Opferschrei
gehabt.
Paare. Warum sollte jemand darauf aus sein, Paare umzubringen? Weil es sich um glückliche Paare handelte und er single und unglücklich war? Nicht sehr wahrscheinlich. Wie viele Menschen liefen da draußen rum, die single und unglücklich waren und nicht andere Leute umbrachten? Allein in New York?
Mich. Ich bin eine Verdächtige.
Genau wie Quinn.
Deprimierender Gedanke.
Okay, es reicht. Zeit, aufzugeben und ins Bett zu gehen.
Sie stand vom Tisch auf und stellte ihr leeres Glas ins Spülbecken, dann ging sie ins Bad und putze sich die Zähne. Sie legte die Türkette an und schob den Riegel vor, dann löschte sie das Licht, sodass die Wohnung nur noch von dem Licht erhellt wurde, das von außen durch die fadenscheinigen Vorhänge drang. Auf dem Weg ins Schlafzimmer machte sie einen großen Bogen um den Schrank im Flur, in dem die Farbe und die Malersachen lagerten, und würdigte ihn keines Blickes.
Zumindest habe ich dieser Versuchung nicht nachgegeben.
Sie machte einen Abstecher ins Bad, um eine Schlaftablette zu nehmen, die der Arzt ihr verschrieben hatte, damit sie ihren Gedanken entkommen und einschlafen konnte. Die Pillen wirkten ganz gut, aber sie wollte sie nicht zu oft einsetzten und abhängig davon werden, deshalb versuchte sie, sie nicht an aufeinanderfolgenden Abenden zu nehmen.
Es war logisch, dass sie heute eine Tablette brauchte, wenn man die möglichen Auswirkungen der in der Mikrowelle aufgewärmten Pizza auf ihre Träume bedachte. Salami und Anchovis. Sie hatte nicht vor, ihrem Unterbewusstsein und ihrem Bauch die Chance zu geben, sich gegen sie zu verbünden. Es war ganz sicher eine Tabletten-Nacht. Ihr Bauch protestierte schon jetzt grummelnd gegen die Pizza.
Sie lag nackt bis auf ihr weites NYPD -T-Shirt auf ihrer Decke, die Klimaanlage am Fenster summte und ratterte, während sie ein kühles Lüftchen über ihre nackten Beine streichen ließ, und dachte über den Elzner-Fall nach.
Was dazu führte, dass sie über Quinn nachdachte.
Da war er wieder, schief im Sattel seines bescheuerten Pferdes.
Mach schon, Tablette!
17
Marcy wurde wieder von dem Traum geweckt, den sie in letzter Zeit öfters hatte. Jemand war im Zimmer bei ihr und Ron, stand am Fußende des Betts und sah ihnen beim Schlafen zu. Sie tauchte langsam aus dem Schlaf hoch, dann schreckte sie ganz auf.
Aber da war niemand.
Schon wieder! So real!
Sie setzte sich auf und blickte sich im Halbdunkel um. Dann entspannte sie sich und legte sich wieder hin. Sie merkte, dass ihre Decke und ihre Kissen nassgeschwitzt waren, obwohl es kühl im Raum war. Ron bewegte sich neben ihr, dann seufzte er und rollte sich auf die Seite, weg von ihr. Seine Größe und seine Nähe beruhigten sie.
Trotzdem konnte sie nicht wieder einschlafen, zu real war der Traum. Realer als sonst, fiel ihr auf. Sie konnte sich ziemlich genau an den dunklen Umriss des Mannes erinnern, wie er völlig ruhig und bewegungslos dastand und sie anstarrte.
Doch es ergab überhaupt keinen Sinn. Welcher Verrückte würde einfach nur dastehen und anderen Leuten beim Schlafen zusehen?
Außer er sah nicht einfach nur zu. Vielleicht versicherte er sich nur, dass sie schliefen, damit er … was tun konnte? Etwas anderes? In dem Wissen, dass er nicht gestört werden würde?
Marcy warf sich auf die Seite und schüttelte ihr Kissen so energisch auf, dass Ron davon wach wurde. Er rollte sich auf den Rücken und sah sie an.
»Ist was?« Seine Stimme war belegt vom Schlafen.
»Ich kann nicht schlafen.«
»Ja, das hab ich gemerkt. Was ist los?«
»Nichts.«
»Gut.«
»Irgendwas stimmt nicht!«
»Und was?«
»Ich weiß nicht.«
Er atmete tief ein und seufzte. »Und du willst, dass ich es herausfinde.«
»Kannst du nachschauen?«
Statt einer Antwort setzte er sich auf und öffnete die Schublade seines Nachttischs. Sie wusste, dass er dort einen kleinen Baseballschläger aufbewahrte. Auch wenn er nur ein Souvenir war, das Sammy Sosas Autogramm zierte, handelte es sich um einen handlichen Knüppel, etwa so groß wie der Schlagstock eines Cops.
Sie schaute zu, wie seine muskulöse, breitschultrige Gestalt, die in weiße Unterhosen und ein weißes Unterhemd gekleidet war, den Raum durchquerte und den Flur betrat. Sie sah, wie sich der Flur erhellte, als Ron das Licht im Wohnzimmer anmachte. Sie konnte hören, wie er da draußen umherging, Dinge überprüfte, dort nachsah, wo sich jemand verstecken könnte, Schranktüren öffnete. Ganz Herr über sein Revier,
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