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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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Aufregung.
    »Wie Sie wissen, ist das nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass Sachen aus dem Werkzeugschrank verschwunden sind. Und Doug und ich sind uns ziemlich sicher, dass der Dieb heute Abend hier unter Ihnen sitzt.«
    Die Studenten rutschten nervös auf ihren Sitzen.
    »Doug und ich sind die Einzigen, die einen Schlüssel zum Werkzeugschrank besitzen, und deshalb haben wir den möglichen Zeitrahmen für die Diebstähle eingeengt. Und es sieht so aus, als seien das Bandschleifgerät und die anderen Dinge, die früher in diesem Semester verschwunden sind, immer während Ihrer Übungsstunden gestohlen worden.«
    Kiernans Stimme war ruhig und bestimmt, aber Jennings wusste, der Ausbruch würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Er wechselte einen wissenden Blick mit seinem Assistenten Edmund Lambert. Lambert ist eine gute Haut, dachte Jennings – der einzige Junge in dem ganzen Haufen, dem er immer noch traute. Wobei Lambert wohl kaum noch als Junge zu bezeichnen war – Mitte zwanzig, ein früherer Armeespezialist und gebaut wie ein Panzerschrank. Es war Lambert gewesen, der ihn auf den jüngsten Diebstahl aufmerksam gemacht hatte, nachdem er ihn gestern beim Abschließen entdeckt hatte; Lambert, der inzwischen zu Best Buy gefahren war und die neue Webcam in der Kulissenwerkstatt installiert hatte; Lambert, der angeboten hatte, den diebischen Schweinehund ausfindig zu machen und ihm eine kleine Lektion à la »Screaming Eagles« zu erteilen.
    Doug Jennings empfand eine besondere Verwandtschaft zu seinem Kollegen von der 101. Luftlande-Division, die diesen Spitznamen trug. Beide waren während ihrer Dienstzeit in Fort Campbell, Kentucky, stationiert gewesen – Jennings Mitte der Achtzigerjahre, Lambert vor ein paar Jahren. War zum Abschluss im Irak gewesen und mitten in die größte Scheiße in Tal Afar geraten, sagte er. Jennings beneidete Lambert in gewisser Weise; er sah ihn als eine jüngere, schlankere, gemeinere Version seiner selbst. Unheimlich die Parallelen in ihrer beider Leben: mit Mitte zwanzig über die G I -Bill zurück auf die Schulbank; späte Entdeckung ihrer Liebe zur Theatertechnik. Und Doug Jennings bereute es nicht, dass er seinen Genossen von den Eagles unter seine Fittiche genommen hatte. Das vergangene Jahr war großartig gelaufen. Er würde Lambert jetzt mehr Verantwortung übertragen müssen – ihn seinen eigenen Schlüssel für den Werkzeugschrank machen lassen und so.
    »Ich kann gar nicht sagen, wie verärgert und enttäuscht ich bin«, sagte Kiernan. »Was mich aber wirklich ankotzt, ist die unverfrorene Missachtung von und der Verrat an allem, wofür wir hier in der Theaterfakultät stehen: nämlich Vertrauen. Wer die Gegenstände aus dem Werkzeugschrank gestohlen hat, hat unser aller Vertrauen missbraucht. Das Vertrauen, das wir ineinander haben, das Vertrauen, dass jeder seine Aufgabe erfüllt und wir zusammen auf einen Zweck hinarbeiten, der größer ist als wir selbst. Ich rede davon, dass wir aufeinander achten und uns stützen.«
    Kiernans Stimme hatte an Tempo und Lautstärke beständig zugenommen, seine Wangen röteten sich, und der Schweiß begann wie schmelzender Schnee an den Rändern seines hohen weißen Haaransatzes auszubrechen. Und als er sich umdrehte, um sein Notizbuch vom Bühnenrand aufzuheben, wusste Doug Jennings, dass der Moment gekommen war,
    »Aber jetzt drehe ich mich um«, sagte Kiernan über die Schulter, »und jemand stößt mir ein Messer in den Rücken. Wieder einmal, verdammt!«
    Es war totenstill im Theater, die verhallende Stimme des Theaterleiters ging in das unterdrückte Weinen der weiblichen Hauptrolle über. Die übrigen Studenten saßen da und starrten in den Schoß. Jennings sah ihnen an, dass sie Angst hatten, und das besserte seine Stimmung.
    »Folgendes wird also passieren«, sagte Kiernan, und seine Stimme klang wieder ruhig und gemessen. »Nicht nur haben wir eine neue Überwachungskamera in der Kulissenwerkstatt installiert, die Polizei von Greenville hat außerdem begonnen, nach Fingerabdrücken zu suchen. Die Harriot University behandelt die Angelegenheit als Straftat, die entsprechend verfolgt wird. Ich werde nicht nur dafür sorgen, dass der Dieb oder die Diebe der Universität verwiesen werden, sondern ich werde es zu meinem persönlichen Anliegen machen, dass sie nie wieder irgendwo im Theaterbereich arbeiten.«
    Kiernan hielt inne und ließ den Blick über die Versammelten schweifen.
    »Ich lasse jedoch noch eine Tür

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