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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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geblieben, um mich zu vergewissern, dass die Luft rein war. Aber dann habe ich seine Stimme gehört …«
    Lena schaute auf und hatte das Gefühl, geradewegs auf die Zielgerade zuzusteuern. »Und worüber hat er gesprochen?«
    »Es waren keine … keine klaren Sätze, mehr ein … ein Nuscheln.«
    »Frau Wagenbach, glauben Sie, Sie würden diese Stimme wiedererkennen?«
    Bitte sag ja, bitte erzähl mir, dass du ihn anhand seiner Stimme identifizieren kannst!
    Die Frau nickte. Zögerlich zwar, aber sie nickte.
    Sehr gut. »Und die andere Person, war die ebenfalls männlich?« Sie sah, wie die Pupillen der Frau unter den halbgeöffneten Lidern unruhig umhersprangen.
    »Nein, so war das nicht … Ich glaube, er war allein … hat mit sich selbst gesprochen … Und dann war plötzlich alles still«, fuhr sie so leise fort, dass Lena Mühe hatte, sie zu verstehen.
    »Auf einmal habe ich gehört, wie er eine Treppe hinaufgestiegen ist. Ich nahm an, er sei fort, also habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und mich aus dieser Kammer geschleppt … Meine Beine waren so schwer« – ihr Atem beschleunigte sich –, »ich bin immer weitergelaufen, durch einen engen, endlos langen Gang … Alles war so erdrückend eng und so stickig, dass ich kaum Luft bekam. Überall schwirrten diese Fliegen herum … und da waren meterhohe Vitrinen, in denen Glasbehälter mit trüber Flüssigkeit standen. In denen schwammen …« Angewidert verzog sie ihr Gesicht, und ihre Stimme verlor sich.
    Lena erschauderte, als der Groschen fiel. Er konserviert seine Beute? Aber wozu? Sollten wir es doch mit einem krankhaften Sammler zu tun haben? Nein, das wäre zu einfach. Wenn es ihm bloß darum ginge, seine Sammlung zu erweitern, wäre er wohl kaum so penibel bei der Wahl seiner Opfer. Sie beeilte sich, alles mitzuschreiben. »Befand sich außer Ihnen noch jemand in diesem Keller?«
    »Ich weiß es nicht. Aber plötzlich habe ich gehört, wie er zurückgekommen ist. Und plötzlich habe ich seine Schritte hinter mir gehört. Mein Gott, er muss meiner Blutspur gefolgt sein, … kam immer näher, und ich war mir sicher, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er mich kriegen würde. Doch plötzlich war ich in einem Hinterhof angelangt.«
    »Was für ein Hinterhof war das?«, fragte Lena nach. »Keine Ahnung … ich habe nicht viel gesehen – als ich bemerkt habe, dass mir der Mann in den Hof gefolgt ist, bin ich hinter einen Container und habe nur noch gebetet, dass er mich nicht finden würde. Nach einer Weile habe ich ihn aus den Augen verloren … Dann bin ich losgerannt, einfach nur immer weitergerannt …«
    Plötzlich war Lena, als setze ihr Herz einen Schlag lang aus. » SIE HABEN SEIN GESICHT GESEHEN ?«
    Die junge Frau nickte benommen. »Ja … auf dem Hof … und dieses Mal trug er keinen Mundschutz …«
    Am liebsten hätte Lena laut in die Hände geklatscht. »Können Sie mir den Mann beschreiben?«
    »Er … er …«, würgte sie hervor, doch ihre Stimme brach ab.
    »Frau Wagenbach, bitte versuchen Sie, sich zu konzentrieren – wie sah dieser Mann aus? Kam er Ihnen bekannt vor??«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf, ehe sie fortfuhr. »Ich bin weitergelaufen … immer nur weitergelaufen …« Lena ahnte, dass sie kurz davor war, den Kontakt zu ihr zu verlieren.
    Anscheinend baute sich in Christine Wagenbach eine Blockade auf, sobald sie auf ihren Peiniger zu sprechen kam. Lena warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr und sagte: »Frau Wagenbach, bitte versuchen Sie, sich an den Mann zu erinnern – jedes Detail könnte ungeheuer wichtig sein.«
    Lena hatte kaum ausgesprochen, da versuchte Wagenbach, sich im Bett aufzurichten. Au, Shit! Blitzschnell ließ Lena ihr Notizbuch zuschnappen und sprang auf, um ihr zu Hilfe zu eilen. Doch zu spät. Die Augen vor blankem Entsetzen aufgerissen, starrte die junge Frau auf ihren rechten Unterarm, an dessen Ende sich statt ihrer Hand lediglich ein mit einem Verband umwickelter Stumpf befand. »Meine Hand! Meine Hand!«, schrie sie, von plötzlicher Panik ergriffen. Gerade so, als hätte sie bis eben gehofft, aus diesem Alptraum doch noch zu erwachen. Lena hatte befürchtet, dass das passieren würde. »Bleiben Sie ganz ruhig, Frau Wagenbach«, versuchte Lena beruhigend auf sie einzureden, doch die Frau wurde vollkommen hysterisch und wollte nicht aufhören zu schreien. Lenas Puls raste. Ihr Blick schnellte zum Monitor des EKG s. Wagenbachs Herzfrequenz war bedrohlich in

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