Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
an.
»Hast du dazu etwas zu sagen?«, wollte der Mann wissen. Noch immer klang er vollkommen ruhig, freundlich und höflich.
Rica schluckte. In ihrem Kopf rasten die Gedanken, aber sie konnte zu keiner Lösung kommen. Statt sich weiter den Kopf zu zerbrechen, ging sie einfach auf Konfrontationskurs. »Da scheint sich wohl jemand auch Gedanken über Ihr Institut zu machen«, sprudelte sie hervor. »Kein Wunder, allmählich sollte sich ja wirklich herumgesprochen haben, in welche Machenschaften Sie so verwickelt sind.«
Wieder sog ihre Mutter erschrocken die Luft ein, doch der Mann achtete gar nicht auf sie. Er hatte einen milde interessierten Gesichtsausdruck aufgesetzt. »Ach wirklich? Und was sollen das für Machenschaften sein? Sag mir doch mal ein Beispiel!«
Rica kaute verlegen auf ihrer Unterlippe herum. Jetzt hatte er sie. Sie hatte keine wirkliche Ahnung, worin das Institut alles verwickelt war, außer, dass es sich irgendwie um genetische Manipulation handelte.
»Das dachte ich mir«, sagte Herr Wolf weiterhin freundlich. Er faltete den Zettel wieder zusammen und steckte ihn in seine Anzugtasche zurück. Dann löste er sich vom Tisch, und kam zu Rica herüber. »Wenn ich dir einen Rat geben darf«, begann er, »dann hältst du es auch weiterhin so. Je weniger du weißt, desto besser ist es für dich. Verstehen wir uns?« Er stand jetzt ganz nahe vor Rica. Sie konnte sein Aftershave riechen, irgendetwas Süßliches, das ihr Übelkeit verursachte. Und da war noch etwas anderes. Etwas, das ihr Herz schneller schlagen ließ, obwohl er keine Anstalten zeigte, aggressiv zu werden. So nahe, wie sie ihm jetzt war, spürte sie einfach, wie gefährlich er war. Sie fühlte sich beinah, als stünde sie neben einem angespannten Tiger.
Sie sagte nichts, sondern beschränkte sich darauf, ihre Schuhspitzen anzustarren.
»Verstehen wir uns?«, wiederholte der Mann.
Wieder sagte sie nichts. Sie wusste nicht, was sie hätte sagen können. Sie wollte ihm nichts versprechen, weil sie dann das Gefühl gehabt hätte, all ihre Freunde zu verraten, inklusive Jo, die für diese Geheimnisse gestorben war. Aber sie wollte ihm auch nicht offen widersprechen. Ihr Herz raste dermaßen schnell, dass Rica glaubte, es müsse ihr aus der Brust springen.
Im nächsten Moment fühlte sie sich am Kragen gepackt und hochgerissen. Sie schrie leise auf und versuchte, sich zu wehren, doch der Mann war stärker als sie gedacht hätte. Mühelos hielt er sie am Kragen hoch, sodass sie ihm wohl oder übel ins Gesicht sehen musste.
»Du wirst mit deiner Fragerei aufhören!«, sagte er. Seine Stimme war immer noch sanft, aber seine Augen waren hart. »Du wirst brav weiter zur Schule gehen. Du wirst diesen Aufruf löschen. Du wirst niemandem antworten. Du wirst niemanden mehr mit Fragen belästigen. Du wirst ein nettes, kleines Mädchen sein, und wenn das Schuljahr vorbei ist, gehst du wieder zurück zu deinen Freunden, wo du hingehörst, und vergisst diese ganze Sache. Es ist nicht dein Job, Nachforschungen anzustellen, und wir werden uns von einem kleinen Gör wie dir nichts sagen lassen.«
Ricas Hals wurde eng. Der Kragen ihrer Jacke schnürte ihr die Kehle zu, sodass sie nichts anderes tun konnte, als nach Luft zu schnappen. Tränen traten in ihre Augen, und sie trat hilflos um sich, in der Hoffnung, sich befreien zu können. Doch Herr Wolf hielt sie spielerisch weiter hoch, als mache ihm das überhaupt nichts aus.
»Und jetzt sag mir, ob du das verstanden hast!«, meinte er und setzte sie genauso plötzlich wieder auf dem Boden ab, wie er sie an sich gerafft hatte. Japsend blieb Rica stehen und wischte sich mit einem Ärmel die Tränen aus den Augen.
»Verstanden?«, wiederholte der Mann.
Rica schluckte und brachte endlich ein schwaches Nicken zustande. Sie hatte das Gefühl, immer noch nicht richtig Luft zu bekommen.
»Sag es!«, herrschte der Mann sie an.
»Ich hab verstanden«, würgte Rica hervor. Die Worte klangen rau aus ihrer Kehle, als habe sie noch nie zuvor gesprochen.
»Gut.« Mit ein paar kleinen Gesten richtete er seinen Anzug. »Denn wenn du weitermachst, dann wird dir am Ende noch Schlimmeres zustoßen als das hier. Es ist gefährlich, in anderer Leute Angelegenheiten herumzuschnüffeln, besonders, wenn diese Leute das Leben für dich sehr, sehr unangenehm machen können.«
Rica schluckte die Tränen hinunter und sah ihn nicht an.
»Es war nett, mit dir zu sprechen«, sagte er jetzt und wandte sich mit einem höflichen
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