Opferzahl: Kriminalroman
Tresen. »Ich möchte Sie um einen sehr wichtigen Gefallen bitten.«
Die Bibliothekarin nickte schicksalsschwer.
»Ich möchte wissen, wer dieses Buch im letzten halben Jahr ausgeliehen hat.«
Die Bibliothekarin runzelte die Stirn und sagte:
»Ich bin nicht sicher, ob ich ...«
»Es ist sehr, sehr wichtig. Und eilig.«
»Ich glaube nicht, dass die Polizei das Recht hat ...«
»Wir haben das Recht«, sagte Sara Svenhagen. »Aber der förmliche Weg dauert viel zu lange. Können Sie nicht einfach nachsehen? Ist das Buch oft ausgeliehen worden?«
Die Bibliothekarin drehte den Bildschirm zur Seite, führte einen Scanner über den Strichcode auf dem Buchumschlag und wartete eine Weile. Dann sagte sie:
»Nein, nicht oft.«
»Wie oft?«
Die Bibliothekarin sah sie wieder mit diesem Blick an, der ahnen ließ, dass sie Konfrontationen mit der Polizei erlebt hatte, die zu kompliziert gewesen waren, um ihr je wieder zu vertrauen.
»Nur ein Mal«, sagte sie schließlich und senkte den Blick, als ob sie sich schäme. »Wann war das?«
»Das Buch wurde vor knapp einer Woche zurückgegeben«, sagte die Bibliothekarin. »Nachdem es einen Monat ausgeliehen war.«
»Ich fürchte, ich muss den Namen wissen«, sagte Sara Svenhagen.
Die Bibliothekarin seufzte tief und sagte:
»Mehran Bakhtavar.«
»Danke«, sagte Sara Svenhagen und unterdrückte einen Jubelschrei. »Haben Sie auch die Adresse?«
»Rönnholmsgränd 59.«
»Wo ist das?«
»In Virberg«, antwortete die Bibliothekarin.
*
Viggo Norlander sah sich im Raum um. Es herrschte chaotische Betriebsamkeit.
Ein Sitzungsraum bei der Reichspolizeibehörde war bereitgestellt worden und an den Wänden standen nun Schreibtische in einer langen Reihe. Auf diesen baute eine ansehnliche Menge Polizisten gerade Computer nach Computer auf und kennzeichnete sie einheitlich. Auf einem Tisch in der Raummitte lagen noch weitere Kennzeichnungszettel.
Es waren sehr viele Macs und PCs, Laptops und stationäre Computer, sie alle gehörten den Opfern des Bombenattentats. Und dabei war erst die Hälfte der U-Bahn-Fahrgäste endgültig identifiziert - das Kriminaltechnische Labor arbeitete unter Hochdruck an den übrigen Identifizierungen und war in mehreren Fällen schon kurz vor dem erfolgreichen Abschluss. Die Kennzeichnungen an den Computern auf den Schreibtischen lauteten:
»4a. Jonas Klingströms privater Computer«
»4b. Jonas Klingströms Arbeitsplatzcomputer (Uni Stockholm)«
»7a. Alicia LJungs privater Computer 1«
»7b. Alicia Ljungs privater Computer 2«
»8a. Tommy Karlströms privater Computer 1«
»8b. Tommy Karlströms privater Computer 2«
»9a. Hussein Al Qahtanis privater Computer«
»10a. Roland Karlssons privater Computer«
»10b. Roland Karlssons Arbeitsplatzcomputer 1 (Vision Data)«
»11. Andreas Bingbys privater Computer«
Auf dem Tisch in der Mitte lagen noch die Zettel:
»8c. Tommy Karlströms Arbeitsplatzcomputer (Sony)«
»9b. Hussein Al Qahtanis Arbeitsplatzcomputer (Ekerö Taxi)«
»1oc. Roland Karlssons Arbeitsplatzcomputer 2 (Vision-Com)«
Zwei verschiedene Unternehmen bei Roland Karlsson, dachte Norlander sinnfrei.
»Gut gemacht«, rief er in Ermangelung klügerer Worte und brachte damit die Aktivitäten sekundenlang zum Erliegen. All die zwangsabkommandierten und samstagabendseufzenden Polizisten unterbrachen für einen Augenblick ihre Tätigkeit, um die Quelle dieser großartigen Floskel zu lokalisieren.
Als er ihre Blicke wahrnahm, sehnte er sich auf eine Art und Weise, die er nicht für möglich gehalten hätte, nach Arto Söderstedt.
Wo war der verfluchte Finne? Wenn man ihn ausnahmsweise einmal brauchte ...
Eine der Polizeiaspirantinnen, die sich bereits vor dem Laptop mit der Kennzeichnung »8b. Tommy Karlströms privater Computer 2« niedergelassen hatte, rief:
»Was machen wir denn mit dem Passwort?«
»Welchem Passwort?«, rief Viggo Norlander zurück, hauptsächlich, um Zeit zu gewinnen.
»Wenn der Computer passwortgeschützt ist!«, rief die Aspirantin zurück.
»Wir haben ein paar Techniker hier!«, rief Viggo Norlander. »Techniker nach 8b!«
Dabei hasse ich Ausrufezeichen!, dachte Viggo Norlander.
Ein Computerspezialist drängte sich durchs Gewühl zu Platz 8b durch, und noch ein weiterer Computer, ein richtiges Trumm, traf in den Händen zweier muffeliger uniformierter Polizisten ein.
»Woher kommt der?«, fragte Norlander und begann über seinen
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