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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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als auch in der Werkstatt; er spürte seine Hände gleichzeitig am Tempeltor und an der Werkbank, während er ungläubig durch das Löwenmaul schaute.
    »Bitte, nein«, stotterte er – sein Handeln ging nicht von ihm selbst aus, und die Szene vor ihm war erschreckend in ihrer Unausweichlichkeit. Er sah, wie sich das Tempeltor einen Spalt öffnete, und fühlte den Wind des Schleifmaschinenrads auf seiner Haut. Er schwebte jetzt über ihm, seine Brust war nur Zentimeter von den sich schnell drehenden Stahlborsten entfernt.
    »Es tut mir leid, bitte, ich …«
    Die Tempeltüren schwangen auf, und das Schleifrad fraß sich in sein Fleisch. Ein greller Schmerz zog an seinen Augen vorbei, und Edmund heulte auf – nur das unaufhörliche » Wo ist sie?« und »C’est mieux d’oublier« des Prinzen konnten es mit seinen Schreien aufnehmen. Alles war nun eins im Innern des Löwenkopfs, genau wie das weiße, flüssige Feuer, das aus dem Abgrund auf der anderen Seite des Eingangs spritzte. Es bekleckerte ihn wie säurehaltige Milch und wurde dann rot, als der Schleifstein die Haut zwischen seinen Brustmuskeln aufriss. Das Blut spritzte überallhin, und Edmund fühlte etwas heiß und nass an der Rückseite seiner Oberschenkel hinunterlaufen. Und während sich die rotierenden Borsten wie tausend kleine Zähne immer weiter zur Mitte seines Oberkörpers hinunterfraßen, registrierte Edmund inmitten seines Schmerzes unglaublicherweise, dass er sich vollgeschissen hatte.
    Wumm! Plötzlich Dunkelheit und gelbliches Licht, und jetzt war nur die Werkstatt durch das Maul des Löwen zu sehen. Die Schleifmaschine surrte irgendwo hinter ihm weiter, aber Edmund bewegte sich wieder – auf zitternden Beinen und mit entsetzlich schmerzender Brust, und das Blut lief ihm zum Bauch hinunter und nässte seine Genitalien. Der Keller begann sich zu drehen, und die Zeit schien einen Satz zu machen, denn plötzlich fand sich Edmund auf der Kellertreppe wieder, schluchzend und unkontrolliert keuchend und eine Spur aus Blut und Scheiße hinter sich herziehend. Er fühlte sich schwach, aber gleichzeitig, als würde ihn eine unsichtbare Hand die Treppe hinaufziehen.
    Er landete schließlich im Wohnzimmer seiner Großmutter, wo er unter dem Spiegel kniete, der über dem Kamin hing. Der General hatte den Spiegel vor Kurzem geneigt, damit er nackt auf dem Boden sitzen und den Eingang bewundern konnte.
    Doch jetzt war es Edmund Lambert, der zu seinem Spiegelbild hinaufblickte. Und als er sich selbst mit dem Löwenkopf auf seinen Schultern dort knien sah, als er sah, wie die Neun und die Drei, die Billy Canning so kunstvoll verwoben auf die Tempeltüren tätowiert hatte, von einem dicken roten Riss zerteilt wurde, da wusste der junge Mann mit kalter Gewissheit, dass der General den Prinzen schwer unterschätzt hatte.
    » WO IST SIE ?«, schrie Edmund mit der Stimme des Prinzen selbst – aber in dem blutig klaffenden Rachen, der sein Eingang zur Hölle sein sollte, konnte der junge Mann seine Mutter nirgendwo finden.
    59
    Es war fast 14.00 Uhr, als Andy Schaap aus der waldreichen Siedlung in Wilson kam. Er fuhr etwa eine halbe Meile weit, dann bog er auf den Parkplatz eines Bojangles’, wo er einen weiteren Namen von seiner Liste strich, den Kopf zurücklehnte und sich fragte, was Sam Markham wohl davon halten würde, wenn er wüsste, was er hier trieb.
    Tatsächlich hatte er den ganzen Tag damit gerechnet, dass ihn sein Partner anrief. Schaap hatte beschlossen, ihn nicht zu belügen, er würde sagen, dass er seine Listen abarbeitete, aber nicht ins Detail gehen, solange ihn Markham nicht ausdrücklich fragte. Natürlich konnte Schaap nicht wissen, dass Markham frühmorgens im Bett seiner Kindheit eingeschlafen war und wie ein Vampir bis zum Sonnenuntergang durchschlafen würde. Aber Schaap hätte es verstanden, er war ebenfalls müde. Die letzten Tage waren für beide sehr anstrengend gewesen.
    Namen.
    Himmel, es gab so viele von dem Friedhof – mehr als dreitausend, die sein Computerprogramm mit Veteranen des Irakkriegs in Verbindung gebracht hatte, die in und um Raleigh wohnten. Das Programm hatte bereits Militärangehörige ausgesondert, die noch im Stützpunkt wohnten, und deshalb konzentrierte sich Schaap zuerst auf Männer, die nicht nur in Einheiten mit Löwen und löwenähnlichen Geschöpfen als Symbol gedient hatten, sondern außerdem auf solche, die so abgelegen wohnten, wie es der Pfähler für sein Treiben brauchte.
    Schaap blickte auf

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