Ophran 3 Die entflohene Braut
bekommen, nicht das Vermögen ihrer Familie. “ Jack betrachtete ihn eindringlich. „Wollen Sie sie noch immer zu Ihrer Frau machen, Philmore? Oder war es nur der Reiz des Geldes, der Sie dazu veranlasst hat, ihr gegen den Willen ihrer Eltern den Hof zu Aachen? “
„Verschwinden Sie! “ fauchte Percy und stellte sein leeres Glas geräuschvoll auf Jacks Tablett. „Bevor ich Sie hinauswerfen lasse! “ Er brachte seinen Schnurrbart abermals mit dem behandschuhten Fingerknöchel in Form und stolzierte davon.
Jack wandte sich erbost ab.
Und blickte in ungläubigem Staunen auf Amelia, die mit anmutigen Schritten die große Marmortreppe hinabstieg, die in den Ballsaal führte.
Selbst wenn sie nicht die berühmte verschwundene Miss Amelia Belford gewesen wäre, hätte sie die Aufmerksamkeit aller Männer und Frauen im Saal auf sich gezogen. Für das Wiedersehen mit ihrem Viscount hatte sie das amethystfarbene Kleid gewählt, das sie begutachtet hatte, als Jack gegangen war. Es hatte schon äußerst reizvoll ausgesehen, als sie es nur um die Schultern gelegt hatte, nun jedoch, da es sich um ihre schlanken Kurven schmiegte, war die Wirkung schlichtweg atemberaubend. Silberne und goldene Stickereien schimmerten auf dem bauschigen Rock und dem eng anliegenden Mieder, und eine Schleppe aus Satin flutete wie ein glitzernder Strom, in dem sich die Sterne spiegelten, hinter ihr über die Stufen. Ihr Haar war zu einer lockeren Hochfrisur aufgesteckt und mit zarten amethystfarbenen Blüten geschmückt, und auf ihrem milchweißen Dekollete, das sich aus dem ausgeschnittenen Mieder wölbte, funkelten Diamanten. Es war dasselbe Collier, das sie an ihrem Hochzeitstag getragen und ihm als Lohn für seine Hilfe bei ihrer Flucht angeboten hatte, erkannte Jack.
Ein Raunen ging durch die Menge. Das Orchester spielte weiter, obwohl niemand mehr tanzte, doch selbst die Musiker konnten nicht umhin, verstohlen zu der hinreißenden jungen Frau zu schielen, die scheinbar so gelassen die Treppe hinabschritt.
In diesem Moment erblickte Jack die Amelia Belford, von der er gehört hatte, der er jedoch noch nicht begegnet war. Verschwunden war die verängstigte junge Braut, die leichtsinnig eine mit wildem Wein bewachsene Kirchenmauer hinabgeklettert und dann unsanft in die Sträucher darunter gestürzt war. Das Mädchen, das sich in der Nacht zuvor auf seinem Bett zusammengerollt und in den Schlaf geweint hatte, war fort. An seine Stelle war diese prächtige Frau getreten, die Zuversicht und Siegesfreude ausstrahlte, während sie sich ungerührt der gnadenlosen Begutachtung durch nahezu achthundert anspruchsvolle Aristokraten stellte.
Jack schloss die Finger fester um das Tablett in seinen Händen, erzürnt darüber, dass Amelia sich über seinen Willen hinweggesetzt hatte. Philmore schritt mit ausgebreiteten Armen langsam auf sie zu. Jack ließ den Blick argwöhnisch durch den Saal schweifen, doch offenbar hatte niemand vor, sich auf Amelia zu stürzen und sie zu packen. Die Mitglieder des Marbury Clubs hatten sich in einer Ecke neben einer riesigen Fischskulptur aus Eis versammelt und machten einen angeheiterten, zufriedenen Eindruck. Lord Sullivan sah zwar aus, als würde er bald kopfüber in die Bowle fallen, doch abgesehen davon schien alles in Ordnung.
Sein feines Gespür für Gefahr hinderte Jack jedoch daran zu glauben, dass Amelia in Sicherheit war, auch wenn Lord Philmore das Gegenteil beteuerte.
Amelia blieb auf der vorletzten Stufe stehen und wartete darauf, dass ihr Verlobter zu ihr kam. Das Herz schlug heftig gegen ihre Rippen, die von Lizzie so fest in das Korsett geschnürt worden waren, dass Amelia kaum noch Platz zum Atmen blieb. Trotz des flauen Gefühls in der Magengrube guckte sie bewusst gelassen, und ihre Haltung war aufrecht und anmutig. Ihre Augen waren auf Percy gerichtet, der mit beherrschter Miene langsam näher kam. Natürlich hatte sie nicht wirklich erwartet, dass er durch den überfüllten Ballsaal sprinten und sie in die Arme reißen würde, doch irgendwie fand sie sein betont zurückhaltendes Verhalten enttäuschend. Percy ist ein Mann, der größten Wert auf Äußerlichkeiten legt, von seinem sorgfältig gestutzten Schnurrbart bis in die Spitzen seiner milchweißen Finger, rief sie sich in Erinnerung.
Ein Bild von Jack, wie er ihr gegenüber in der Kutsche saß, schoss ihr durch den Kopf. Seine Krawatte war gelockert, sein Hemd und sein Jackett hoffnungslos zerknittert von der Hitze, doch das ließ ihn
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