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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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Bruder ihn auf eine Grillparty eingeladen und die Hühnchen zu kurz gegrillt hat. Er sollte hinschmeißen. Das hier ist es nicht wert. In vierzig Jahren, wenn er Krebs hat und lungenkrank ist, oder was auch immer für einen Krankheitscocktail das Leben für ihn bereithält, wird er auf diese Woche zurückblicken und sich dafür hassen. Es sei denn, er ist inzwischen an Alzheimer erkrankt – denn Alzheimer wäre, wie die Wake-E-Tabletten, ein Geschenk des Himmels.
    Jones fährt fort. Schroder nimmt erneut einen Schluck Wasser, denn er weiß, dass das vor der Ausstrahlung rausgeschnitten wird. Jones erzählt dem Publikum von Calhouns Schmerz. Er bauscht es etwas auf. Die Kerzen flackern. Jones ist hoch konzentriert, während er mit dem toten Polizisten Verbindung aufnimmt. Er hat seine Beine jetzt nicht mehr übereinandergeschlagen. Ganz der Profi, kriegt er es gleich beim ersten Take richtig hin, sodass es nicht noch mal gedreht werden muss.
    »Er wurde vergraben«, sagt Jones, was ein hübscher, allgemeiner Einstieg ist, aber Schroder weiß, dass er gleich sehr viel präziser werden wird. »Außerhalb der Stadt, aber nicht weit entfernt. Etwa eine halbe Stunde von hier. Ich spüre … ich spüre Wasser«, sagt er, dann schüttelt er den Kopf, »nein, nicht Wasser. Dunkelheit. Feuchtes Dunkel. Da ist eine freie Fläche. Sie ist nass vom Regen. Ich sehe … ich sehe ein flaches Grab.« Er neigt den Kopf zur Seite, wie Lassie, die nach Kindern lauscht, die in einem Brunnen feststecken, nur dass Lassie eine Moral hatte. »Richtung Norden«, sagt er. »Richtung Norden … und etwas nach Westen.«
    Jonas Jones öffnet die Augen. Er schaut direkt in die Kamera, mit genau dem richtigen Maß an Freude, weil er helfen konnte, und dem richtigen Maß an Traurigkeit, die der Anlass verlangt, und dazu einer Prise Erschöpfung – denn die Kontaktaufnahme mit der Geisterwelt fordert bestimmt ihren Tribut. Er blinzelt dabei nicht. »Ich kann deutlich spüren, was mit Detective Robert Calhoun passiert ist«, sagt er. »Ich glaube, ich kann … ja, ja. Ich glaube, dass ich uns zu ihm führen kann. Ich …« Er schließt die Augen, neigt den Kopf in die andere Richtung und verzieht leicht das Gesicht, als hätte er Schmerzen. Um erneut zu zeigen, was für eine Last es ist, ein begnadeter Hellseher zu sein, vermutet Schroder. Und stets die richtigen Lottozahlen zu kennen. »Ich glaube, ich weiß, wo er liegt.«
    »Wo?«, fragt Schroder und runzelt ein wenig die Stirn, er macht ein ernstes Gesicht, spielt seinen Part.
    »Es ist schwer zu erklären«, sagt Jones, doch dann fängt er trotzdem an, es zu erklären. »Er ruft mich. Er will, dass man ihn findet. Er will, dass ich ihn finde«, sagt er und betont das Wort ich , denn schließlich ist Jones es, der die Vision hat, nicht einer dieser Vier-Dollar-pro-Minute-Hellseher, die um zwei Uhr morgens ans Telefon gehen, um einen in Liebesfragen zu beraten.
    »Das ist gut«, sagt die Regisseurin, aber Schroder glaubt, dass sie den letzten Satz womöglich rausschneiden werden, denn er legt den Schluss nahe, dass andere Mordopfer nicht ge funden werden wollen, wenn Jones sie nicht aufspüren kann.
    »Ich habe nicht zu dick aufgetragen?«, fragt Jones.
    »Es war perfekt«, sagt die Regisseurin. »Lasst uns zusammenpacken und die Show auf die Straße bringen.«
    Ein paar Minuten später kommt die Show auf die Straße, auf dem Parkplatz fangen sie damit an. In den anderthalb Stunden, die sie im Gebäude waren, ist der Morgen kein bisschen wärmer geworden. Es scheint zwar, Gott sei Dank, die Sonne, aber trotzdem ist es so kalt, dass man sich fragt, ab welcher Temperatur man Frostbeulen kriegt. Schroder bildet das Schlusslicht, die anderen vor ihm unterhalten sich angeregt, wie man es tut, wenn man schon oft im Team zusammengearbeitet hat. Jones klettert auf die Fahrerseite eines dunkelblauen, höchstens zwei Jahre alten Wagens. Die Kamerafrau nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und der Tonmann auf der Rückbank. Die Regisseurin und der Lichtpraktikant besteigen einen zweiten Wagen, der Kameramann hockt sich auf den Beifahrersitz, um Aufnahmen von Jones’ Auto zu machen, wie es durch die Stadt kutschiert. Schroder fährt allein mit seinem Wagen. Allmählich geht es auf Mittag zu, und er ist schon wieder müde. Er muss was unternehmen – er kann nicht so weitermachen. Er kann nicht den Prügelknaben für einen Typen abgeben, der Zeug dreht, das, soweit Schroder weiß, nicht unterhaltsamer als eine

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