Opferschrei
Cara nach oben auf den Dachboden und sagte ihm, wie verrückt sie nach ihm war, während sie ihn langsam mit dem Mund aufweckte. Normalerweise endeten sie unten im Schlafzimmer, wo es kühler war. Danach zog sich Luther bequeme Kleidung an und half Cara bei der Hausarbeit. Manchmal liebten sie sich noch einmal, manchmal aber auch nicht. Es lag ganz in ihrer Hand. So einschränkt sie waren, so vorsichtig sie auch sein mussten, genossen beide mehr Freiheit als je zuvor.
Luther setzte sich auf sein Feldbett und stülpte sich den Kopfhörer des batteriebetriebenen Radios über, das Cara ihm gegeben hatte. Dann streckte er sich auf seinem Schlafsack aus, verschränkte die Finger hinter seinem Kopf und lauschte seinem Lieblings-Radiosender. Er war sich sicher, dass niemand im Erdgeschoss seine Bewegungen hören würde. Und selbst wenn Milford und Cara oben im Schlafzimmer waren, war er immer noch zwei Stockwerke über ihnen. Es war fast, als hätte er seine eigene Wohnung im selben Gebäude, abgetrennt durch ein ganzes Stockwerk. Warum sollte sich Luther in seinem spartanischen, aber gemütlichen Heim in einer Ecke des riesigen viktorianischen Dachbodens Sorgen machen?
Roy Rabbit, ein hiesiger DJ , lief im Radio und legte die Art von Musik auf, die Luther mochte, alles Songs aus den 1960ern. Viel Beatles-Zeug. Luther hatte die Beatles besonders gern. Die Monkees fand er ganz okay.
Als Roy Rabbit sich verabschiedete und zu den Nachrichten überleitete, nahm Luther den Kopfhörer ab und schaltete das Radio aus. Er aß das Sandwich, das Cara ihm gemacht hatte, ließ aber die grünen Bohnen und die Karotten liegen. Er sagte sich, dass er sie nicht aß, weil sie kalt geworden waren, wusste aber, dass er sie so oder so weggelassen hätte.
Nach dem Essen hörte er noch ein wenig Radio, dann las er eine Weile, bevor er einschlief.
Es war weit nach Mitternacht, als Luther schwitzend und mit ausgedörrter Kehle aufwachte. Er langte nach dem Wasserkrug, doch dann entschied er, dass lauwarmes Wasser nicht das war, was er jetzt brauchte. Etwas Kaltes wäre um einiges besser. Als er von seinem Feldbett aufstand, merkte er, dass er auch hungrig war.
Er verließ den Dachboden, ohne die Leiter zurückzuschieben, dann stieg er die Hintertreppe zum ersten Stock hinunter. Auf dem Treppenabsatz blieb er stehen und lauschte. Er war sich sicher, Milford schnarchen zu hören.
Luther folgte dem Geräusch den dunklen Flur hinunter, dann linste er durch die halboffene Schlafzimmertür des Ehepaars.
Da war Milford, ein Haufen unter dem weißen Leintuch, das von Luther aus gerne ein Leichentuch hätte sein dürfen. Cara lag anmutig auf ihrer Seite daneben, ein langes weißes Bein schaute unter der Decke hervor.
Luther betrachtete es lächelnd. Es sah aus wie das Bein eines wunderschönen Wesens, das gerade geboren wurde. Dann kehrte er zur Treppe zurück, stieg ins Erdgeschoss hinunter und ging in die Küche.
Er nahm eine kalte Dose Pepsi aus dem Kühlschrank, und dann sah er das Stück Pfirsichkuchen im obersten Fach.
Warum nicht? Pepsi und Kuchen. Wenn das letzte Stück Kuchen für Milford bestimmt war, würde Cara schon eine Erklärung einfallen. Sie wurde immer besser darin. Er setzte sich an den Tisch.
Er hatte gerade das letzte Stückchen Kuchen gegessen und griff nach der Dose, als er ein Geräusch hörte und den Kopf so schnell drehte, dass ihm ein scharfer Schmerz in die Seite seines Halses fuhr.
Cara stand im Türrahmen und hatte ihren Zeigefinger auf die Lippen gelegt. Sie trug ihr hellblaues Seidennachthemd, unter dem sich die großzügigen Konturen ihrer Brüste und ihre harten Brustwarzen abzeichneten.
»Himmel, Cara!«, flüsterte Luther.
Sie kam zu ihm herüber, nahm den Kuchenteller, auf dem jetzt nur noch Krümel lagen, und trug ihn zur Spüle.
»War das Milfords Kuchen, den ich grad gegessen habe?«, fragte er.
»Kein Stück des Kuchens gehört Milford.« Sie grinste. »Komm mit.«
Luther stand auf und folgte ihr mit der halbvollen Coladose ins Wohnzimmer.
Der Kühlschrank hörte auf zu brummen. Es war still und dunkel im Wohnzimmer, aber es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie im sanften Licht der Straßenbeleuchtung, das durch das Rollo hereindrang, sehen konnten.
»Milford schläft wie ein Stein«, sagte sie. »Er wird uns nicht hören.« Sie nahm Luthers Hand und führte ihm zum Sofa.
»Da drüben«, sagte er und zeigte mit seinem Finger.
Sie kicherte. »Milfords Sessel?«
»Ich könnte mir keinen besseren
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