Opferzeit: Thriller (German Edition)
aufs Bett lege, verspüre ich etwas, was ich schon lange nicht mehr verspürt habe – ein Gefühl der Hoffnung.
Kapitel 21
Raphael geht ins Innere des Gebäudes, und Kent und Schroder bleiben im Türrahmen stehen. Sie müssen zweimal zur Seite treten, als weitere Personen aufbrechen. Auf seinem Weg nach draußen nickt ihnen ein älterer Herr zu und grüßt sie mit einem »Detectives«. Schroder erkennt ein Paar wieder, das aussieht, als wäre es um zwanzig Jahre gealtert, seit er es vor fünf Jahren aufgesucht hat, um ihm mitzuteilen, dass ihr Sohn wegen einer Tasche voller Kleingeld und einem Paar Turnschuhe ermordet wurde. Der Täter hatte sich von dem Geld einen Hamburger gekauft und ihn gerade erst halb aufgegessen, als man ihm Handschellen anlegte.
»Vielleicht hätten wir Melissa doch erwähnen sollen«, sagt Schroder.
»Wir waren uns einig, es nicht zu tun, und das nicht ohne Grund«, sagt Kent. »Eigentlich sollte ich Sie nicht daran erinnern müssen, dass wir nicht wissen, ob sie in die Sache verwickelt ist, und wenn wir sie erwähnen, dann kann es passieren, dass die Leute da nach etwas suchen, wo nichts ist. Wir dürfen keine ungesicherten Informationen weitergeben. Denn als Nächstes bringen sie’s in den Nachrichten, und derartige Falschinformationen könnten Melissa verärgern. Sie könnten sie dazu verleiten, an jemandem ein Exempel zu statuieren. Sollte sie also tatsächlich dahinterstecken, können wir es uns nicht leisten, dass sie von unserem Verdacht ihr gegenüber erfährt.«
»Schon klar«, sagt Schroder und beißt die Zähne aufeinander. »Ich habe mit so was wie dem hier mal mein Geld verdient.«
Sie lächelt und nimmt die Spannung heraus. »Ich weiß. Tut mir leid«, sagt sie.
Die Unterhaltung erinnert Schroder an die Gespräche, die er früher mit seinem Partner Theodore Tate hatte, als der nach dem Tod seiner Tochter nicht mehr sein Partner war und Privatdetektiv wurde. Vor vier Wochen hat Tate das Verfahren begonnen, um wieder Cop zu werden. Das Verfahren läuft noch – allerdings ist es momentan ausgesetzt, da Tate im Koma liegt und um sein Leben kämpft. Es ist fast so, als hätten die beiden Männer die Rollen getauscht. Tate wird wieder Cop, und Schroder wird das, was zum Henker auch immer Tate zuletzt war. Vielleicht sogar was Schlimmeres. Tate und seine Frau haben ebenfalls die Rollen getauscht – derselbe Unfall, bei dem Tates Tochter ums Leben kam, hat seine Frau ins Wachkoma befördert, und sie ist an dem Tag daraus erwacht, als er selbst ins Koma fiel.
An dem Tag, als Schroder diese Frau getötet hat.
Es ist eine verrückte Welt. Da werd mal einer schlau draus.
»Ich finde immer noch, es könnte nicht schaden«, sagt er. »Wir sollten es ihm sagen.«
»Sie haben ihn gehört«, sagt Kent. »Es waren keine Frauen da, die sich auffällig verhalten haben. Und mal ehrlich, was für einen Grund sollte Melissa haben, hierherzukommen? Das war vorhin eine gute Idee«, sagt sie, »und das ist es immer noch. Wir werden die Personen auf der Namensliste überprüfen, und natürlich werden wir uns die Liste mit den Zeugen der Staatsanwaltschaft besorgen und benutzen.«
Aber nicht wir werden das tun, sondern sie . Schroder gehört nicht mehr dazu. Nachdem er ein paar Jahre mit Theodore Tate zu tun hatte, kann er jetzt endlich verstehen, wie er sich gefühlt haben muss, denn er macht gerade denselben Scheiß durch. Es gibt ein paar Dinge, die man einfach nicht aufgeben kann.
»Vielleicht sollten wir ihm trotzdem ein Foto von Melissa zeigen«, sagt er. »Ohne ihm zu sagen, dass sie es ist.«
Kent seufzt.
»Wir sagen ihm einfach, dass wir uns für sie interessieren«, fügt er hinzu.
»Und vielleicht sagt er dann, dass er sie in den Nachrichten gesehen hat.«
»Aber vielleicht sagt er auch, dass er sie hier gesehen hat.«
Sie nickt langsam. »Okay. Haben Sie ein Foto dabei?«
Er läuft zurück zum Wagen, unter seinen Schritten spritzt Wasser vom Boden auf und durchnässt den Saum seiner Hose. Er beugt sich zum Rücksitz des Wagens hinunter und öffnet die Fallakte, aber das Foto von Melissa ist nicht, wo es sein sollte. Er blättert die restlichen Seiten durch, dann noch einmal, und schließlich schaut er auf dem Boden und der Rückbank nach, während seine Beine und sein Kreuz vom Regen durchnässt werden. Das Foto stammt aus der Zeit, als sie noch Natalie Flowers hieß, bevor sie sich nach ihrer toten Schwester benannt und angefangen hat, Menschen zu er morden. Schroder
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