Opferschrei
Platz vorstellen.«
Luther nahm ihre andere Hand und führte sie rückwärts zu dem großen Ohrensessel, der auf den Fernseher ausgerichtet war. Er stellte die Coladose auf ein Buchhalter-Magazin, das auf dem Tischchen neben dem Sessel lag, dann zog er seine Boxershorts aus und setzte sich. Cara zog ihren Slip unter dem Nachthemd aus und setzte sich auf seinen Schoß. Er küsste sie auf ihre Wange und ihr Ohr und schob seine Hand zwischen ihre Beine. Sie war kalt von der Coladose, aber das änderte sich schnell.
Cara wandte sich und küsste ihn auf die Lippen. Sie hörten nicht auf, sich zu küssen, während sie sich so drehte, dass sie ihn direkt ansah und rittlings auf ihm saß. Dann hob sie ihren Körper, damit er ihre Brustwarzen küssen konnte. Nach ein paar Minuten senkte sie sich auf ihn herab. Sie gab einen Laut von sich, der Luther inzwischen sehr vertraut war, wie eine sanfte Brise, die sehnsuchtsvoll im Sommerlaub seufzte.
Eine halbe Stunde später lag Cara wieder neben dem leise schnarchenden Milford, und Luther war zurück in seiner Ecke auf dem Dachboden, durchwärmt von seiner Liebe und seinem Geheimnis.
Er schlief so gut wie noch nie in seinem Leben.
32
New York, 2004.
Pearl und Quinn kamen vor Fedderman am Tatort an.
Quinn hatte der Anruf von Harley Renz um acht Uhr morgens erreicht. Wieder war ein verheiratetes Paar in ihrer Manhattaner Wohnung ermordet worden. Mary Navarres Blut war durch einen Riss im Küchenboden gesickert und hatte sich unter den Fließen verteilt. Ein Teil davon hatte seinen Weg in die Wohnung darunter gefunden und eine schmale scharlachrote Spur auf der Tapete über dem Herd hinterlassen.
Um Viertel vor acht hatte der Hausmeister die Wohnung aufgeschlossen und die Leichen entdeckt, nachdem er die Flüssigkeit an der Wand darunter als Blut identifiziert hatte. Er war klug genug gewesen, nichts zu berühren und die Tür der Navarres hinter sich abzuschließen, bevor er die Polizei von seinem eigenen Telefon aus anrief. Renz, oder irgendjemand in Renz’ Lager, hatte den Anruf abgefangen und sofort Quinn verständigt. Die Spurensicherung war noch nicht da. Die beiden Streifenpolizisten, die den Anruf entgegengenommen hatten, nachdem er es an Renz vorbeigeschafft hatte, warteten draußen im Korridor. Nur Pearl und Renz waren in der Wohnung, zusammen mit den beiden Leichen.
»Jetzt haben wir unser Muster«, sagte Pearl in einem angewiderten Ton. Sie befanden sich in der Küche und starrten auf Donald Baines, der zusammengerollt auf dem Boden lag. Seine Frau Mary lag ausgestreckt in einer trocknenden Blutlache auf der anderen Seite der Küche. Als der Hausmeister ihnen die Namen der Opfer mitgeteilt hatte, waren sie nicht mehr gewesen als das – Namen. Jetzt waren es Menschen. Waren Menschen gewesen. Pearl unterdrückte die Übelkeit und kalte Wut, die jedes Mal in ihr aufstieg, wenn sie an einen Ort kam, an dem ein Mord stattgefunden hatte. Der gewaltsame Tod blieb immer eine Weile am Tatort und hing in der Luft wie ein böser Geist.
Quinn zog seine Latex-Handschuhe an, und Pearl tat es ihm gleich.
»Wieder in der Küche«, sagte Quinn.
Vorsichtig, um nicht in das Blut zu treten, suchten sie sich einen Weg zum Tisch. In gewisser Hinsicht waren sie beide erfreut. Der Mörder war nun so weit auf seiner kranken und tödlichen Reise vorangeschritten, dass er seine Unterschrift an den Schauplätzen seiner Morde hinterließ.
»Das ist neu«, sagte Pearl und betrachtete den Milchkarton, den ausgewickelten Brotlaib und das halbgegessene Sandwich auf dem Tisch. Sie berührte den Milchkarton. Selbst durch die Handschuhe spürte sie, dass er Raumtemperatur hatte. »Es sieht so aus, als wäre der Mörder gestört worden, als er einen kleinen Imbiss zu sich genommen hat.« Sie beugte sich tiefer, um das Sandwich genauer unter die Lupe zu nehmen. »Pastrami.« Sie hob die obere Brotscheibe mit einer Fingerspitze an und schaute darunter. »Senf und Essiggurke.« Auf dem Tisch standen weder ein Senf- noch ein Gurkenglas. Aber das Sandwich war definitiv selbstgemacht, es stammte nicht aus dem Supermarkt oder von einem Lieferservice.
Quinn beugte sich über Donalds Leiche. »Eine Stichwunde.« Er richtete sich schwerfällig auf. Das knirschende Geräusch eines Knorpels erinnerte ihn daran, dass seine Knie nicht mehr die jüngsten waren. Dann ging er zu Marys Leiche. »Hier haben wir viele Stichwunden. Ich zähle zwölf, aber wahrscheinlich kann ich nicht alle sehen. Die meisten im
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