Opfermal

Sam?«
    »Ausgehend von meiner ursprünglichen Annahme einer Verbindung des Killers zum Sternbild Löwe und der Tatsache, dass höchstwahrscheinlich drei der vier Opfer homosexuell waren, vermutete ich zunächst, unser Opferprofil würde auf einer sexuellen Orientierung basieren. Der Umstand, dass der historische Vlad Homosexuelle pfählen ließ, schien diese Theorie noch zu stützen. Bei meinen Ermittlungen zum Hintergrund Randall Donovans konnte ich jedoch keinerlei Anzeichen für ein geheimes Leben als Homosexueller finden, und gewiss verband ihn nichts mit den anderen Opfern – das heißt, bis ich anfing, woanders nach einer Verbindung zu suchen. Das erste Dia, bitte.«
    Schaap drückte auf die Fernbedienung, und der Bildschirm sprang auf zwei eingescannte JPE G s.
    »Hier haben wir eine Karte der Innenstadt von Raleigh und das Peugeot-Logo von Donovans Wagen: ein silberner, stehender Löwe. Agent Schaap und ich haben entdeckt, dass Donovans Fahrtstrecke zu seinem Büro ihn sehr nahe nicht nur am Angel’s, sondern auch an einer Reihe von Kreuzungen vorbeiführte, die der Täter benutzt haben konnte, um in die West Hargett Street zu gelangen. Im Lichte der Verbindung zum Sternbild Löwe und den Indizien, die wir Ihnen gleich zeigen werden, sind wir deshalb der Meinung, dass der Pfähler Randall Donovan zunächst wegen des ungewöhnlichen Wagens, den er fuhr, ins Visier genommen hat: einen Peugeot 307 mit einem Löwen auf der Kühlerhaube.«
    In Charlotte stockte jemandem der Atem, und im Büro in Raleigh ging eine Hand in die Höhe. Es war die von Big Joe Connelly, dem Red-Sox-Fan.
    »Eine Frage hier in Raleigh«, sagte Markham. »Dia bitte entfernen, und sprechen Sie Joe.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe. Wollen Sie sagen, dass der Zusammenhang zwischen den Opfern in einer rein visuellen, fast oberflächlichen Verbindung zwischen ihnen und dem Sternbild Löwe besteht?«
    »Nicht unbedingt das Sternbild selbst, sondern was es darstellt: einen Löwen. Von daher wählte der Pfähler seine Opfer jeweils deshalb aus, weil sie ein gemeinsames visuelles Kennzeichen trugen – das Mal des Löwen, wenn man so will, das dem Killer sagt: ›Der ist es.‹«
    »Dann hat der Pfähler Randall Donovan ganz zufällig ausgewählt, einfach weil er das Zeichen des Löwen auf der Kühlerhaube hatte?«
    »Ja und nein«, erwiderte Markham. »Bis zu einem gewissen Grad war der Anwalt zur falschen Zeit am falschen Ort; soll heißen, er kreuzte die Wege des Pfählers, als dieser unterwegs war, um nach seinem nächsten Opfer in der West Hargett Street zu suchen. Doch die Tatsache, dass Donovan einen Löwen auf dem Auto hatte, ist nur ein Teil der Gleichung. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Pfähler die Bestätigung von einer Wesenheit außerhalb von ihm braucht, um seine Taten auszuführen. Für diese Art wahnhaften Verhaltens sind nicht nur Ritualmorde typisch, es weist auch auf einen Tätertypus hin, der glaubt, dass er irgendwie belohnt wird, wenn er tut, was man ihm aufträgt.«
    »Aber mein Junge läuft die ganze Zeit in einem verdammten König-der-Löwen– T-Shirt herum«, sagte Big Joe. »Soll ich ihm das jetzt etwa verbieten, bis wir diesen Kerl gefangen haben?«
    »Nein, so meine ich es nicht. Die ständige Präsenz von Löwenbildern in unserer Kultur würden sie als einziges Kriterium unpraktisch machen. Und da wir wissen, dass der Pfähler sehr geduldig und berechnend ist, können wir annehmen, dass sich das Zeichen des Löwen mit anderen Kriterien verbinden muss – und das erste davon ist der Kontext, in dem sich das Zeichen präsentiert. Der Pfähler muss bei seiner Jagd nicht nur das Zeichen des Löwen identifizieren, sondern der Kontext muss ihm zudem ungewöhnlich, vielleicht beinahe übernatürlich erscheinen. Das wiederholte Auftauchen des Anwalts in seinem seltenen Peugeot auf der West Hargett Street oder Jose Rodriguez’ Leona-Bonita-Nummer in dem Transvestitentheater sind zwei Beispiele für einen solchen Kontext.«
    »Das Zeichen des Löwen ist also eine Art visuelles Omen?«, fragte Joe. »Wie eine schwarze Katze, die einem über den Weg läuft oder so?«
    »Das drückt es gut aus, ja«, sagte Markham.
    In Charlotte ging eine Hand hoch – Mr. Spock wieder.
    »Aber was ist mit dem Akt des Pfählens selbst?«, fragte er. »Ich nehme an, Sie haben die tiefenpsychologische Dimension erforscht – das Pfählen als symbolische Darstellung von Analverkehr unter Männern. Und