Opfermal
schwer vor Kummer und Wut, aber er wich weiter zurück, hinaus aus dem Raum in den Flur, wo er mit der Schulter an einen anderen Türstock stieß. Er drehte sich um, streckte spontan die Hand aus und fand einen Lichtschalter.
Die Szenerie in diesem Raum ließ den auf der anderen Seite des Flurs wie einen Disneyfilm aussehen – der Zahnarztstuhl, die Zeitungsartikel an den Wänden, das Blut überall –, großer Gott, es war schlimmer als alles, was er sich hätte vorstellen können.
Hier werden sie geopfert , dachte Markham, und der Anblick der Beinklammern am unteren Ende des Stuhls ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. Er konnte sie schreien hören, die Opfer des Pfählers – Donovon, Canning –, aber Andy Schaap war auch unter ihnen. Ja, das Blut auf dem Stuhl war noch frisch, es schien feucht zu glänzen im Licht der einzelnen Glühbirne an der Decke. Hatte der Pfähler seinen Partner ermordet, während Markham bewusstlos gewesen war?
Einen kurzen Moment lang drohte es ihm den Verstand zu rauben, doch dann hörte er plötzlich erneute Schreie und Trampeln über sich – weiter entfernt jetzt, aus einem anderen Teil des Hauses. Markham fuhr herum, registrierte die großen 9:3 und 3:1 links und rechts von der Tür und ging rasch zum anderen Ende des Flurs. Er fand die Kellertreppe, fand auch den Lichtschalter – und der Mut sank ihm, als er die schwere Stahltür am Ende der Treppe sah.
Dann bemerkte er die Blutspur, die zu der Tür führte.
Doch Sam Markham hielt nicht inne. Ohne zu überlegen, rannte er die Treppe hinauf, den Hammer schlagbereit erhoben, auch wenn er sich sagte, er würde wohl in die Werkstatt zurückgehen müssen, um etwas Größeres zu holen, womit er die Tür aufbrechen konnte.
87
Cindy rief wieder und wieder um Hilfe, während Edmund sie den Flur entlangtrug – ihre Schreie hallten in der Leere wider, als er eine Tür mit dem Fuß aufstieß und sie auf das Bett warf. Das Zimmer war dunkel, aber von rechts fiel ein Lichtstrahl über das Bett – der Umriss einer Tür mit einem weiteren Flur dahinter.
Ohne nachzudenken, krabbelte sie darauf zu, aber ein harter Rückhandschlag über den Wangenknochen warf sie aufs Bett zurück, und das Schwarz des Zimmers verwandelte sich in grell orangefarbenen Schmerz.
»Edmund, bitte …« Cindy weinte und hielt sich die Wange. »Tu das nicht.«
Edmund durchquerte den Lichtstrahl und verschwand im Halbdunkel. Ein Gürtel wurde gelöst und fiel zu Boden. Cindy schrie, aber im nächsten Moment war Edmund auf ihr, und sein Atem blies ihr heiß und übel riechend ins Gesicht, während sie sich gegen seine nackte Gestalt wehrte. Er war unglaublich stark und hielt mit einer Hand ihre beiden Handgelenke über dem Kopf fest, während er mit der anderen am Reißverschluss ihrer Jeans zog. Sie bekam kaum Luft.
»Nein«, kreischte sie, und Edmund hielt inne.
»Nicht hier«, flüsterte er. »Nicht auf Mamas Bett.«
Er ließ sie los, und Cindy schnappte nach Luft – aber schon im nächsten Moment spürte sie den kalten Lauf seiner Waffe unter dem Kinn. Sie wurde von der Matratze gehoben und in Richtung des Lichts gestoßen.
»Trag dieses Seil für mich«, knurrte Edmund. Dann das Licht, der Flur – kein Flur, wie sie erkannte, sondern ein langer schmaler Schrank mit Stufen am Ende – rauschten verschwommen an ihr vorbei. In ihrer Angst schien sie in einem einzigen Satz am oberen Ende der Stiege anzukommen, aber was sie dort sah, ließ sie halb ohnmächtig werden, und ihre Beine fühlten sich an wie elektrische Spaghetti.
Es war Bradley Cox.
ICH BIN ZURÜCKGEKEHRT , schrie George Kiernan aus dem Theater in ihrem Kopf, und Cindy glaubte, sich übergeben zu müssen. Aber es war keine Zeit, sich zu übergeben, nicht einmal Zeit zu schreien, denn Edmund hob sie hoch und schleuderte sie quer durch den Raum.
Sie landete unter einem schrecklichen Schmerz auf dem Boden. Ihr Ellbogen, ihr linker Arm musste gebrochen sein. Aber sie konnte nicht aufschreien, ihr Mund zuckte nur wie bei einem Fisch auf dem Land, da ihr die Luft vollkommen wegblieb.
Edmund kam wieder auf sie zu, legte seine Waffe auf den Boden und stand laut brüllend über ihr. Es war das reine Entsetzen über dieses Brüllen, das ihre Lungen schließlich wieder arbeiten ließ. Doch ehe sie aufschreien konnte, war Edmund Lambert auf ihr und riss ihr die Bluse vom Leib.
»Edmund, bitte «, wimmerte sie und versuchte, ihm mit den Fingernägeln über die Wange zu fahren. Sie fühlte
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