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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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zusammen – hinter der Mauer mit dem geheimen Durchgang erklang durchdringendes Geheule aus heiseren Hundekehlen. »Ich muss fliehen«, rief Klara, »aber ich schwöre Euch – ich habe nichts Unrechtes getan, und Amos auch nicht!«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, warf sich Klara herum und rannte weiter, auf das andere Ende des Dachspeichers zu. Sie konnte sich so ungefähr zusammenreimen, was Amos’ und Odas Tante Ulrika mit alledem hier zu tun hatte. Mutter Sophia und sie waren zum Waisenhaus der heiligen Ottilie gebracht worden, deren Leiterin Ulrika von Hohenstein war. Das Opus Spiritus hatte Ulrika von Hohenstein offenbar für seine Zwecke eingespannt, obwohl die gestrenge Frau auf die »gottlose Loge« nicht gut zu sprechen war. Die Bruderschaft hatte dieses Versteck unterUlrikas unverdächtigem Dach eingerichtet. Die Loge hatte wohl auch dafür gesorgt, dass Klara damals in Tante Ulrikas Obhut gelangt war, nachdem Mutter Sophia in den Inquisitionskerker geworfen worden war. Und schließlich hatte das Opus Spiritus Ulrika von Hohenstein dazu gebracht, sie, Klara, nach Wunsiedel ins dortige Waisenasyl zu schicken, damit sie und Amos
Das Buch der Geister
zusammen erproben und in Sicherheit bringen konnten.
    Am anderen Ende des Speichers gab es glücklicherweise eine hundsgewöhnliche Holztür. Klara stieß sie auf, trat im Weiterlaufen mit der Hacke dagegen und hörte, wie die Tür hinter ihr wieder ins Schloss fiel. Und noch etwas hörte sie und vergaß vor Schreck fast zu atmen: eins – zwei – drei dröhnende Hammerschläge auf Stein. Und dann ein grässliches Bersten und Knirschen.
    Die Purpurkrieger hatten die Mauer zum Dachspeicher ganz einfach niedergerissen! Und schon stampften die Schritte und scharrten die Krallen der schauerlichen Bluthunde hinter ihr auf dem hölzernen Boden, während Klara im Zickzack über den nächsten Dachspeicher rannte, die nächste Tür aufstieß und hinter sich mit dem Fuß wieder zuwarf. Sie kletterte über Kisten, sprang über aufgehäufte Lumpensäcke, stolperte über eine lose Diele und schrie auf. Ein vielstimmiges Geheule antwortete ihr – so nah hinter ihr, dass sie vor Entsetzen fast noch einmal aufgeschrien hätte. Ihre Verfolger konnten nur noch einen einzigen Dachspeicher zurück sein. Und Klara spürte, wie ihre Kräfte schwanden, wie ihre Knie bei jedem Sprung weicher wurden. Mühselig rang sie um Atem, mehrfach geriet sie ins Stolpern und ihr Vorsprung schmolz immer weiter dahin.
    Und ihr kriegt mich trotzdem nicht!
    Die nächste Tür, ein weiterer Dachspeicher, und dann noch einer und noch einer. Tauben, die aufgeschreckt um sie herumflatterten, und dann plötzlich wurde es vor ihr ganz hell und weit: Der Durchgang am anderen Ende dieses Dachbodens stand weitoffen – und dahinter gab es nichts mehr als blauen Himmel und hellen Sonnenschein.
    Sie rannte darauf zu. Für einen Moment schien es ihr, als ob sie diesen mörderischen Wettlauf ganz einfach gewonnen, die Bluthunde abgehängt, ihre Verfolger zur Aufgabe gezwungen hätte. Als ob sie frei wäre und in Sicherheit.
    Mit knapper Not kam sie vor dem Durchgang zum Stehen. Beinahe wäre sie über die Schwelle gestolpert, doch im letzten Moment klammerte sie sich links und rechts an den Türpfosten fest.
    Vor ihr war überhaupt nichts mehr – jedenfalls nichts, worauf man weiter rennen, fliehen könnte. Da war nichts als der leuchtend blaue Himmel und darunter, mindestens ein Dutzend Schritte tiefer, toste der Fluss.
    Jetzt erst wurde Klara bewusst, wohin ihre Flucht sie geführt hatte: über die Dachspeicher der Häuserzeile, an der sie gestern im Graben entlanggefahren waren, bis zu der Stelle zurück, wo ihr Kahn von der Pegnitz abgebogen war.
    Mit grässlichem Knirschen und Splittern zerbarst hinter ihr die letzte Tür. Gerade in dem Moment, als Klara über ihre Schulter zurücksah, rissen sich gleich zwei riesenhafte Hunde von ihren Herren los. Schauerlich heulend, mit scharrenden Tatzen und hervorquellenden Augen rannten die Bestien um die Wette auf sie zu.
    Da fuhr Klara abermals herum, rief still die guten Geister an und sprang.
9
    V
on Wind umbraust
, sauste Klara in die Tiefe, auf den dunklen Wasserspiegel zu. Der Wind fuhr ihr ins Gewand und blähte ihr Hemd und Hosenbeine wie Schiffssegel auf. Oben auf der Türschwelle hatte sie sich so kräftig wie sie nur konnte abgestoßen, damit sie möglichst weit weg vom flachen Ufer in den Flusseintauchen würde. Dort unten waren schon wieder etliche Boote

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