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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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er.
    Er legt die Patrone in den Koffer, drückt sie in den Schaumstoff, damit sie von den anderen Sachen getrennt ist.
    »Versuch, die anderen Kugeln nicht zu benutzen«, sagt sie. »Je länger du hier oben bist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass du geschnappt wirst. Wir müssen ihn mit dem ersten Schuss erledigen. Andernfalls bringen wir noch mehr Leute in Gefahr.«
    »Es wird nur ein Schuss nötig sein.«
    Melissa klettert auf die Plattform und richtet sich auf.
    »Was machst du da?«, fragt Raphael.
    Sie greift nach oben und schiebt eine Deckenplatte zur Seite.
    »Es ist sicherer für uns, wenn das Gewehr hier bleibt«, sagt sie.
    »Warum?«
    »Weil ich nicht glaube, dass es einen besonders guten Eindruck macht, wenn du es am Montagmorgen hier reintragen musst. Wir verstecken es hier oben, du schießt damit und verstaust es dann wieder hier oben. Die Polizei wird her ausfinden, von wo der Schuss abgefeuert wurde, aber sie hat keinen Grund anzunehmen, dass das Gewehr immer noch hier ist. Und selbst wenn sie es finden sollte – es wird sauber sein.«
    »Leuchtet ein«, sagt er. »Lass mich das machen.«
    Sie tauschen die Positionen. Er greift nach oben und verstaut den Koffer in der Zwischendecke. Sie reicht ihm die Tasche mit der Polizeiuniform. »Die bewahren wir auch hier auf«, sagt sie.
    Er schiebt die Platte wieder zurück und klettert hinunter.
    »Du wirst also nicht noch mal herkommen?«, fragt er.
    Sie schüttelt den Kopf. »Gibt keinen Grund dafür«, sagt sie, denn sie wird unten sein, mitten im Geschehen, zwischen den Cops und Demonstranten, inmitten des nervösen Treibens, der Sprechchöre und Beschimpfungen. Raphael ist der Schütze. Und sie die Sammlerin. Es gibt keinen Grund, so zu tun, als wäre es anders.
    »Wollen wir die Sache nicht weiter durchspielen?«
    Sie schüttelt den Kopf. Sie schiebt den Vorhang zur Seite und schaut durch das Fenster auf den Transporter, der ge rade wieder losfährt. Der einzige Unterschied zwischen dem Ablauf heute und am Montag wird sein, dass dann noch ein Krankenwagen dort unten stehen wird – und in den Straßen um das Gerichtsgebäude verteilt werden noch weitere stehen.
    Das ist auch nötig, denn die Demonstration wird ein Pulverfass sein, das jederzeit explodieren kann.
    Darum hat sie sich vor ein paar Monaten eine Sanitäteruniform besorgt. Schließlich ist sie die Sammlerin.

Kapitel 41
    Als zur Linken das Gefängnis erscheint, biegen wir ab. Dass wir die Fenster im Transporter geöffnet haben, hat geholfen, wenn auch nur unwesentlich. Dass uns dabei kalt wurde, war ein Opfer, das alle wohl gerne gebracht haben. Aber offensichtlich hat die feuchte Luft, die ins Wageninnere strömte, den Gestank aufgesaugt und dafür gesorgt, dass er wie eine dünne Kondensschicht an allen Oberflächen kleben bleibt. Wir fahren durch die Tore und gehen zu dem Eingang, aus dem man mich vorhin herausgeführt hat. Der Gefängnisdirektor ist da, um mich in Empfang zu nehmen. Er mustert mich angewidert. Alle tun das. Nur weil ich mich an den Blick gewöhnt habe, heißt das nicht, dass er mir gefällt. In einer fairen und gerechten Welt würde ich keine Ketten tragen und diese Leute hätten das Nachsehen.
    »Macht ihn sauber«, sagt der Direktor zu niemand Bestimmtem, und niemand Bestimmtes nimmt Notiz davon, denn ich bin mit lauter Leuten zusammen, die mich nicht anschauen wollen. Ich stehe leicht schief da, weil ich einen Schuh verloren habe. Der Direktor scheint von allen am meisten verärgert, und wäre er mit auf den Ausflug gefahren und hätte mit abgestimmt, dann wäre ich jetzt, da bin ich mir sicher, immer noch da draußen, umgeben von Scheinwerfern und Absperrband. Erneut muss Papierkram erledigt werden. Ich stehe da und sehe dabei zu, wie die Formulare ausgefüllt und unterschrieben werden. Dann bringen mich dieselben vier Wärter, die mich vorhin rausgeführt haben, wieder zurück. Sie scheinen nicht begeistert über die Aufgabe zu sein. Sie wollen mich nicht berühren. Man wirft mir den Schlüssel für die Handschellen zu und fordert mich auf, sie selber zu öffnen und von der Kette wegzutreten. Dann befiehlt man mir, den noch verbliebenen Schuh, der voller Schlamm ist, auszuziehen, dann die Socke am anderen Fuß. Der Betonboden ist kalt. Erneut spüre ich ein Druckgefühl in der Magengegend. Man bringt mich direkt in die Dusche und gibt mir sechzig Sekunden, um mich sauber zu machen. Ich nutze jede einzelne davon. Ich glaube, es hat sich noch nie so gut

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