Opferschrei
arbeiten sie gerne mit Leuten zusammen, die sie kennen und denen sie vertrauen. Mit ihren Leuten.«
Quinn setzte sich im Schneidersitz auf das Bett. »Ich verstehe, was du meinst. Wem könnten die Dekorateure ihren Schlüssel gegeben haben, ohne dass die Kunden es überhaupt mitbekommen haben?«
»Genau. Also haben wir vielleicht noch mehr Verdächtige. Wir reden noch einmal mit den Dekorateuren und schauen, ob sie ihre Schlüssel irgendwelchen von ihnen beauftragten Handwerkern gegeben haben. Wenn es so ist, kann jeder, der einen Schlüssel geliehen bekommen hat, einen Nachschlüssel gemacht haben.«
»Und kommen und gehen, wie es ihm gefällt«, meinte Quinn, »und alles Mögliche über die Bewohner herausfinden, indem er in ihren Schreibtischen und Schränken herumschnüffelt.«
»Und ihre Computer durchsucht. Vor allem, wenn er herausgefunden hat, wie sie sich ins Internet einloggen. Die meisten Leute haben ihr Passwort in der der Nähe des Computers rumliegen, falls sie es mal vergessen. Genau wie die Kombination für ihren Safe.«
Das klang einleuchtend. Auf jeden Fall einleuchtend genug. Quinn stand auf und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß aus den Augen.
»Wo gehst du hin?«, fragte Pearl.
»Unter die Dusche. Wir beide ziehen uns jetzt an, klemmen uns ans Telefon und vereinbaren Termine mit den Dekorateuren.«
»Du willst mich so hier liegen lassen? Völlig unbefriedigt?«
»Du warst diejenige, die an die Arbeit gedacht hat.«
»Das ist aber nicht die Art des NYPD . Das nennt man ›copus interruptus‹.«
»Keine Sorge, wir machen später weiter. Willst du mit mir unter die Dusche?«
»Aber sicher.«
Sie rutschte ans Fußende des Betts und stand auf. Sie fragte sich, ob sie in der alten freistehenden Wanne ausrutschen, hinfallen und sich etwas brechen würden. »Was hältst du von dieser Deckenlampe?«
Er schaute nach oben. »Sieht mehr aus wie ein Klumpen Farbe, in den man zwei Glühbirnen geschraubt hat.«
»Also würdest du sie ersetzen?«
»Auf jeden Fall.«
»Durch was?«
»Keine Ahnung. Vielleicht würde ich jemanden fragen, zum Beispiel einen …« Er schaute sie stirnrunzelnd an. Offensichtlich fragte er sich, an welchem Punkt während der letzten halben Stunde sie angefangen hatte, über Deckenlampen und Dekorateure nachzudenken.
Pearl befürchtete, seine Gefühle verletzt zu haben. Männer waren so eitel in der Hinsicht. Und um nichts in der Welt wollte sie Quinn verletzen!
Doch wenn sie seinem Ego tatsächlich einen Knacks verpasst hatte, machte sie es unter der Dusche wieder gut.
51
Claire lieh Maddys alten Volvo und fuhr Jubal zum Flughafen.
»Denk nicht zu viel an mich oder das Baby«, sagte sie zu ihm, während sie zur Sicherheitsschleuse gingen, die zu den Gates führte. »Konzentrier dich auf das Stück.«
»Das wird nicht einfach sein.« Er hatte eine schwarze Tasche in der Hand, die seinen Laptop und das Manuskript von As Thy Love Thyself enthielt. Er warf einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr, so wie Leute es taten, wenn sie in Eile waren.
»Viel Erfolg!«, sagte Claire. Geh nicht! Lass mich nicht allein!
Verdammte Hormone!
Er hängte sich seine Tasche über die Schulter und lächelte sie an. Dann gab er ihr einen Kuss, wobei er seine Lippen kurz auf ihren verweilen ließ. »Sei vorsichtig auf dem Heimweg. Fahr durch den Tunnel.«
»Das mach ich immer. Pass auf dich auf. Ich liebe dich.«
»Ich dich auch.«
Sie küssten sich noch einmal, dann ging er los und steuerte mit großen Schritten auf den Metalldetektor mit der kürzesten Schlange zu. Er wich einem Mann und einer Frau aus, die ein Kleinkind auf dem Arm hatten, ihre Koffer hinter sich herzogen und einen Buggy vor sich herschoben, der mit Decken und Stofftieren beladen war.
Das sind wir in weniger als einem Jahr.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis Jubal durch die Sicherheitskontrolle war. Er drehte sich um, winkte ihr zu und schenkte ihr ein letztes Lächeln. Ein gut aussehender Schauspieler. Kollege, Liebhaber, Ehemann. Sie liebte ihn so sehr, dass sie für einen Moment befürchtete, sie würde in Tränen ausbrechen.
Gottverdammte Hormone!
Aber es ist es wert. Es ist es wert.
Die Fahrt zurück zur Wohnung schien ewig zu dauern. Dann brauchte sie weitere zwanzig Minuten, um einen Parkplatz zwei Blocks von ihrem Haus entfernt zu finden. Warum Maddy überhaupt ein Auto in Manhattan besaß, war ihr ein Rätsel.
Um es bedürftigen Freunden auszuleihen – wie zum Beispiel mir.
Sie
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