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Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Bicker
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abgegriffenen Tesastreifen. Dann schob sie den USB-Stick dazu und klemmte ihn zwischen Rahmen und Fotorückseite ein. Er hielt einigermaßen, und Rica hängte das Bild rasch wieder auf, bevor er herauskippen konnte. Mit ein paar Handgriffen rückte sie es gerade und warf einen Blick auf die Plakette.
    »Daniel-Nathans-Akademie, Jahrgang 2008«, flüsterte sie Eliza zu. »Komm!«
    Obwohl die Schritte des Hausmeisters sie beinah erreicht hatten, zog Rica Eliza noch ein gutes Stück die Treppe rauf. Sie hatte keine Lust, genau vor dem Bild gefunden zu werden, wo sie ihre Fundstücke versteckt hatten.
    »Es hat doch keinen Sinn wegzulaufen.« Jetzt klang er fast freundlich. Verständnisvoll wie ein wohlwollender Großvater.
    Rica nickte Eliza zu und ließ sich auf einer Treppenstufe nieder. Nach kurzem Zögern setzte Eliza sich dazu, und so erwarteten sie die Ankunft des Hausmeisters.
    »Sie müssen den Direktor doch nicht extra wecken«, murmelte Eliza. »Sie kennen doch unsere Namen. Wir melden uns morgen im Rektorat, bestimmt.«
    Rica sagte nichts, sondern starrte nur voller Furcht die Tür zum Rektorat an. Sie kam ihr viel größer vor als an dem Tag, an dem ihre Mutter sie hier angemeldet hatte. Fehlten nur noch die festen Eisenbeschläge und eine drohende Aufschrift, und sie hätte in einen Horrorfilm gepasst. Jedenfalls, wenn sie darüber nachdachte, was sie dahinter erwarten mochte.
    »Mir ist lieber, er weiß gleich Bescheid«, sagte der Hausmeister und fuhr fort, auf seinem Handy herumzutippen. Gleichzeitig gelang es ihm, Rica und Eliza genau im Auge zu behalten. In seiner freien Hand hielt er ihrer beider Akten wie eine Geisel, eine Garantie, dass sie auch wirklich hierbleiben würden.
    Aus dem Handy drang ein leises Tuten. Als sich nach einer scheinbaren Ewigkeit eine Stimme meldete, wandte sich der Hausmeister von ihnen ab und sprach leise und eindringlich ins Telefon. Rica konnte nur ein paar einzelne Worte aufschnappen, aber es brauchte ohnehin nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie das Gespräch ablief.
    Nach kurzer Zeit legte der Hausmeister auf und steckte das Handy weg. Dann nickte er Richtung Tür. »Da rein!«, sagte er, kramte einen Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. Wortlos traten Rica und Eliza in das geräumige Büro. Der Hausmeister schaltete das Licht ein, deutete auf drei Stühle, die vor dem massiven Schreibtisch standen, und meinte: »Wartet hier!«
    Er selbst ging wieder hinaus und machte die Tür hinter sich zu. Rica und Eliza blieben allein vor dem Schreibtisch sitzen. Keiner von ihnen wagte es zu sprechen. Hin und wieder warfen sie sich einen Seitenblick zu, nur um schnell wieder wegzusehen.
    Die Luft war dick und schwer, als wolle sie Rica am Atmen hindern. Es roch ganz leicht nach Holzpolitur und altem Leder und einem unbestimmten dritten Geruch, irgendwie süßlich und fruchtig, vielleicht der Nachgeschmack von Pfeifentabak. Außer dem großen, ungewöhnlich aufgeräumten Schreibtisch, dem Chefsessel dahinter und den drei Lederstühlen davor war nicht viel zu sehen. Dieses Büro war offensichtlich lediglich für den Empfang von Gästen bestimmt. Es gab weder Aktenschränke noch einen Computer. An den holzgetäfelten Wänden hingen gerahmte Diplome und Urkunden, die dem Rektor von irgendwelchen Institutionen für »außergewöhnliche Fortschritte auf dem Gebiet der Jugendbildung« verliehen worden waren.
    Sie wünschte, es gäbe wenigstens eine Uhr. Eine Großvateruhr hätte gut in diese gesittete Umgebung gepasst, und immerhin hätte ihr Ticken die Stille unterbrochen. Aber hier drin war es so ruhig, dass Rica selbst Elizas leise Atemzüge hören konnte und das Rascheln ihrer Kleidung, wenn sie auf dem Stuhl hin- und herrutschte.
    Eine Ewigkeit verstrich.
    »Tut mir leid«, flüsterte Rica schließlich.
    Eliza schenkte ihr ein trauriges Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Ich hätte ja nicht mitkommen müssen. Selbst schuld.«
    In diesem Moment öffnete sich hinter ihnen die Tür, und sie drehten sich um. Der Rektor trat in den Raum, wie immer vollkommen korrekt gekleidet. Er sah nicht so aus, als habe man ihn gerade aus dem Bett geholt, von dem leicht genervten Gesichtsaudruck mal abgesehen. Stumm ging er hinter seinen Schreibtisch, wo er sich auf dem Chefsessel niederließ. Dann knallte er ihre beiden Akten auf die Tischplatte, faltete die Hände darauf und sah aufmerksam von Rica zu Eliza und wieder zurück.
    Ricas Atem ging hastig und stoßweise. Nach einigen

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