Opfermal
den Verdacht hegte, dass sein Hübscher hinter seinem Rücken eine Affäre im Tattoostudio hatte. Sicher, der Prinz hatte nicht zugelassen, dass die Affäre lange ging. Gerade lange genug, dass der sündige Arschficker den Eingang berührte und küsste; gerade lange genug, dass er seine Deckung sinken ließ und sich zu dem jungen Mann hingezogen fühlte, der sich Ken Ralston nannte.
Doch jetzt, mehr als zwei Monate später, war dem General klar, dass mit der Entdeckung des korrupten Anwalts das FBI mit im Spiel war. Und deshalb verstand er auch, dass jetzt, da die Behörden die Verbindung zu einem Drogenkartell fallen gelassen hatten und ihn als Serienmörder bezeichneten – Vlad der Pfähler, wie lächerlich –, nun, dass jetzt alles anders werden musste.
Nein, der General würde heute Abend nicht in die West Hargett Street zurückkehren können. Stattdessen würde er den Abend in Beratungen mit dem Prinzen verbringen müssen.
Die Rose. Cindy Smith. Die Ensembleparty am Freitagabend.
Vielleicht würde der Prinz wollen, dass der General seine Soldaten woanders rekrutierte.
Edmund holte tief Luft. Er brauchte sich über all das keine Gedanken zu machen, denn anders als am Anfang, als der General die Botschaften des Prinzen ganz allein entschlüsseln und interpretieren musste, konnte er den Prinzen jetzt direkt fragen, und der Prinz würde ihm mit seinen Visionen antworten.
Solange der Eingang offenblieb.
Edmund steckte die Rose in seine Büchertasche zurück und saß lange da und bewunderte sie – den Stiel, ein langer, hölzerner Pfahl, der in der Erde steckte, die Blume selbst, das strahlend weiße Fleisch des nächsten Soldaten.
Ein Zeichen, hörte er den General in seinem Kopf flüstern. Das Weibsstück hat uns ziemlich sicher ein Zeichen gegeben.
31
Markham saß am Besprechungstisch im FB I -Außenbüro Raleigh und hatte einen Wust von Papieren vor sich ausgebreitet. Er war den ganzen Tag hier gewesen, nachdem er in der Nacht zuvor um 2.00 Uhr nach Hause gefahren war, um nach nur vier Stunden unruhigem Schlaf um acht Uhr ins Büro zurückzukehren.
Die Nachricht wurde vier Stunden später publik, und um drei Uhr nachmittags waren die Medien voll davon – Rodriguez und Guerrera, Donovan und Canning, sie alle hingen zusammen in ihrer grauslichen, drastischen Herrlichkeit. Das FBI hatte erfahren, dass der Platzwart, der Donovan auf dem Baseballfeld entdeckt hatte, reden würde. Er hatte bereits eine öffentliche Erklärung abgegeben und sollte am Abend in einer Talkshow erscheinen. Gurganus würde auch bald umfallen. So lief es immer.
Über eine »zuverlässige Quelle aus den Reihen der Ermittler« war auch die Beschriftung auf Cannings Brust bekannt geworden. Markham nahm an, dass wohl einer von Sergeant Powells Jungs die Hand aufgehalten hatte, und wenn das FBI nicht schnell zu dieser Information Stellung nahm, würden die Pressegeier keine Ruhe geben. Zum Glück hatte sich ein FB I -Sprecher auf einer Pressekonferenz am Nachmittag fürs Erste vor dieser Frage drücken können.
Anstatt das geballte Medieninteresse als Hindernis zu sehen, genoss Markham jedoch den Gedanken, die Geier ausnahmsweise für sich arbeiten zu lassen. Und so beschloss das FBI , eine unvollständige Abbildung der Beschriftung zu veröffentlichen, die man auf Billy Cannings Oberkörper gefunden hatte. Sie würden das Bild außerdem verändern, um eine Zeile einzufügen, die sie als »offenbar Rumänisch« ausgeben würden. Das würde die Presse zufriedenstellen und den Vlad-Aspekt ausschlachten lassen, während das FBI seinen echten Spuren folgte.
Den echten Spuren.
Markham sah sie auf dem Tisch vor sich liegen. Er hatte zusammen mit Schaap und ihrem Berater vom Fachbereich Klassische Studien mehr als zwölf Stunden gebraucht, um alles zusammenzustellen – fiebrige Anfälle des Recherchierens und Diskutierens hatten sich mit langen Wartezeiten abgewechselt, während dieser oder jener Theorie nachgegangen wurde. Diese letzte Überprüfung dauerte inzwischen am längsten von allen. Markham wartete seit fast zwei Stunden auf ein Ergebnis. Aber das war in Ordnung, denn es sollte tatsächlich das letzte Mal sein – das wichtigste Puzzleteil von allen, der Beweis dafür, dass all seine Recherche nicht umsonst gewesen war.
»Da ist es«, sagte Schaap, als er ins Zimmer kam. »Ich lasse einen von den Jungs in diesem Augenblick den JPE G -Scan vorbereiten.«
Er gab Markham die Kopie eines Schwarz-Weiß-Fotos.
Markham
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