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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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egal, jedenfalls habe ich beim Verlassen der Diskothek Roggendorf gesehen.«
    »Ganz sicher, dass er es war?«
    »Dieser Kerl war eindeutig Ferdinand Roggendorf, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
    Lena trank ihren Espresso aus und stellte die Tasse ab. »Und wo ist Tamara jetzt?«
    »Keine Ahnung« – er hob ratlos die Hände und legte sie auf den Tresen –, »als ich spät in der Nacht wieder zurückkam, war Tamara mit dem Kind verschwunden.«
    Lena zog die Brauen zusammen. »Haben Sie eine Ahnung, wohin sie gegangen sein könnte?«, fragte sie besorgt.
    Ein Kopfschütteln. »Ich bin davon ausgegangen, dass sie im Laufe des Tages schon wiederkommen würde … schließlich hat sie ja ihr ganzes Gepäck dagelassen.«
    »Ihr Gepäck?« Das beunruhigte Lena. Tamara hatte noch nie viel besessen, und ihre wenigen Habseligkeiten hielt sie stets beisammen. Sie hoffte inständig, dass Tamara wenigstens dieses eine Mal keinen Mist gebaut hatte. »Darf ich mal?«, fragte sie und zeigte auf Bellings Handy, das auf dem Tresen lag.
    »Sicher, ich habe die Nummer Ihrer Schwester sicherheitshalber gespeichert.«
    Lena nickte und wählte Tamaras Nummer. »Ist ausgeschaltet«, sagte sie nach einer Weile und gab ihm das Telefon zurück.
    Belling kratzte sich an der Stirn. »Scheint ein bisschen schwierig zu sein, Ihre Schwester.« Er schob den Unterkiefer zur Seite und blickte Lena fragend an. »Warum tun Sie das eigentlich alles für Ihre Schwester?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Lena und bestellte einen weiteren Espresso.
    »Na, das alles eben. Sie kümmern sich um sie, obwohl Ihre Schwester nur um sich selbst kreist und sich nicht im Geringsten darum schert, wie andere sich dabei fühlen.«
    Lena hob die Schultern. »Na ja, sie ist immer noch meine Schwester. Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind …«, meinte sie mehr zu sich selbst und drehte einen Moment lang abwesend den Zuckerstreuer in ihrer Hand. »Als Tamara und ich nach dem Tod unserer Eltern zu verschiedenen Pflegefamilien kamen, hatten wir viele Jahre keinen Kontakt«, begann sie zu erzählen, ihren Blick weiter auf den Zuckerstreuer gerichtet. »Das änderte sich, als wir beide volljährig waren. Eine Zeitlang waren wir sogar unzertrennlich. Aber dann ist Tamara an den falschen Kerl geraten, und wie das manchmal so ist, haben wir den Kontakt wieder verloren.« Die Kellnerin servierte ihren Espresso. Lena holte tief Luft, bevor sie fortfuhr. »Mit der Zeit entpuppte sich Tamaras Ehemann mehr und mehr als brutaler Tyrann, der sie regelmäßig krankenhausreif schlug.« Ohne den Kopf anzuheben, sah Lena zu Belling auf. »Sie haben ja keine Vorstellung, wie oft ich sie damals bei mir aufgenommen und mit Engelszungen auf sie eingeredet habe, sie soll diesen Typen endlich zum Mond schießen. Aber sie ist immer wieder zu ihm zurückgekehrt«, erzählte sie und schüttelte betrübt den Kopf. »Erst nach der Geburt ihrer Tochter Fabienne sind Tamara die Augen geöffnet worden. Sie hat es nie zugegeben, aber ich meine, er hat seine Wutattacken auch an der Kleinen ausgelassen.« Lena klemmte sich eine Haarsträhne hinters Ohr, ehe sie gedankenverloren fortfuhr. »Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem sie zum letzten Mal nach Hause gefahren ist, um ein für alle Male ihre Koffer zu packen. Sven, ihr Mann, sollte an dem Tag eigentlich auf Montage sein, und ich sollte sie dann später mit ihren Koffern und dem Kind zu Hause abholen.« Sie biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. »Aber irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der Sache. Also bin ich schon früher hin, um ihr beim Packen zu helfen. Und als ich bei ihrer Wohnung ankam – da war er bereits da. Die Tatsache, dass sie ihn verlassen wollte, hatte ihn so wütend gemacht, dass er sich wieder einmal selbst übertroffen hat. Als ich die Schreie gehört habe, bin ich sofort in die Wohnung gestürmt.« Erneut schüttelte sie den Kopf. »Der hat sich nicht mal die Mühe gemacht, die Tür zu schließen.« Lena spürte, dass ihre Augen sich mit Tränen füllten, und sie zwang sich, dagegen anzukämpfen. »Meine Schwester saß blutüberströmt unter dem Küchentisch und hat bitterlich geweint. Ich habe noch versucht, sie zu beruhigen, da haben wir plötzlich Fabienne im Wohnzimmer schreien gehört.« Lena schluckte. »Wir sind beide aufgesprungen und sofort hingerannt. Sven wollte gerade auf die Kleine losgehen, da hat Tamara den großen Pokal aus dem Regal genommen und ihn

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