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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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Telefongespräche weiterzuschlafen, beunruhigte ihn jedoch – dies umso mehr, da die Kinder nun aus dem Haus und selbst verheiratet waren. Gott bewahre, dass er wegen eines Falls unterwegs war und sie erreichen musste. Gott bewahre, dass es je einen Notfall gab. Und sollte der Alte ganz oben beschließen, dass es schließlich Zeit war, ihr den Teppich wegzuziehen, dann würde er es bestimmt tun, wenn er unterwegs war und Debbie schlief – ein Brand oder eine andere Tragödie, bei der sie hätte gerettet werden können, wenn sie nur aufgewacht wäre.
    Etwas in dieser Art würde am ehesten zur Vorgehensweise des Alten passen, denn Gates war im Lauf der Jahre zu dem Schluss gekommen, dass Gott einen kranken Humor hatte, aber dass er auch den Charakter eines Menschen danach beurteilte, wie gut er einen Witz einstecken konnte.
    Gates tastete nach dem Hörer und schielte zum Wecker auf dem Nachttisch. 23.17 Uhr.
    »Ja?«
    »Alan? Hier ist Sam.«
    »Sprechen Sie.«
    »Tut mir leid, dass ich Sie noch so spät störe, aber ich sitze hier mit Andy Schaap im Außenbüro Raleigh. Wir haben etwas entdeckt, etwas, bei dem wir uns sofort in Bewegung setzen müssen.«
    »Erzählen Sie.«
    Gates hörte aufmerksam zu, wie sein Spitzenagent seine Theorie erklärte. Und als Markham zu Ende gesprochen hatte, legte Gates auf und starrte noch einen Moment an die Decke. Seine Frau hatte die gesamte Unterhaltung verschlafen, und sie schnarchte bereits wieder in voller Lautstärke, als er seinen Bademantel angezogen hatte und aus dem Schlafzimmer geschlichen war.
    Er würde seine Telefongespräche unten im Arbeitszimmer führen, aber erst würde er sich eine Kanne Kaffee machen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Es würde nicht lange dauern, die nötigen Dinge zu regeln. Er könnte in einer Stunde wieder im Bett sein, wenn er wollte. Doch Alan Gates beschloss, dass es besser war, wenn er im Arbeitszimmer blieb, denn an ein Weiterschlafen war jetzt nicht mehr zu denken.
    Nicht nach dem, was ihm Sam Markham gerade erzählt hatte.
    34
    Cindy Smith fand es furchtbar, dass sie es genoss, mehr Applaus als Bradley Cox zu erhalten – eigentlich verabscheute sie diese Diva-Seite ihrer Persönlichkeit –, aber gleichzeitig hatte sie nicht die Absicht, sich vorzulügen, dass es ihr nichts bedeutete. Es bedeutete ihr etwas. O ja, und wie! Und als das Publikum sich bei ihrer Verbeugung zu erheben begann, als der Applaus für ihren Co-Star immer geringfügig leiser wurde – geringfügig, ja, aber wahrnehmbar genug, dass es sogar Bradleys Eltern hören mussten –, da war der jungen Schauspielerin zumute, als wolle ihr das Herz vor Stolz zerspringen.
    Doch als sie in die seitliche Kulisse schaute und Edmund Lambert nirgendwo sah, spürte Cindy, wie ihr der Mut sank. Sie war überzeugt gewesen, dass er da sein würde, applaudierend, lächelnd – besonders nach dem, was sich kurz vor der Pause zwischen ihnen abgespielt hatte.
    »Danke für die Blume«, hatte er gesagt, als er sie auf ihrem Weg zurück in die Garderobe auf der Treppe abfing.
    »Danke, dass du auf mich aufpasst«, hatte Cindy erwidert.
    Dann ein langes Schweigen, während sie sah, wie Edmunds Mundwinkel nach oben gingen und wie er die Augen zusammenkniff, als würde er sie studieren. Cindy spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, und sie fühlte sich, als wäre ein elektrischer Generator hier im Treppenhaus angeschaltet worden – das leise Summen eines geladenen Stromkreises, der ihre beiden Körper plötzlich verband. Er wollte sie küssen. Sie wusste es. Und, ach, wie sehr wollte sie ihn ebenfalls küssen!
    »Du bist etwas Besonderes«, sagte er schließlich, und seine stahlblauen Augen bohrten sich in dieser Weise in die ihren, die ihre Netzhäute kribbeln ließ. »Mir war bis heute Abend nicht klar, wie besonders du bist.«
    Dann lächelte er und verschwand durch die Bühnentür.
    Cindy war zumute, als würde sie brennen; auf dem Weg zurück in die Garderobe und während des Wechsels in ihr nächstes Kostüm, hörte der elektrische Generator nie auf zu summen. Er gab ihr den ganzen zweiten Akt hindurch Kraft. Und noch ehe sie sich verbeugte, wusste sie, dass ihre Vorstellung ein Triumph gewesen war.
    Doch jetzt, da die Scheinwerfer ausgingen und das Ensemble zu nachhallendem Applaus die Bühne verließ, fühlte sich Cindys Sieg merkwürdig hohl an. Sie war wie auf Autopilot und ertappte sich dabei, wie sie nur halb auf George Kiernan achtete, während sie in der Menge vor

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