Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Titel: Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
Vom Netzwerk:
bei dem Gedanken, die ganze verrückte Tour allein machen zu müssen.
    Rica warf einen letzten Blick auf ihr Forum – immer noch nichts – und machte sich dann auf den Weg zum Nachmittagsunterricht.
    Es begann bereits zu dämmern, als Rica den Weg zu ihrem Haus entlangging. Dienstag war ein langer Schultag, und sie hatte es nicht gewagt, noch eine Stunde zu schwänzen. Sie war müde und von den Ereignissen vollkommen erschlagen. Wenn sie jetzt einfach nur etwas zu Essen bekam und sich ins Bett fallen lassen konnte, war sie schon zufrieden.
    Doch als Rica endlich vor der Wohnungstür stand, konnte sie gedämpfte Stimmen von drinnen hören. Eine davon war natürlich ihre Mutter. Doch auch die andere kam ihr schrecklich bekannt vor. Sie hielt inne und lauschte. Einzelne Wörter konnte sie nicht verstehen, aber der Tonfall war einprägsam. Wo hatte sie ihn schon einmal gehört?
    Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: gestern Abend. Der Mann, der am Auto gelehnt hatte. Der gesagt hatte, er wolle sich um sie kümmern. Ricas Herz machte einen hektischen Hüpfer. Am liebsten hätte sie auf der Stelle umgedreht und wäre geflohen. Aber das ging natürlich nicht. Ihre Mutter wartete auf sie. Noch eine Entgleisung, und Rica konnte vermutlich gleich ihre Koffer packen. Ihr Schlüsselbund war furchtbar schwer, als sie ihn aus der Tasche kramte und den Schlüssel ins Schloss steckte. Kaum hatte sie ihn herumgedreht, verstummten die Stimmen, und als sie die Wohnung betrat, sah sie zwei Augenpaare erwartungsvoll auf sie gerichtet. Ihre Mutter – blass und ängstlich – und der Mann von gestern, gelassen und mit einer unverkennbaren Aura aus Überheblichkeit.
    »Hallo Ricarda«, begrüßte sie der Mann mit einem freundlichen Lächeln. »Mein Name ist Wolf. Schön, dass wir uns kennenlernen.«
    »Die Freude ist ganz auf Ihrer Seite«, erwiderte Rica und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Der Knall war so laut, dass ihre Mutter zusammenzuckte. »Was wollen Sie von mir?«
    Herr Wolf hörte nicht auf zu lächeln. »Vielleicht setzt du dich erst mal und nimmst dir Zeit, in Ruhe zuzuhören?«
    Rica verschränkte die Arme vor der Brust und blieb in der Tür stehen.
    Auf dem Gesicht des Mannes zeichnete sich kein bisschen Irritation oder gar Wut ab. »Also gut. Du willst dich offensichtlich benehmen wie ein kleines Kind.« Sein Lächeln wurde noch etwas breiter. »Ich habe gerade deiner Mutter hier von deinen Aktivitäten erzählt.«
    Er machte eine Pause, wie, um Rica die Gelegenheit zu geben, sich zu rechtfertigen. Doch so leicht ließ sie sich nicht hinters Licht führen. Wenn sie jetzt irgendwas zugab, von dem er noch nichts wusste, konnte er ihr noch mehr in die Suppe spucken.
    »Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen«, meinte sie.
    »Ach nein? Die Mails, die du mit einem gewissen Nathan Fransen getauscht hast? Deine Gespräche mit Herrn Roehling auf der Piste? Deine Fragen an deinen Vater?«
    Rica hörte, wie ihre Mutter bei dem Wort »Vater« scharf Luft holte, doch sie sagte nichts. Sie warf Rica lediglich einen unergründlichen Blick zu. Rica dagegen hätte vor Erleichterung beinah gejubelt. Also wusste der Kerl offensichtlich noch nichts von ihren neuesten Aktionen. Das war leicht, das konnte sie überspielen.
    »Ach das meinen Sie«, meinte sie wegwerfend. »Ich wollte eben wissen, was vorging. Das finde ich nur verständlich. Schließlich wollte man uns weismachen, dass sich ein Psychopath in der Gegend herumtreibt. Hätten Sie da vielleicht keine Fragen gestellt?«
    Herr Wolf lächelte weiter, und es lag etwas unheimlich Wissendes darin. »Das kann natürlich sein, Ricarda, aber warum hast du dann nicht aufgehört, Fragen zu stellen, als du wieder hier warst?«
    Rica bemühte sich um ein gelassenes Gesicht und zuckte nur mit den Schultern. In Gedanken suchte sie fieberhaft nach einer Ausrede, irgendeiner, die sie ihm und ihrer Mutter auftischen konnte, wenn …
    Aber da zog der Kerl schon einen Ausdruck aus der Anzugtasche, faltete ihn mit sorgsamen Bewegungen auseinander und strich das Papier auf dem Esstisch glatt, damit man es besser lesen konnte. Rica konnte ganz deutlich oben den blauen Balken von Facebook erkennen, und ihr wurde noch kälter. Wie gelähmt hörte sie zu, wie Herr Wolf ihren Aufruf vorlas, Wort für Wort, betont langsam und bedeutungsschwanger. Als er damit fertig war, hatte sich die Sorge in den Augen von Ricas Mutter in blanke Panik verwandelt. Sie sah Rica jetzt geradezu entsetzt

Weitere Kostenlose Bücher