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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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dazu bekommen, bevor es zu spät war –, aber der Fremde gehörte nicht zur Gleichung! Ihn ebenfalls mitzunehmen, konnte das 9:3 kippen und alles verderben!
    Im nächsten Moment stürmte der General jedoch ohne nachzudenken hinter der Mülltonne hervor. Er feuerte in rascher Folge aus seiner schallgedämpften Waffe, und die beiden Männer sanken mit je einem Kopfschuss zu Boden, ehe sie ihn auch nur sahen.
    Es regnete jetzt heftig, und der General zog die Leichen rasch durch die Lücke im Zaun und lud sie auf die Plastikplane im Heck seines Transporters. Das Chloroform, das er nach einem Rezept im Internet hergestellt hatte, das Seil und das Rohr, die er im Harriot Theater gestohlen hatte – für all das hatte er jetzt keine Verwendung! Und sobald er wohlbehalten aus der Stadt war, bekam er Angst, er könnte den Plan des Prinzen irreparabel verpfuscht haben, denn auch wenn der Prinz seinen Stellvertreter vor allen anderen liebte, duldete er kein Versagen, von niemandem .
    Er hätte die Waffe nicht mitnehmen dürfen. Das war sein Fehler gewesen.
    Der General war den Tränen nahe, als er zur Farm zurückkam. Er fuhr den Transporter auf die Rückseite, schloss die Falltür zum Keller auf und schleifte die Plane mit den Leichen darin die Treppe hinunter in den Umerziehungsraum.
    Dann stürzte der General ins Thronzimmer, warf sich auf den Boden und schlug sich wiederholt ins Gesicht, bis seine Augen tränten und das Blut aus seiner Nase zu laufen begann. »Vergib mir! Vergib mir!«, rief er.
    Aber der erste Landstreicher war erst seit einer Woche auf dem Thron gewesen – er hatte noch kaum zu riechen begonnen –, und die Stimme des Prinzen kam laut und klar durch den Eingang.
    Der General lauschte lange und sorgfältig. Er schloss die Augen und ließ seinen ganzen Körper von der Stimme des Prinzen durchdringen. Genauso hatte er zu lauschen: mit seinem ganzen Körper. Denn die Stimme des Prinzen war gar keine Stimme; stattdessen sprach er in Bild- und Klangfetzen zum General, als würden Fernsehkanäle in seinem Kopf mithilfe einer Fernbedienung ständig gewechselt. Der General nahm an, so war es bei allen Kriegerpriestern gewesen – bei jenen wenigen Auserwählten, denen Zugang zum Eingang gewährt wurde. Und der General verstand die Bilder und Geräusche nicht nur, wenn der Eingang frisch war, die »Stimme« des Prinzen sperrte auch alle anderen Gedanken in seinem Kopf aus.
    Hier in seinem Pick-up nun dachte Edmund Lambert daran, was der Prinz dem General in jener Nacht gesagt hatte. Und selbst jetzt noch kam er sich kindisch vor, weil er sich solche Sorgen gemacht hatte. Er hätte sofort wissen müssen, dass Leona Bonita und der andere Arschficker zur Botschaft selbst gehörten. Sie verstanden das 9:3, das 3:1 bereits. Ja, sie würden beim Eingang warten, wenn der Prinz sie zum Dienst rief; sie würden ihn sofort erkennen und ihr Schicksal freudig annehmen.
    Edmund Lambert stieg aus seinem Pick-up und ging zur Rückseite des Gebäudes, durchquerte die kleine Gasse, die das Theater mit den Lehrgebäuden verband, und eilte die Treppe hinunter, die ihn an der großen Schotttür zum Requisitenkeller vorbeiführte. Er lächelte. Hier hatte er im letzten Semester den Zahnarztstuhl gefunden – aus einer alten Produktion von Der kleine Horrorladen, wie er gehört hatte. Jennings hatte ihn bis heute nicht vermisst, und der General hatte inzwischen den Mechanismus modifiziert und die untere Hälfte mit Beinklammern aus Altmetall ausgestattet, das er aus der Kulissenwerkstatt gestohlen hatte.
    Edmund ging weiter zur Tür der Elektrowerkstatt, ließ den Schlüssel ins Schloss gleiten und hielt kurz inne beim Gedanken daran, was der General mit Rodriguez und Guerrera gemacht hatte. Sicher, ihrem Opfer hatte es an der Feierlichkeit gemangelt, die seiner Rolle als Kriegerpriester angemessen war – keine Gewänder und kein Stroboskop, keine Lieder wie bei dem korrupten Anwalt und dem ehebrecherischen, den Körper entweihenden Arschficker –, aber dennoch hatte der General die Zeit mit ihnen genossen.
    Er bedauerte nur, dass sie den Prinzen nie kennengelernt hatten.
    Aber sie würden ihn früh genug kennenlernen, sagte sich Edmund, als er die Elektrowerkstatt betrat. Die anderen ebenfalls. Und sie alle würden beim Eingang auf ihn warten, wenn er sie zum Dienst rief.
    Edmund wusste jedoch, dass auch die Feinde des Prinzen auf ihn warten würden. Sie würden ihn vom Himmel kommen sehen und versuchen, seine Wiederkehr zu

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