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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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studierte sie eine ganze Minute lang, ohne ein Wort zu sagen.
    »Ich rufe Alan Gates an«, sagte er schließlich.
    Aber er bewegte sich nicht.
    Nein, im Moment war Sam Markham damit zufrieden, einfach dazusitzen und ungläubig zu schauen.
    32
    Der General betrat das Haus, stellte den Alarm um und sah auf die Uhr. Wenn der zweite Akt pünktlich begonnen hatte, dachte er, wurde Macbeth jetzt ungefähr der Kopf abgeschlagen. Der General fand dies passend, da er selbst im Begriff war, den Kopf des Prinzen im Thronzimmer zu konsultieren.
    Alles Teil der Gleichung, alles miteinander verbunden.
    Der General war froh, endlich zu Hause zu sein. Der junge Mann namens Edmund war zwar nur geblieben, bis sich die Falltür für Duncans Abstieg in die Hölle öffnete, aber es war ihm dennoch sehr lange vorgekommen. Jennings hatte vorbeigeschaut, um zu sehen, wie alles lief, und zu Edmund gesagt, er könne nach Hause fahren. Er sei ein guter Arbeiter hatte er angefügt und ihm einen Schlüssel für den Werkzeugschrank gegeben – »für die Sommersaison«.
    Das passte Edmund Lambert sehr gut, auch wenn er den Werkzeugschrank bald nicht mehr brauchen würde. Tatsächlich würde er längst fort sein, wenn das Sommertheater begann. Immerhin war die Rückkehr des Prinzen für ebendiesen Sommer prophezeit – um wie in der alten Zeit in der sengenden Mittagshitze Krieg, Pest und Zerstörung mit der tödlichen Ernte der Sommersonnenwende zu bringen.
    Und die Armee des Prinzen würde mit ihm zurückkehren. Sie würde am Eingang warten, bereit zu dienen und den Weg für das zu pflastern, was kommen sollte.
    Aber jemand würde auch auf den General warten. Und sobald er in der Lage war, durch den Eingang zu gehen, würden sie wieder zusammen sein. In dieser Welt oder jener? Nun, das wusste der General nicht.
    Der General lächelte und ging nach oben, zog sich im Badezimmer aus und stellte sich unter die Dusche. Und während er die Überreste seiner Tages-Existenz abschrubbte, gingen seine Gedanken zu der jungen Frau namens Cindy Smith.
    Er stellte das Wasser so heiß es ging und beobachtete, wie es die Haut unter der großen Tätowierung auf seiner Brust und seinem Bauch rötete. Und als der Eingang taub vor Schmerz wurde, schloss er die Augen und stellte sich Cindy Smith in ihrem Geisterkostüm vor, wie sie aus der Falltür kam und durch sein Fleisch aus den Tiefen der Hölle stieg. Er öffnete die Augen und sah auf den Eingang hinab, halb erwartete er, sie dort bei ihm in der Dusche zu sehen, aber stattdessen stellte er fest, dass er eine Erektion hatte.
    Er würde den Prinzen wegen alldem konsultieren müssen; würde in seinen Visionen nach ihr suchen müssen, in den aufblitzenden Bildern und Klängen. Er hoffte, er würde sie dort finden, und begann sich zu fragen, ob sie nicht ebenfalls zur Gleichung gehörte.
    33
    Alan Gates hatte von Schweinen geträumt, als das Telefon ihn aus dem Schlaf schreckte. Der unhandliche alte Apparat war sehr laut gestellt, aber seine Frau schnarchte weiter. Sie war daran gewöhnt und hatte immer einen festen Schlaf gehabt, zudem war sie im Lauf ihrer fünfunddreißigjährigen Ehe dazu konditioniert worden, einfach weiterzuschlafen, wenn ihr Mann gelegentlich spätnachts gestört wurde.
    Es gehörte alles dazu, wenn man mit »dem Leben« verheiratet war, nur eins der vielen Opfer, die Debbie Gates im Lauf der Jahre für ihren Mann gebracht hatte. Und er hatte es in all der Zeit nie für selbstverständlich genommen, er dankte Gott noch immer jeden Abend für sein Glück, auch wenn er dachte, dass es wohl nur eine Frage der Zeit war, bis ihm der Alte ganz oben den Teppich unter den Füßen wegzog – wie er es bei so vielen in Gates’ Arbeitsbereich schon getan hatte.
    Als tief religiöser Mann war Alan Gates in den letzten vierzig Jahren in der Tat gesegnet gewesen. Er war unversehrt von zwei Einsätzen in Vietnam zurückgekommen und hatte sich in den Siebzigern und frühen Achtzigern rasch beim FBI nach oben gearbeitet. Er hätte längst zu dessen Direktor befördert werden können, wenn er es darauf angelegt hätte; er hätte inzwischen auch im Ruhestand sein können. Aber die Leitung dieser Einheit in Quantico war genau das, woran sein Herz hing, und wenn er darüber nachdachte, betrachtete er sich ebenso sehr als Teil der Einheit für Verhaltensanalyse wie das Glas, den Stahl und die Ziegel, die sie beherbergten.
    Die Tatsache, dass seine Frau gelernt hatte, während seiner nächtlichen

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