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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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über das Geländer und rauchte; der Jüngere, klein, zwölf oder dreizehn, hatte an einem iPod herumgespielt und stand auf, als sich Markham näherte.
    Es ist merkwürdig ruhig in der Anlage, dachte Markham. Nur das Geräusch des Windes in den Kiefern. Er sah zur Nummer des Gebäudes hinauf, beobachtete die Jungs aus dem Augenwinkel und tat, als wüsste er nicht genau, ob er richtig war. Seinen Angaben zufolge gehörte der Balkon mit den beiden Jungs wahrscheinlich zum neuen Zuhause der Familie Rodriguez, und der größere Junge musste Diego sein.
    »Suchen Sie was, jefe ?«, fragte der Ältere. Markham lächelte und sah zu den Straßenlaternen hinauf. »Wenn Sie Ihren Liebhaber suchen, werden Sie ihn da oben nicht finden. Es sei denn, er ist ein Vogel.«
    Der jüngere Bursche lachte, und Markham wandte sich den beiden wieder zu. Er holte seinen Ausweis aus der Windjacke, hielt ihn neben sein Gesicht und grinste so breit er konnte.
    »Sieht aus, als solltest du heute mein Liebhaber sein«, sagte er. » FBI . Ich habe einen langen Weg hinter mir, um dich zu fragen, ob du mit mir ausgehen willst, Diego Rodriguez.«
    Der größere Junge schluckte schwer, zog noch einmal an seiner Zigarette und schnippte sie vom Balkon. Er verschwand in dem Gebäude. Der Jüngere folgte und rief auf Spanisch jemandem etwas zu.
    Markham stieg die Treppe hinauf und wollte eben an die Wohnungstür klopfen, als er die Sicherheitskette drinnen rasseln hörte und der Riegel zurückgeschoben wurde. Die Tür ging einen Spaltbreit auf, und eine Latina drückte ihr Gesicht in die Öffnung.
    »Es tut mir leid, Sir«, sagte sie mit schwerem Akzent, »aber mein Bruder und mein Mann sind arbeiten. Nur ich und die Kinder hier.«
    »Ich bin Special Agent Sam Markham«, sagte er und hielt ihr seinen Ausweis vors Gesicht. »Sind Sie Mrs. Rodriguez?«
    »Nein. Sie ist die Frau meines Bruders. Sie arbeiten alle, jetzt, da sie hier wohnen.«
    »Ich verstehe«, sagte Markham. »Ich würde Diego gern ein paar Fragen stellen.«
    »Ist er wieder in Schwierigkeiten?«
    »Nein. Es geht um Jose.«
    Die Frau zögerte, zog sich von der Tür zurück und flüsterte jemandem in der Wohnung auf Spanisch etwas zu. »Ich mache Ihnen keinen Ärger«, sagte Markham. »Schicken Sie Diego einfach heraus, und ich verspreche, ich komme nicht hinein. Ich warte da drüben.«
    Er ging zur Treppe zurück, lehnte sich ans Geländer und schob die Hände in die Taschen. Die Frau beobachtete ihn einen Moment lang, dann schloss sie die Tür. Markham wartete und fühlte sich bald unwohl, da er die Anwesenheit von Leuten spürte, die ihn durch die Gucklöcher der umliegenden Wohnungen beobachteten.
    Schließlich kam Diego aus der Wohnung. Er trug ein übergroßes schwarzes T-Shirt und eine schwarze Baseballkappe. Er beäugte Markham von Kopf bis Fuß und schlurfte zu ihm, dann lehnte er sich an die gegenüberliegende Wand und hakte die Daumen in die Hosentaschen.
    Markham warf rasch einen Blick auf die Fingernägel des Jungen und sah, dass sie sauber und ordentlich geschnitten auf der ausgebeulten Billig-Jeans lagen. Verängstigtes Muttersöhnchen, dachte er und wusste sofort, dass Diego Rodriguez in Ordnung sein würde.
    »Um welche Zeit kommen deine Eltern nach Hause?«, fragte Markham.
    »Sie arbeiten beide«, murmelte Diego. »Sechs, halb sieben. Vielleicht sieben.«
    »Du weißt, warum ich mit dir reden will?«, fragte Markham.
    Diego zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht, wie viel du fernsiehst«, sagte Markham, »aber der Mord an deinem Bruder wurde jetzt an das FBI übergeben. Du weißt, was das bedeutet?« Diego sagte nichts. »Das bedeutet, dass mehr Leute herauszufinden versuchen, wer ihn getötet hat. Und es bedeutet, ich muss dir ein paar Fragen stellen, wie es die Polizei schon getan hat, damit ich meine Fakten richtig beisammenhabe.«
    »Ich hab nicht sehr viel mit Jose geredet, und ich weiß jetzt nicht mehr als das, was ich den Bullen schon gesagt hab. Ihr interessiert euch jetzt nur wieder für uns, weil dieser Anwalt umgelegt wurde. Sie haben meinem Vater ein paar Fragen über Kolumbianer, Banden, Drogen und so Zeug gestellt. Das Zeug ist Scheiße, sage ich. Damit hatten Jose und ich nichts am Hut. Das hab ich alles schon von Anfang an gesagt, aber niemand hört zu, weil irgendein Idiot sagt, dass es die Pandilleros waren. Ich weiß nichts von dem ganzen Mist, außer dass Jose sauber war.«
    »Habt ihr ein paar gemeinsame Freunde?«, sagte Markham und griff in

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