Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
Mädchen war jetzt tatsächlich schon viel ruhiger. Interessiert betrachtete sie die Aufgaben. »Doch, ich glaube schon, dass ich das kann«, sagte sie schließlich, und dieses Mal klang es sogar halbwegs ehrlich. »Bist du auch wirklich gleich wieder da?«
»Wirklich«, versprach Eliza, und stand erneut auf. Sie schnappte sich ihren Rucksack, verließ den Hausaufgabenraum und lief zur Hintertür.
Die Tür öffnete sich auf eine überdachte Veranda, von der aus ein paar Stufen in den Park hinunterführten. Die Pfeiler der Veranda waren umrankt von wildem Wein und struppigem Efeu und an manchen Stellen auch Kletterrosen. Wenige Schüler nutzten die Veranda, weil sie baufällig und zugig war. Außerdem konnte man sie vom Hausaufgabenraum einsehen, was nicht gerade dazu beitrug, dass sich viele Schüler dort wohlfühlten. Deswegen hatte es Eliza auch überrascht, als sie einen zufälligen Blick aus dem Fenster geworfen und Torben und Sarah dort entdeckt hatte. Eng umschlungen kuschelten sie auf eine der alten Bänke und hatten offensichtlich nur Augen füreinander.
Natürlich hatten sie nicht mit Eliza gerechnet. Sie wollte mit Torben sprechen. Aber seit sie aus dem Skiurlaub zurückgekehrt waren, ging er ihr aus dem Weg. Vielleicht hätte Eliza ihm auch noch eine kleine Ruhepause gegönnt – wäre da nicht Sarah gewesen. Die hatte sich dermaßen unmöglich angestellt, dass Eliza jetzt keinerlei Skrupel mehr hatte. Und außerdem zeugte die Sache am See heute erstens davon, dass sie auf dem richtigen Weg waren, und zweitens, dass sie besser schnell etwas herausfinden sollten. Und wenn es nur war, um ein Druckmittel in der Hand zu haben.
Und dann? Glaubst du, das bedeutet mehr Sicherheit für Rica? Oder für dich?
Kalter Wind empfing sie, als sie auf die Veranda heraustrat. Eliza schlug ihren Mantelkragen gegen die Kälte hoch und stapfte zu der Bank hinüber. Obwohl sie sich nicht gerade Mühe gab, leise zu sein, schienen die beiden sie überhaupt nicht zu bemerken, so vertieft waren sie. Eliza blieb stehen und räusperte sich.
Torben ließ Sarah so hastig los, als wäre er von einem gefährlichen Insekt gestochen worden. Mit einem schuldbewussten Gesichtsausdruck sah er auf, doch als er bemerkte, wen er vor sich hatte, entspannte er sich ein wenig.
»Du bist es.« Er versuchte sich an einem überlegenen Lächeln. Neben ihm gab sich Sarah alle Mühe, Eliza mit Blicken zu durchbohren. »Was ist denn los?«
»Ich muss mit dir sprechen. Unter vier Augen.«
»Geht das nicht irgendwann anders?« Torben sah von Sarah zu Eliza.
»Keine Bange, ich habe nicht vor, dir einen Antrag zu machen, oder so etwas.« Eliza lächelte zuckersüß.
»Hm.«
»Verzieh dich, und such dir deinen eigenen Freund!«, zischte Sarah. »Da war doch dieser Verlierer, in den du dich verguckt hast, oder nicht? Nathan?«
Eliza spürte etwas Heißes in sich aufsteigen, eine Welle von brodelnder Wut, die sie gar nicht von sich kannte. Es kostete Mühe, sie hinunterzuschlucken und ganz ruhig weiterzusprechen.
»Nathan ist alles andere als ein Verlierer«, erwiderte sie ruhig. »Und wenn ich jetzt bitte mit Torben allein sprechen könnte, es gibt einfach Dinge, dich nichts angehen.«
Torben seufzte. »Lass mich das machen, Sarah«, meinte er. »Wir sehen uns später. Ich komme bei euch vorbei.«
»Du willst dich doch nicht wirklich mit dieser Lesbe unterhalten?« Sarah kam auf die Füße und starrte Torben vorwurfsvoll an.
Torben zuckte mit den Schultern. Er ging nicht weiter auf Sarah ein, sondern lächelte nur freundlich. »Wir sehen uns gleich. Versprochen.«
Einen Augenblick lang sah es nicht so aus, als wolle Sarah gehen. Sie blieb stehen, die Hände in die Hüften gestemmt, einen beleidigten Ausdruck auf dem Gesicht. Dann jedoch seufzte sie überdramatisch, drehte sich um, sodass ihre blonden Haare im Wind flogen, und stapfte davon.
»Ich hätte mich für dich entscheiden sollen, als es noch ging«, meinte Torben, und schenkte Eliza ein aufrichtiges Lächeln. »Ich fürchte, jetzt ist es zu spät.«
»Zu spät«, bestätigte sie und ließ sich neben ihn auf die Bank fallen. Das Gebilde ächzte verdächtig, hielt aber noch durch. Sofort bemerkte Eliza, wie ihr die Nässe aus dem Holz durch die Jeans drang. »Wie haltet ihr es hier nur aus?«
»Sarah fand das romantisch«, erwiderte Torben kühl. Seit Sarah gegangen war, strahlte er jene Überlegenheit aus, die ihn auch schon auf der Skihütte zum natürlichen Anführer gemacht
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