Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
Vom Netzwerk:
landen in der Ecke. Und ich hebe sie erneut auf. Lege sie aufeinander. Und tippe dagegen, sodass die Ränder bündig sind. Dann werfe ich sie erneut. Morgen wird Caleb Cole kommen und mich finden. Morgen ist vielleicht mein letzter Tag auf Erden.
    Ich hebe die Bücher wieder auf. Staple sie mit dem Rücken zu mir aufeinander.
    Lese die Titel.
    Zwielicht der Engel. Zeig Liebe, und du bekommst Liebe. Körper der Lust. Liebe kommt in die Stadt. Die Prinzessinnen und der Prinz. Zwielicht der Engel – die Rückkehr.
    Vielleicht ist dort die Nachricht versteckt. In den Titeln. Ich nehme von jedem das erste Wort. Zwielicht. Zeig. Körper. Liebe. Die. Zwielicht. Ich kombiniere sie anders. Zwielichtkörper. Zeig die Körper. Das passt zusammen. Zeig die Körper. Zweimal Zwielicht passt nicht wirklich zusammen. Und wo gehört die Liebe hin? Will Melissa mir sagen, dass ich der Polizei erzählen soll, wo sich die Körper der Toten befinden? Die einzige Leiche, nach der die Polizei sucht, oder von der sie zumindest weiß, dass sie nach ihr suchen muss, ist die von Detective Calhoun, dem Mann, den Melissa ermordet hat und den ich vergraben habe, derselbe Mann, für dessen Verbleib sich Schroders Hellseher interessiert.
    Ich weiß nicht. Das ist ziemlich weit hergeholt. Aber Melissa weiß, wo Calhoun begraben liegt. So in etwa. Denn das habe ich ihr im Bett liebevoll ins Ohr geflüstert. Die Botschaft – falls es eine ist – besagt, dass ich sie ihnen zeigen, nicht ihnen davon erzählen soll.
    Ich weiß nicht. Und die Liebe?
    Statt Joe der Pessimist zu sein, ein Joe, den keiner mag, versuche ich, ein positiver Joe zu sein. Joe der Optimist. Ein sympathischer Joe. Ich stelle mir vor, ich wäre draußen. Und würde Schroder zeigen, wo Calhouns Leiche ist. Ohne es ihm zu erzählen. Ohne eine Karte zu zeichnen. Ich führe ihn auf einem Feldweg zu Calhouns Grab. Ich stelle mir vor, wir würden von vier oder fünf Polizisten begleitet werden. Typen mit Uniformen und Pistolen um die Taille. Vielleicht sogar die Männer in Schwarz, die mich verhaftet haben. Ich stelle mir vor, wie ich dort entlanglaufe, vor und hinter mir die Männer, die auf das erste Anzeichen warten, dass ich eine Dummheit begehe. Die Luft ist kalt. Der Boden feucht. In den Bäumen, die kahl sind, hocken Vögel. Dann zerreißen wie aus dem Nichts mehrere Schüsse die beschauliche Stille des Tages.
    Aber es ist nicht Tag, sondern Abend, es herrscht Zwielicht, das hat Melissa genau angegeben. Allerdings nicht, welches Zwielicht. Sie wusste, dass meine Mutter mich tagsüber besuchen würde. Sie wusste, dass ich die Bücher bekommen und die Botschaft entschlüsseln würde. Sie wusste, dass es Zeit braucht, um die Polizei zum Ort des Geschehens zu führen, also kann nicht heute gemeint sein. Am Montag beginnt der Prozess, also muss sie morgen meinen. Also noch zweimal Zwielicht, mit heute. Das ergibt absolut Sinn.
    Morgen muss ich Schroder zeigen, wo Calhoun begraben liegt.
    Es sei denn …
    Es sei denn was? Es sei denn ich sehe eine Nachricht, die gar nicht existiert?
    Joe der Optimist greift erneut ein, um die Situation zu retten. Er führt mir erneut das Szenario vor Augen. Zwielicht. Wir laufen im Gänsemarsch. Dann Schüsse. Die Vögel ergreifen die Flucht. Der Widerhall der Schüsse wälzt sich wie ein Donnergrollen über die Landschaft. Die Polizisten wissen nicht, aus welcher Richtung sie beschossen werden, und dann ist alles vorbei, auf ihren Uniformen breiten sich rote Flecken aus. Blut durchtränkt den Boden, während Melissa im Sichtfeld erscheint. Sie legt ihre Arme um mich, drückt und küsst mich, und alles ist in Ordnung, alles ist gut, und sie bringt mich fort von all dem Schmutz und dem Blut, in ein Leben weitab der Gefängniszellen mit den Pädophilen und den Aufsehern, weitab von Caleb Cole und seinem Ent scheidungsprozess, weitab von Glen und Adam und der Hölle, durch die sie mich haben gehen lassen, weitab von alldem, ins Bett, und weitab der Dunkelheit.
    Und Joe der Pessimist gibt klein bei. Er glaubt, Joe der Optimist könnte da gerade auf etwas gestoßen sein.
    Sechs Buchtitel. Zeig die Körper im Zwielicht. Alles Liebe.
    Das überzeugt mich. Und ich komme mir wie ein Idiot vor, weil ich es nicht früher herausgefunden habe. Das ist clever. Sehr clever, und niemand ist cleverer als Melissa. Darum ist sie immer noch auf freiem Fuß. Darum kann die Polizei sie nicht finden.
    Und sie wird mich retten.
    Denn sie liebt mich noch immer.
    Als ich mich

Weitere Kostenlose Bücher