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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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Collage der Körperteile wandern, vor und zurück, auf eine Weise, die ihn aus irgendeinem Grund an Arnold Schwarzenegger im Film Terminator erinnerte. Das mussten Tausende Bilder sein, dachte er, die viele Jahre zurückreichten.
    Markhams Augen begannen vor Müdigkeit zu schmerzen. Wonach zum Teufel suchte er? Nach der Schrift auf Donovan und Canning? Hatte sich Vlad möglicherweise dasselbe von Canning auf seine eigene Brust tätowieren lassen? Aber dann wäre er doch bestimmt nicht so dumm gewesen, ihn ein Polaroid-Foto davon machen zu lassen.
    Er sah auf das Foto der sich duellierenden Ninja-Krieger in seiner Hand. Die Größe, die Detailgenauigkeit, die Farbe – wie lange brauchte Canning wohl für ein Bild wie dieses?
    Vlad hat Canning länger behalten als die anderen, dachte Markham plötzlich. Fast zweieinhalb Wochen. Das Haar ist gewachsen. Was, wenn die Autopsie ergibt, dass Canning die meiste Zeit davon am Leben war? Was, wenn Vlad seine private Tattoo-Sitzung mit ihm abgehalten hat, bevor er ihn pfählte?
    Pure Mutmaßung, dachte Markham – doch etwas an der Vorstellung, wie der gesichtslose Vlad Canning zwang, ihn zu tätowieren, ließ ihn nicht los.
    Cannings Wagen wurde hinter dem Studio gefunden, sagte Markham zu sich selbst. Das heißt, er muss hierher zurückgefahren sein, nachdem er an der Tankstelle war. Aber warum so spätnachts? Eine private Sitzung? Hat er Dorsey etwa betrogen? Wie auch immer, Vlad muss gewusst haben, dass er in dieser Nacht noch einmal hierherkommen würde.
    Oder, fuhr die Stimme in seinem Kopf fort, Vlad hat ihn schlicht verfolgt. Canning könnte aus allen möglichen Gründen hierher zurückgekommen sein, er könnte sein Handy vergessen haben oder irgendwas, und Vlad hat die Situation ausgenutzt. Es ist ziemlich dunkel dahinten.
    Aber die Schrift auf Canning und Donovan ist wie eine Tätowierung. Das hat er bei Rodriguez und Guerrera nicht gemacht. Es fing mit Canning an.
    Die Stimme in seinem Kopf verstummte, und Markham starrte auf die Fotos. Er würde Dorsey noch einmal hierherbringen müssen, um zu überprüfen, ob etwas von der Ausrüstung fehlte. Er würde auch bei Händlern in der Gegend wegen Bestellungen in der letzten Zeit nachforschen müssen. Himmel, das würde eine lästige Arbeit werden – und womöglich wieder umsonst? Wurde er wirklich schon so verzweifelt?
    Markham seufzte und hängte das Foto der kämpfenden Ninja-Krieger wieder an seinen Platz. Der Bursche auf dem Bild war kahl – es erinnerte ihn an ein Albumcover, das er einmal gesehen hatte.
    Wie hieß die Gruppe gleich noch?
    Er schloss die Augen und rieb sich die Stirn. Dann fiel es ihm ein.
    Sublime. Das war es. Ein nach Skinhead aussehender Typ, der den Namen der Band quer über den Rücken tätowiert hatte.
    Musik aus den Neunzigerjahren. Tätowierungen.
    Markham verstand die Musik der Neunziger nicht, sie war ihm fremd, und er verstand auch nicht, warum man in den Neunzigern so verrückt auf Tätowierungen gewesen war. Kein Börsenmakler ohne sein Tribal Band, keine Verbindungsstudentin, deren Arschgeweih nicht am Sitz ihres BM W s klebte.
    So hat es Michelle immer genannt.
    Markham lächelte.
    Er sieht sie jetzt am Strand, wie sie nackt aus der Brandung steigt wie Botticellis Venus – ihre makellose Haut glitzert in der Sonne, sie wiegt sich in den Hüften, als sie auf ihn zugeht.
    »Wo ist deine Muschelschale, Venus?«, fragt er. Er ist ebenfalls nackt und liegt im Sand. Michelle kniet sich über ihn und küsst ihn auf den Mund. Sie schmeckt nach Salz.
    »Ich glaube, es ist eine Austernschale«, sagt sie, greift hinter ihn und schaltet einen altmodischen Gettoblaster an – Blue Öyster Cult – ›Don’t Fear the Reaper‹.
    »Das stimmt«, sagt er, dann küsst er sie wieder. »Siebziger- und Achtzigerjahre, Baby, das war unsere Zeit. Eine andere Welt, eine andere Zeit.«
    »Ich vermisse dich«, flüstert sie.
    »Ich vermisse dich auch.«
    Traurigkeit überflutete Markham und ließ ihn die Augen öffnen.
    Er blieb bis tief in die Nacht in dem Studio sitzen, trieb auf einem Meer aus tätowierter Haut und fühlte sich verloren wie noch nie.
    22
    Mittwoch, 12. April
    Es regnete immer noch, und Markham verbrachte den Vormittag im Außenbüro, wo er Sentinel auf den neuesten Stand brachte und die Akte über Rodriguez und Guerrera studierte. Das FBI hatte Mr. und Mrs. Rodriguez bereits wegen einer möglichen Verbindung zwischen ihrem Sohn und Randall Donovan befragt, aber nicht, was

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