Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
umsetzen ließ. Sie hatte den ganzen Tag darauf gelauert, irgendwann in die Nähe eines Computers zu kommen, aber das Nächste, was daran heran kam, waren die Auswerterechner in den Labors. Und die waren die ganze Zeit über besetzt von irgendwelchen Schreibkräften, während die Doktoren mal wieder Eliza Blut abzapften, sie maßen und wogen, und ihr die gleichen Fragen über ihre Fähigkeiten stellten.
Wieder versuchte sie, ausweichend zu antworten, aber sie hatte das Gefühl, dass das überhaupt keinen Unterschied machte. Die Doktoren notierten alles fleißig, nickten und murmelten, als ob Eliza ihnen unermesslich wertvolle Angaben gemacht hätte.
»Was soll das eigentlich alles, wenn Sie doch ihr Optimum schon haben?«, wollte Eliza aus einer Laune heraus von der letzten Ärztin wissen, die ihren Blutdruck maß.
Die junge Frau zuckte sichtlich zusammen. »Was redest du da?«, fragte sie, verbesserte sich aber gleich darauf. »Du verstehst das falsch. Wir wollen doch nur sehen, was zu deinem Zusammenbruch geführt hat. Wir wollen schließlich, dass es dir bald besser geht, und du zu deinen Eltern zurückgehen kannst.«
Eliza verdrehte die Augen. »Ich wünschte, ihr würdet alle aufhören, uns Bullshit zu erzählen«, meinte sie entnervt. »Ihr wisst schon: Schließlich habt ihr uns besonders intelligent gemacht. Da hilft es jetzt nicht, uns zu behandeln, als wären wir Babys oder Idioten.«
Die Ärztin entfernte die Blutdruckmanschette, notierte sich einen Wert und seufzte. »Du hast wahrscheinlich recht«, erwiderte sie. »Aber über unser aktuelles Projekt darf ich nicht reden. Jedenfalls nicht mit dir.«
»Aber diese beiden kleinen Kinder sind doch ihr Optimum, oder?«, bohrte Eliza weiter. »Ich habe sie im Speisesaal gesehen.«
»Ich weiß nicht mal, woher du diesen Ausdruck hast«, brummte die Ärztin. »Leo und Katrina sind unsere jüngsten Kinder hier, das stimmt. Von optimal kann man nicht reden. Kein Kind ist perfekt.«
»Also sind sie wohl noch nicht am Ziel«, stellte Eliza fest.
Die Ärztin wirkte genervt. »Ich kann dir darauf nicht antworten, und das weißt du genau«, schnappte sie. »Und jetzt geh auf dein Zimmer zurück!«
»Gerne. Wenn Sie mir ein Taxi bestellen könnten. Ich hoffe, das Institut zahlt die Rechnung. Ist ein weiter Weg zur Daniel-Nathans-Akademie.« Eliza funkelte mindestens ebenso böse zurück, aber die Ärztin schien das überhaupt nicht zu kümmern. Sie zog an einer Klingelschnur, woraufhin ein Mann in Pflegerkittel herein kam, der Eliza zunickte.
»Dann komm mal, Kleine!«, brummte er.
Eliza verdrehte die Augen und folgte ihm. Ein weiterer Tag vertan. Weder hatte sie herausgefunden, wie sie hier raus kam, noch gab es irgendwo Internetzugang. Nathan war auch nicht zu sehen. Alles ging den Bach runter.
Der Pfleger eskortierte sie durch den kleinen Park, der zwischen den Labors und dem »Krankenhaus« lag. Die Sonne war bereits untergegangen, und ein kühler Wind ließ Elizas Haar wie eine Fahne wehen. Sie versuchte, es in ihren Kragen zu stopfen, und fluchte, als es sich immer wieder losriss.
In diesem Moment landete ein kleiner Kiesel direkt vor ihren Füßen. Eliza zuckte zusammen und blieb stehen.
»Komm schon!«, drängte der Pfleger, doch Eliza starrte immer noch vor ihre Füße. Es war wirklich sehr unauffällig gewesen, nur ein leises Klickern, aber dennoch war ihr klar, dass sie den Kiesel nicht selbst losgetreten hatte. Sie ließ ihren Blick kurz umherwandern, während sie sich langsam wieder in Bewegung setzte.
Nichts. Vielleicht hatte sie sich den Kiesel doch nur eingebildet?
Ein weiteres Steinchen flog ihr vor die Füße. Dieses Mal hätte Eliza beinah einen Satz rückwärts gemacht. Aus einem plötzlichen Impuls heraus, sah sie nach oben. Ein alter Baum lehnte sich hier über den Weg, eine robuste, nicht sehr große Kiefer, die Wind, Wetter, Salz und Trockenheit standgehalten und offensichtlich nicht vorhatte, nachzugeben. Und oben zwischen den Zeigen hockte eine Gestalt.
Rica legte den Finger auf die Lippen und zwinkerte Eliza zu.
Elizas Herz machte einen unkontrollierten Hüpfer, und sie musste sich zusammennehmen, einfach nur zurückzuzwinkern, ohne auch gleich noch einen Freudenschrei auszustoßen.
»Kommst du jetzt endlich?« Der Pfleger war ein paar Schritte vorangegangen, kam nun aber zurück, um Eliza am Arm zu packen. »Ich hab keine Lust, länger in dieser Arschkälte herumzustehen, nur weil wieder eines von euch kleinen Genies seine
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