Opfermal
vereiteln. Aber der General und der Prinz machten sich keine allzu großen Sorgen um sie. Nein, der Prinz wollte, dass seine Feinde ihn kommen sahen; denn der Prinz wurde verehrt, und Verehrung gab ihm Kraft. Und das war etwas, das seine Feinde nicht hatten.
Der Friedhof.
Dort fing es an. Seine Feinde begriffen das Opfer als Teil der 9, aber der Friedhof war für den General ebenfalls wichtig – als Teil der 1 oder der 3, je nachdem, wie man es betrachtete.
Ja, dachte Edmund, als er sich vor den Computer in der Elektrowerkstatt setzte. Der Friedhof bewies ihnen allen, dass der Prinz einen Verbündeten besaß, den man fürchten musste.
Einen, der alles aufgegeben hatte.
Einen, der eines stellvertretenden Befehlshabers würdig war.
Aber vor allem einen, der für all seine harte Arbeit entlohnt werden würde.
27
Der Friedhof Willow Brook war groß für Johnston County. Er bedeckte rund zweieinhalb Hektar, war von fruchtbarem Farmland umgeben und enthielt Familiengräber, die bis ins späte 18. Jahrhundert zurückgingen. Markham wusste, der namensgebende Bach floss irgendwo hinter dem Weidenwäldchen im Süden, aber er hörte ihn bei seinen nächtlichen Besuchen nie murmeln. Er hatte auch irgendwo gelesen, dass das angrenzende Feld vom County gekauft worden war, das vorhatte, den Friedhof entlang der östlichen Grenze zu erweitern.
Der Himmel mit seinen Sturmwolken sah beinahe purpurn aus, als Markham am westlichen Eingang des Friedhofs eintraf. Er fuhr etwa hundert Meter daran vorbei und bog rechts in eine schmale Landstraße, die parallel zum Nordrand des Grundstücks führte. Er folgte der niedrigen Feldsteinmauer, bis sie wieder nach Süden schwenkte, woraufhin er seinen SUV an der Ecke parkte und sofort in die Wiese aufbrach. Jetzt lief er an der östlichen Mauer entlang. Das Gras war hoch, seine Schuhe und die Hosenaufschläge wurden augenblicklich durchnässt, aber er kam gut voran; wie ein Sprinter legte er die zweihundert Meter zurück und hielt an der Stelle, wo Rodriguez und Guerrera gepfählt worden waren.
Markham war nur einmal bei Tage am Friedhof gewesen, konnte den genauen Fundort der Opfer jedoch anhand des Musters in den Steinen bestimmen, die man auf den Tatortfotos hinter ihnen sah. Das Erste, was er in der Woche zuvor getan hatte, war einen Fahrradreflektor in die Wand zu klemmen, damit er seine Position bei Nacht fand; bei seinem letzten Besuch hatte er vergessen, ihn wegzunehmen, deshalb stemmte er ihn jetzt heraus und sprang dann über die Mauer.
Es regnete jetzt stärker, der bewölkte Himmel flirtete mit dem Einbruch der Nacht, und Markham klopfte sich auf die Innentasche seiner Jacke, um sich zu vergewissern, dass er seine Taschenlampe bei sich hatte. Es war der Fall, aber er hoffte, er würde nicht so lange auf dem Friedhof sein, dass er sie brauchte. Er steckte den Reflektor in die Steine auf der Innenseite der Mauer und begann, methodisch zwischen den Grabsteinen hin und her zu gehen, Reihe für Reihe, ein Auge auf den Grabsteinen, das andere auf dem Reflektor.
Er fand beim dritten Streckenabschnitt, wonach er suchte: einen kleinen, unauffälligen Grabstein, etwa vier Reihen von der Mauer entfernt und nach Westen blickend.
Der Stein trug den Namen LYONS .
»Deshalb hast du also nichts auf Rodriguez und Guerrera geschrieben«, flüsterte Markham. »Wer immer dich aus dem Himmel beobachtet, brauchte deine Botschaften nicht, um zu verstehen.«
Das Läuten seines Blackberry erschreckte ihn. Er meldete sich. »Ja?«
»Hier ist Schaap.«
»Was gibt es?«
»Das kriminaltechnische Team hat die Durchsuchung der Gasse hinter dem Angel’s abgeschlossen.«
»Und?«
»Sie haben die Patronenhülsen gefunden, Sam. Unter der Mülltonne, zwei Stück, neun Millimeter. Dasselbe Kaliber wie die Kugeln, die der Gerichtsmediziner aus Rodriguez und Guerrera geholt hat. Jetzt brauchen wir nur noch den ballistischen Test, dann können wir es offiziell machen.«
»Dann ist es also dort passiert«, sagte Markham. »Rodriguez und Guerrera waren Liebhaber. Es kann nicht anders sein. Vlad hat sie zusammen in der Gasse getötet – aber er war sorglos.«
»Kann man also davon ausgehen, dass Vlad Homosexuelle jagt?«
»Die Beweislage scheint darauf hinzudeuten.«
»Sie klingen nicht überzeugt.«
»Ich habe hier auf dem Friedhof etwas übersehen«, sagte Markham nach kurzem Zögern. »Es gibt einen Grabstein mit dem Namen Lyons genau westlich von der Stelle, wo Rodriguez und Guerrera gepfählt
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