche an und stellte sich darunter. Seine Wunde brannte schmerzhaft unter dem heißen Wasser, aber der General biss die Zähne zusammen und ertrug es – er wusch sich gründlich, dann stand er da und dachte nach, bis das heiße Wasser aus war. Die Kälte fühlte sich gut an auf seiner Haut, sie half, den Schmerz in seiner Brust und dem Bauch zu betäuben. Und als er etwas klarer denken konnte, trocknete sich der General ab und verband sich mit Gaze, die er ursprünglich gekauft hatte, damit seine Tätowierung besser heilte. Welch Ironie.
    Nachdem seine Wunde angemessen versorgt war, zog der General eine Jeans und ein T-Shirt an, ging nach unten in die Küche und machte sich einen Proteindrink. Er stand an der Spüle, trank und dachte, wie angenehm es sich anfühlte, wenn es ihm hinter dem brennenden Schnitt in der Mitte seines Oberkörpers so kühl hinunterlief. Es würde heute kein Training im Pferdestall geben, auch keine Sprints über die Tabakfelder und für lange, lange Zeit keine Liegestütze, wenn er wollte, dass die Wunde jemals verheilte.
    »Aber die Wunde wird heilen«, flüsterte der General. »Irgendwann.«
    Er spülte sein Glas aus und ging ins Wohnzimmer. Der Raum roch fürchterlich, und der General machte sofort sämtliche Fenster auf. Dann rollte er den Teppich zusammen und schleppte ihn auf die hintere Veranda. Er war ruiniert und würde irgendwann im Garten verbrannt werden müssen. Der General ging zurück in die Küche, holte Mopp und

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