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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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Moment wäre sie nicht in der Lage zu atmen, geschweige denn zu schreien.
    Und dann wäre es zu spät.
    Keiner sprach, während der Aufzug abwärts fuhr. Quinn widerstand der Versuchung, nach oben zu schauen, so wie die Leute es normalerweise in Aufzügen taten, sondern hielt seinen Blick auf Jubals Spiegelbild in dem kleinen, glänzenden Bedienfeld fixiert.
    Plötzlich sah er, wie ein Arm an ihm vorbeischoss.
    Pearl drückte auf den Nothalteknopf. Der Aufzug bremste ab und kam ruckelnd zum Stehen.
    »Was zum Teufel soll das, Pearl?«, fragte Fedderman.
    Quinn drehte sich um und blickte sie an. »Warum?«
    Sie deutete mit dem Daumen auf Jubal. »Er hat gerade mit einem Bär von Cop um sein Leben gekämpft und versucht zu fliehen.«
    »Und?«, fragte Fedderman.
    »Er ist nicht außer Atem.«
    Quinn starrte Jubal an.
    Es stimmte. Jubals Haut war käsig und er war offensichtlich verzweifelt und verängstigt, aber sein Brustkorb hob und senkte sich kaum und seine Lippen hatte er fest aufeinandergepresst. Er atmete völlig normal. Nachdem er mehrere Runden mit Campbell gekämpft hat? Und der Kampf hatte überhaupt keine Spuren an ihm hinterlassen.
    Er ist nicht der Night Prowler!
    Was bedeutete …
    »Großer Gott!«, entfuhr es Fedderman.
    Alle drei hatten es begriffen und streckten gleichzeitig ihre Finger nach dem Knopf neben der Neunundzwanzig aus.
    Es war Pearl, die den Knopf drückte, während Quinns Finger ihren Daumen quetschte.
    Der Aufzug begann seinen langsamen Aufstieg zurück zu Claires Stockwerk.

71
    »Cara?«
    Claire schnappte nach Luft und schaute auf. Sie saß zusammengesunken am Fußende des Betts, die Ellbogen auf ihre Knie gestützt.
    In diesem Moment zögerte der Night Prowler.
    Sie ist so schön in ihrer Trauer, in ihrem geheimen Wissen. Nicht jetzt, noch nicht …
    Sie setzte sich kerzengerade auf. Sie brauchte einige Sekunden, bis sie den Mann erkannte, der in der Schlafzimmertür stand. Der Maler. »Romulus …« Dann sagte sie automatisch: »Nicht Cara. Ich heiße Claire.«
    Er lächelte, als wäre er beschämt. »Ja. Claire.«
    »Was um alles in der Welt …« Dann sah sie das Messer in seiner Hand, das er flach gegen seine Hüfte presste. Aus der Küche. Ihr eigenes Messer.
    Sie hob ihre rechte Hand an den Mund. »Mein Gott! Sie sind …«
    »Schrei nicht, Cara.«
    Wieder Cara?
    Sie konnte sich weder bewegen noch ihren Blick von ihm abwenden. Ihr Atem setzte aus. Ihr Herz raste und war kurz davor zu explodieren.
    Er seufzte und trat auf sie zu.
    Nicht Cara! Ich bin nicht Cara!
    Als sich die Aufzugstür endlich öffnete, ließen die drei Detectives den völlig ratlosen Jubal allein in seinen Handschellen stehen und rannten den Korridor hinunter zur Wohnungstür.
    »Hey!«, rief Jubal ihnen hinterher.
    Sie drehten sich nicht um; ihre eiligen Füße machten verzweifelte Schabgeräusche auf dem Teppichboden.
    »Hey! Was soll das? Was geht hier vor?«
    Sie ignorierten ihn.
    Die Tür glitt wieder zu und der Aufzug fuhr abwärts, bevor Jubal ihn aufhalten konnte.
    Claire fand endlich die Kraft, sich zu bewegen, und rutschte rückwärts über die Matratze. Sie starrte auf das Messer, dann in Romulus’ Augen. Es waren so schöne blaue Augen, so traurig und ernst. Und intensiv. Beängstigend in ihrer Entschlossenheit.
    Er ist mir voraus. Er weiß, was wir miteinander erleben werden, und er wird dafür sorgen, dass es geschieht. Nichts kann ihn von seinem Vorhaben abhalten.
    Sie beschloss, ein Kissen zu nehmen und auf ihn zu schleudern. Die wenigen Sekunden, in denen er nichts sehen konnte, würde sie nutzen, um ihn zu umrunden und zur Tür zu rennen. Sie hatte kaum eine Chance, aber es war alles, was sie tun konnte.
    Es schien, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
    Er wich dem Kissen einfach aus und fing an, mit unverändertem Gesichtsausdruck ums Bett herum auf sie zuzugehen. Lächelnd gab er den Weg zur Tür frei, und sie wusste, dass er wollte, dass sie losrannte, damit er sie abfangen konnte, damit sie zu ihm kam. Er wartete darauf, dass ihre Nerven mit ihr durchgingen. Gab ihr eine winzige Chance. Wissend, dass sie sie nutzen würde, wenn er näherkam. Was sollte sie auch sonst tun?
    Was soll ich sonst tun?
    »Schnell und hart«, sagte Quinn. Er hoffte, dass der Lärm ihnen helfen würde und vielleicht das hinauszögerte oder verhinderte, was ganz sicher geschehen würde.
    Wenn es nicht schon geschehen war.
    Fedderman, der schnaubte wie ein wütender Stier, wusste, was Quinn meinte. Er senkte

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